Hybrid-LMP: Was steckt dahinter?

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Audi und Toyota treten dieses Jahr in der Langstrecken-WM und in Le Mans mit einem Hybridsystem an und versuchen, dies auch in der Werbung auszuschlachten. Aber wie funktionieren diese Systeme und welchen Vorteil erhoffen sich die beiden Hersteller davon?

Im Straßenverkehr sind sie mittlerweile bekannt, die Hybridfahrzeuge. In der Regel wird hier einem Fahrzeug ein etwas kleinerer Motor (Benzin oder Diesel) eingepflanzt und mit einem Elektromotor kombiniert, der bei hohem Leistungsbedarf den Verbrennungsmotor unterstützt beziehungsweise bei langsamer Fahrt sogar ersetzt. Die Folge ist, dass wegen des kleineren Motors und der Tatsache, dass ein Betrieb in extrem schlechten Wirkungsgrad Bereichen (Schwachlast) vermieden wird der Kraftstoffverbrauch sinkt.

Um die Batterien wieder zu laden wird nun Energie beim Bremsen zurückgewonnen, oder aber im Teillastbereich, der Arbeitspunkt des Verbrennungsmotors, angehoben, um über einen Generator die Batterie zu laden. Da Verbrennungsmotoren den besten Wirkungsgrad in der Nähe von Volllast haben, Wird zwar zunächst mehr Kraftstoff verbraucht, der aber an anderer Stelle der Fahrt wieder über den höheren Wirkungsgrad des Elektromotors, mehr als eingespart wird. So erreicht ein Toyota Prius mit Benzinmotor als Hybrid ohne Probleme die Verbrauchswerte eines Diesel-Golfs.

Wie schaut es jetzt im Motorsport aus? Immerhin wird auf den meisten Strecken mit wenigen Ausnahmen immer nur Vollgas (also Volllast) gefahren, oder gebremst. Eine Lastpunktanhebung zur Energiegewinnung kommt also wohl kaum in Frage. Da allerdings meist auch recht hart auf die Kurven hin gebremst wird, ist hier durchaus erhebliches Energierückgewinnungspotential vorhanden. Diese Energie kann dann in Beschleunigungsphasen wieder verwendet werden um das Fahrzeug schneller auf Tempo zu bekommen.

Energiespeicher

Die beim Bremsen zurückgewonnene Energie muss irgendwie gespeichert werden. Prinzipiell gibt es hier vier Systeme:

Die einfachste und bekannteste Möglichkeit sind mit Sicherheit Batterien. Diese haben aber ein Vergleichsweise hohes Gewicht und darüber hinaus den Nachteil, dass sie zwar Energie gut speichern können, aber dazu neigen, dass wenn innerhalb kurzer Zeit viel Energie gespeichert oder entnommen werden soll, extrem heiß zu werden. Dies geschieht aufgrund des so genannten Innenwiederstandes einer Batterie und senkt den Wirkungsgrad. Bei manchen Batterietypen kann es dadurch sogar zum Entzünden der Batterie kommen.

Die zweite Möglichkeit sind so genannte Superkondensatoren. Ein Kondensator ist ein elektrisches Bauelement, das kleine Energiemengen in einem elektrischen Feld speichern und zeitverzögert wieder abgeben kann. Sollen nun größere Energiemengen gespeichert werden, werden diese Kondensatoren entsprechend groß. Allerdings können sie die gespeicherte Energie sehr schnell abgeben beziehungsweise sehr schnell Energie aufnehmen. Dabei sind sie allerdings schwerer und auch teurer als Batterien.

