Spa-Francorchamps: Letzter Halt vor dem längsten Tag des Jahres

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Porsche tritt bei der Le-Mans-Generalprobe in Spa-Francorchamps als Tabellenführer der Fahrerwertung an | © Daniel Schnichels

Generalprobe für die 24 Stunden von Le Mans: Das traditionsreiche Sechs-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps ermöglicht Porsche, Toyota und Audi eine letzte Gegenüberstellung mit der Konkurrenz. Wer trägt den Tagessieg bei der zweiten Saisonbegegnung der Langstrecken-WM davon?

Letzte WM-Etappe vor dem Wettstreit um die Krone des Langstreckensports: Spa-Francorchamps. Längst hat sich die Saisonstation im Ardenner Wald als Generalprobe für die 24 Stunden von Le Mans im Kalender etabliert. Das Sechs-Stunden-Rennen auf dem wallonischen Traditionskurs ermöglicht den Werksgespannen von Porsche, Toyota und Audi auch an diesem Wochenende eine letzte Standortbestimmung unter Wettkampfbedingungen.

Nach dem Intermezzo bei der Eröffnungsveranstaltung in Silverstone rückt somit wieder der sportliche Wettbewerb in den Vordergrund. Zuletzt reklamierte Porsche den Tagessieg beim Auftaktrennen am Grünen Tisch für sich, wohingegen Konzernkonkurrent Audi seine Disqualifikation letzten Endes hinnahm – obwohl die Marke mit den vier Ringen gedachte, in Berufung zu gehen.

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Welche Gefechtslage ergibt sich somit beim Aufeinandertreffen in Spa-Francorchamps? Dank des Wertungssauschlusses erstritt Porsche nicht bloß die Trophäe, sondern eroberte zugleich die Tabellenführung im Fahrerklassement. Demgemäß befinden sich Marc Lieb, Neel Jani und Romain Dumas vorläufig in der komfortabelsten Positionen. Den Stallgefährten war Fortuna dagegen nicht hold, die nach einem schweren Unfall von Brendon Hartley punktlos blieben.

Folgerichtig formuliert Porsche für die Begegnung im Hohen Venn die Maßgabe, neuerlich um den Sieg zu fahren. „Beide Autos waren siegfähig“, resümiert Einsatzleiter Fritz Enzinger den Auftaktlauf. „Aber bei beiden gab es Zwischenfälle auf der Strecke. In Spa wollen wir wieder ein so gutes Paket an den Start bringen. Dabei stellt der Kurs andere Ansprüche, wodurch sich die Konkurrenzsituation im Feld verschieben kann. Wir müssen das Potenzial des 919 Hybrid ausschöpfen, beide Autos ins Ziel bringen und möglichst viele Punkte mitnehmen.“

Eine kardinale Frage stelle sich hinsichtlich der Aerodynamik-Konfiguration. „Die Fahrzeugauslegung für die gut sieben Kilometer lange Berg- und Talbahn in Spa ist immer ein Abwägen zwischen ausreichend Anpressdruck in den schnellen Kurven und geringem Luftwiderstand auf den langen Vollgasabschnitten“, erkärt Teamchef Andreas Seidl die Schwierigkeit der Ardennen-Achterbahn.

Wolfgang Ullrich: „Der Kurs ist anspruchsvoll, deshalb lieben ihn die Fahrer“

Zudem erprobt Porsche einige Bauteile des Low-Downforce-Paketes. „Bei unserem Dauertest im spanischen Aragon haben wir vergangene Woche erstmals die Aerodynamik für Le Mans ausprobiert und werden nun in Spa Komponenten davon einsetzen“, verrät Seidl. „Hinsichtlich Zuverlässigkeit und Mannschaftstraining verlief der Dreißig-Stunden-Test positiv, sodass wir uns auch für den zweiten WM-Lauf gerüstet fühlen.“

Im Gegensatz zum Weltmeister aus Stuttgart-Zuffenhausen verzichtet Toyota in Spa-Francorchamps darauf, die Le-Mans-Spezifikation auf den Prüfstand zu stellen. Derweil beflügelt ein weitere Umstand die Motivation des TMG-Ensembles: Aufgrund des Porsche-Ausfalls führt der fernöstliche Hersteller nach dem ersten Kräftemessen die Konstrukteurwertung mit dreiundreißig Punkten an. In Silverstone belegte Toyota die Ränge zwei und sechs.

Folglich rangieren Kamui Kobayashi, Mike Conway und Stéphane Sarrazin in der Fahrertabelle an zweiter Stelle. „Obwohl das Ergebnis in Silverstone recht gut war, wissen wir, dass wir uns steigern müssen, sofern wir die für diese Saison gesteckten Ziele erreichen wollen“, warnt TMG-Teamcchef Toshio Sato. „Die Mannschaft hat durchgehend an Verbesserungen gearbeitet – einschließlich unserer Testsitzung in Spanien.“

Für Audi stellen die Querlen zu Saisonbeginn hingegen eine Katastrophe dar. Aufgrund des Wertungsausschlusses und des Unfalls der zweiten Besatzung verbucht die Abordnung aus Neuburg an der Donau nur einen Zähler auf dem Punktekonto, den André Lotterer, Benoît Tréluyer und Marcel Fässler dank der Poleposition ergatterten. Damit ist Audi schon zu Anfang massiv in Rückstand geraten.

Gleichwohl zeigt sich die Chefetage unbeirrt. „Wir kommen nicht nur aufgrund unserer Erfolge immer wieder gerne nach Spa“, kehrt Motorsportchef Doktor Wolfgang Ullrich in einem Kommuniqué hervor. „Der Kurs ist anspruchsvoll, deshalb lieben ihn die Fahrer. Außerdem hat Audi viele belgische Fans.“ Der Trainingsbetrieb auf dem Circuit de Spa-Francorchamps beginnt bereits am Donnerstagmittag, weil das Rennen am Samtagabend endet.