VLN: Wer war der Schnellste in der Grünen Hölle 2013? – Teil zwei: Audi

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Porsche, Audi, Mercedes-Benz oder doch BMW? SportsCar-Info wagt eine Einschätzung des Kräfteverhältnisses der Protagonisten in der VLN-Saison 2013. Dabei kamen, über das gesamte Jahr gesehen, interessante Aspekte zum Vorschein. Der zweite Teil der Reihe beschäftigt sich mit Audi.

Die VLN-Saison 2013 ist Geschichte. Das Audi-Team Phoenix Racing verabschiedete sich mit einem Sieg im Saisonfinale am 26. Oktober zusammen mit den Kontrahenten in die Winterpause der Langstreckenmeisterschaft auf der Nürburgring-Nordschleife. Der Rennstall aus Meuspath holte damit den vierten Saisonsieg für die Marke mit den vier Ringen. Kein anderer Hersteller gewann dieses Jahr mehr Wertungsläufe der VLN. Doch spiegelt dieses Ergebnis auch die tatsächliche Geschwindigkeit wieder, die sich die Macher der Balance-of-Performance für den Audi R8 LMS ultra im Vergleich zu seinen Gegnern ausgedacht haben?

Audi

In diesem Jahr ging der Audi R8 LMS bereits in seine vierte Rennsaison. Seit dem Beginn des Kundensportprogramms von Audi mit dem R8 im Jahre 2010 wurde der Mittelmotor-Sportwagen mehrfach überarbeitet, zuletzt im Winter vor der diesjährigen Rennsaison. Audi kam mit einem umfangreichen Aerodynamik-Upgrade für den R8 LMS aus der Winterpause, der sei dem Jahr 2012 auch noch das Kürzel „ultra“ in seinem Namen trägt.

Die größten Veränderungen dieses Paketes bestanden aus einem neuen Heckflügel sowie einem neuen Diffusor, dem schon im Vorfeld große Aufmerksamkeit galt. Das gesamte Paket sollte auf eine Runde auf der Nordschleife des Nürburgrings mehrere Sekunden bringen, hinter vorgehaltener Hand wurde bereits von mehr als sieben Sekunden gesprochen. Die Konkurrenz schluckte.

Doch ganz so einfach wurde es für die Marke mit den vier Ringen dann nicht. Diskussionen zwischen FIA und Audi führten dazu, dass in den ersten Rennen der Motorsportsaison 2013 die R8 LMS ultra noch mit der Spezifikation des Vorjahres antraten, da der internationale Automobilverband die Homologation der neuen Teile verweigerte. Audi geriet unter Druck, da die R8-Kunden mit dem neuen Update gerechnet hatten. Schlussendlich fanden die Ingolstädter und die FIA einen gemeinsamen Nenner. Das Aerodynamik-Upgrade wurde nur teilweise genehmigt, der umstrittene Diffusor wurde aber weiterhin verboten. Und so sollte es auch bleiben.

Das hielt die Marke mit den vier Ringen allerdings kaum davon ab, aus Sicht der Performance ganz vorne mitzuspielen. Die Zehn-Zylinder-Flundern waren auch in ihrem vierten Einsatzjahr wieder sehr erfolgreich. Insgesamt vier Wertungsläufe der VLN konnte Audi für sich entscheiden, mehr als jedes andere Fabrikat.

Darüber hinaus stehen für die Audi R8 LMS ultra drei schnellste Rennrunden, sieben Podiumsplätze, zwei Polepositions in der VLN und der erste Startplatz beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring zu buche. Audi begegnete seinen Kontrahenten also trotz des Verbotes des neuen Diffusors mindestens ebenbürtig. 

Zusammen mit Porsche die Schnellsten auf der Nordschleife

Das zeigt auch die Analyse der schnellsten Rundenzeiten. Im Durchschnitt aller neun VLN-Wertungsläufe steht für Audi auf der mehr als 24 Kilometer langen Kombination aus Nordschleife und der Kurzanbindung des Grand-Prix-Kurses eine Zeit von 8:16,357 Minuten auf dem Tableau. Damit ist Audi mit knappen vier Zehntelsekunden nur minimal langsamer als Klassenprimus Porsche. Zur Erinnerung: Die Durchschnittszeit  der schnellsten Rennrunden lautete bei den Zuffenhausenern 8:15,986 Minuten.

Außer mit dem Rennstall der Zwillinge Marc und Dennis Busch, Twin Busch Motorsport, das sich, ausgenommen des Reinoldus-Langstreckenrennens, bei jedem Wertungslauf am Start befand, war Audi über die Saison mit keinem Team dauerhaft vertreten.