Die dritte Möglichkeit klingt zunächst wahnwitzig. Hierbei wird nämlich die aus mechanischer Energie (Bewegung) beim Bremsen zurückgewonnene elektrische Energie wieder mechanisch in einem Schwungrad gespeichert. Dies wird erreicht, indem mit der zurückgewonnenen Energie ein Elektromotor ein Schwungrad beschleunigt und beim Beschleunigen der Elektromotor im Schwungrad als Generator arbeitet, wodurch das Schwungrad gebremst wird. Um das Gewicht gering zu halten, werden diese Schwungräder aus extrem leichtem Material hergestellt, was ihre Fähigkeit, Energie zu speichern verringert. Um trotzdem große Energiemengen speichern zu können, wird mit hoher Drehzahl gearbeitet. Dieses stellt auch die Gefahr des Systems dar, denn egal wie leicht die Teile sind, wenn das Schwungrad bersten sollte, werden die Teile jedes Gehäuse durchschlagen. Um die Reibung gering zu halten wird außerdem die Luft aus den Gehäusen solcher Systeme herausgesaugt, weil sonst die Drehzahl zu schnell wieder absinken würde. Aufgrund all dieser Faktoren sind diese Systeme zwar vergleichsweise leicht und kompakt, aber teuer.

Die vierte Möglichkeit ist es, die mechanische Energie über ein stufenlos verstellbares Getriebe direkt auf ein Schwungrad zu übertragen. Diese Bauweise erfordert jedoch wesentlich größere Anforderungen an die Abdichtung des Schwungrades, das hier ebenfalls im Vakuum läuft. Gegenüber dem elektrischen Schwungrad ist allerdings der höhere Wirkungsgrad als Vorteil zu nennen, als Nachteil der komplexere Aufbau.

Fahrzeuge

Für all diese genannten Möglichkeiten gibt es bereits Beispiele aus dem Motorsport. So fahren die meisten Formel-1-Fahrzeuge mit einem auf Batterien basierenden KERS-System. Toyota setzt dem Vernehmen nach wohl auf ein System mit Superkondensatoren, während Audi, genau wie der GT3-Hybrid-Porsche auf ein elektrisches Schwungrad setzen. Das mechanische Schwungrad kam im letzten Jahr im Hope-Oreca-Hybrid zum Einsatz.

Die Regeln

Allerdings ist die Hybridtechnik im Motorsport wie alles reglementiert. Allerdings lässt das Reglement in Le Mans wie in vielen anderen Bereichen auch relativ große Freiheiten. Reglementiert sind hier nur die maximale Energie die zwischen zwei Bremsmanövern gespeichert werden kann sowie die Tatsache, dass wenn diese Energie an die Vorderräder abgegeben wird, das nur bei Geschwindigkeiten über 120 km/h passieren darf. Außerdem müssen diese Fahrzeuge in der Lage sein, die Länge der gesamten Boxengasse in Le Mans nur mit der Energie des Hybridsystems zurückzulegen und dürfen zwei Liter weniger Sprit an Bord nehmen. Darüber hinaus ist es noch verboten mit den Elektromotoren gezielt einzelne Räder abzubremsen.

Der Hope-Racing-Oreca

Entsprechend unterschiedlich sind die Fahrzeuge. Der Hope aus dem letzten Jahr basierte auf dem mittlerweile schon etwas in die Jahre gekommenen Oreca-01-Chassis, das mit einem Zwei-Liter-Turbobenzinmotor ausgestattet war, welcher auf einem VW-Serienblock basierte. Wie schon beschrieben, kam als Energiespeicher ein mechanisches Schwungradsystem zum Einsatz, welches wie das Differential zwischen den Rädern eingebaut war. Allerdings hatte das Team immer wieder Probleme mit der Abdichtung des unter Vakuum stehenden Teils, sodass das System bei längeren Pausen zwischen den Bremsmanövern vergleichsweise viel Energie verlor. Das Team scheiterte beim Vortest im April letzten Jahres noch am Boxengassentest, konnte das System dann aber bis zum Rennen so weit verbessern, dass die Startberechtigung erteilt wurde. Wegen verschiedener Probleme kam das Team aber nicht ins Ziel.