Phoenix Racing setzte vor allem bei den Läufen vor dem 24-Stunden-Rennen hochkarätig besetzte Autos ein. Dabei war es vor allem ein Pilot, der fast ausnahmslos immer auf dem am besten platzierten Audi genannt war und mit extrem schnellen Rundenzeiten glänzte: der Deutsche Frank Stippler. Der Mann aus Bad Münstereifel trat mehrfach zusammen mit den Stuck-Brüdern Ferdinand und Johannes an, die gemeinsam mit ihm auch einen Gesamtsieg bei der 44. Adenauer ADAC-Rundstrecken-Trophy einfuhren.

Twin Busch Motorsport mit konstant guten Leistungen

Doch die größte Überraschung aus dem Hause Audi lieferten die Busch-Zwillinge. Marc und Dennis Busch pilotierten über die gesamte Saison einen privat eingesetzten Audi R8 LMS ultra und erzielten einige Achtungserfolge. Nachdem der in Blau und Neongelb lackierte Audi R8 bereits über die gesamte Saison eine extrem starke Leistung zeigte und einige Resultate innerhalb der ersten zehn einfuhr, war Twin Busch Motorsport beim 36. RCM-DMV-Grenzlandrennen auf dem besten Weg, ein Top-Resultat auf dem Podium einzufahren. 

Der erste Podestplatz in der noch jungen Geschichte des Teams wurde allerdings von einem ärgerlichen Fauxpas vereitelt. Aus der Strategie der beiden Zwillinge resultierte, dass der Audi eine Runde vor Schluss noch zu einem extrem kurzen Tankstopp in die Box musste. Dies geschah auch, allerdings wurde im Eifer des Gefechts zu wenig Treibstoff eingefüllt und dieser Fehler forderte schon bald seinen Tribut. Nur wenige hundert Meter vor der Ziellinie rollte der R8 im Bergaufstück zur Hohnrainschikane ohne Sprit aus. Aus war der Traum vom ersten Podest. Davon ließen sich die Busch-Brüder aber nicht entmutigen und so fuhren sie vier Wochen später beim DMV-250-Meilen-Rennen einen Sensationssieg ein. 

Stuck-Brüder mit Erfolg, aber ohne Konstanz

Ein wechselhaftes Jahr erlebten die Söhne von Nordschleifen-Legende Hans-Joachim Stuck, Ferdinand und Johannes. Die Geschwindigkeit, die das Duo meist in Zusammenarbeit mit Frank Stippler an den Tag legte, war stets top. Das Glück war allerdings nicht immer auf der Seite der Stuck-Brüder. Beim Saisonauftakt war es ein technischer Defekt, der ein Ankommen im Ziel verhinderte. Bei den wechselhaften Bedingungen rund um die Nordschleife des Nürburgring wurden oft im Nachhinein fehlerhafte Entscheidungen bei der Reifenwahl getroffen, was zu zwei Resultaten jenseits der besten Zwanzig führte. 

Doch auch in diesem Jahr feierten die Stuck-Brüder, die einen R8 LMS ultra von Phoenix Racing pilotierten, Erfolge. Einer der insgesamt vier Gesamtsiege von Audi ging an das Fahrzeug mit der Lackierung von Hauptsponsor TÜV Rheinland. Ein weiterer vierter Gesamtrang und die Poleposition beim 24 Stunden-Rennen zeigen, dass Johannes und Ferdinand Stuck auf der Nordschleife durchaus konkurrenzfähig sind. 

Doch ausgerechnet beim Sechs-Stunden-ADAC-Ruhr-Pokal-Rennen machte der Audi der Stucks erneut Negativschlagzeilen. Als Nürburgring-Urgestein Hans-Joachim Stuck sein Comeback geben wollte, war es ausgerechnet er selbst, der den Start der Phoenix-Truppe unmöglich machte. Am Ende seiner ersten schnellen Runde im Qualifying zum einzigen Sechs-Stunden-Rennen der Saison verlor „Striezel“ auf einer Bodenwelle in der Anbremsphase zur Hohnrainschikane die Kontrolle über den R8 und schlug heftig in die Leitplanken ein. Stuck selbst entstieg dem stark beschädigten Audi unverletzt, an einen Renneinsatz war danach aber nicht mehr zu denken.

Die anderen beiden Rennsiege wurden ebenfalls von Phoenix Racing errungen. Während es beim 55. ACAS-H&R-Cup der Schweizer Le-Mans-Gewinner Marcel Fässler zusammen mit dem bereits angesprochenen Frank Stippler waren, die nach der vierstündigen Renndistanz an erster Stelle ins Ziel kamen, waren es beim Saisonfinale Marc Basseng, Laurens Vanthoor und Christian Mamerow, die sich gegen die Konkurrenz durchsetzten.