Der Toyota TS030

Der Toyota TS030 sendet die Energie aus seinen Superkondensatoren ebenfalls an die Hinterräder, zumindest wenn man den Gerüchten aus dem Netz glauben kann. Hauptantrieb hier ist ein 3,4 Liter V8, der nicht wie der Motor der Rebellion-Fahrzeuge aus der Super GT und der Formula Nippon kommt, sondern neu entwickelt wurde. Die Rennpremiere des Fahrzeugs wird aber erst das Rennen in Le Mans sein. Bei den ersten Tests war sich das Team aber noch nicht schlüssig, ob es nicht doch besser sei, die Vorderräder anzutreiben und testete beide Systeme.

Der Audi R18 e-tron quattro

Audi hingegen wird dieses Jahr mit einem elektrischen Schwungrad antreten, welches die Vorderräder antreibt. Dieses System wurde so auch schon von Porsche im 911 GT3 Hybrid verwendet und hat sich im Praxiseinsatz auf der Nordschleife bewährt. Die Rennpremiere der e-tron-quattro-Renner war relativ erfolgreich, mit einem zweiten und vierten Platz. Es zeigte sich allerdings, dass die Fahrzeuge vor allem im Trocknen zu untersteuern neigen, ein Problem das Audi seit dem R15 immer wieder zu schaffen macht. Sauber auf die Bedingungen abgestimmt waren die Rundenzeiten der e-tron-Fahrzeuge aber durchweg schneller als die der bis auf das Hybrid-System identischen R18 ultra-Boliden. Angeblich lag das Gewicht der e-tron-Prototypen in Spa mit 904 Kilogramm nur unwesentlich über dem Mindestgewicht von 900 Kilogramm.

Das Schwungrad des e-tron Quattro ist an der Stelle des Beifahrersitzes verbaut. Für die Elektromotoren gibt Audi eine Leistung von zwei Mal 60 Kilowatt an. Der Audi treibt dabei beide Vorderräder individuell an, auch wenn das Reglement in Sachen Torque Vectoring, vor allem beim Bremsen relativ restriktiv ist.

Peugeot

Würde Peugeot dieses Jahr noch antreten, so wären diese mit einem Batteriesystem gefahren, das auf einem Formel-1-KERS basiert. Bei allem, was über das Fahrzeug vor dem Rückzug von Peugeot bekannt wurde, ist davon auszugehen, dass wohl ganz konventionell die Hinterräder angetrieben wurden. Allerdings ist wohl davon auszugehen, dass dieses Fahrzeug nie ein Rennen bestreiten wird.

Ältere Beispiele

Die genannten Fahrzeuge stellen allerdings nur die aktuelle Generation der Hybridrenner im Gewand eines Le-Mans-Prototypen dar. Bereits im Jahr 2009 wurde in der ALMS ein Hybridfahrzeug eingesetzt und konnte dabei sogar eine Podiumsplatzierung erzielen. Basis war damals ein Zytek-Chassis und das Hybridsystem eng mit dem McLaren-Formel-1-KERS verwand, welches ebenfalls aus dem Hause Zytek stammt. Hier kamen auch, wie beim Peugeot, Batterien als Energiespeicher zum Einsatz.

Ebenfalls nie im Renneinsatz war ein weiterer Peugeot-Prototyp, noch basierend auf dem alten 908 HDI FAP, der im Jahr 2008 im Rahmen des LMS-Rennens in Silverstone einige Demorunden drehte. Hier kamen zwar als Energiespeicher ebenfalls Batterien zum Einsatz und es wurden die Hinterräder angetrieben, das Fahrzeug war jedoch trotz dieser Demorunden weit davon entfernt rennfertig zu sein. So waren wie zu hören ist die Batterien relativ lose im Auto verteilt und auch das Gewicht lag weit über dem Mindestgewicht. Es zeigte aber die prinzipielle Machbarkeit eines solchen Konzepts, wodurch der ACO dann im Jahr 2011 diese Möglichkeit auch im Reglement einräumte.

Ob sich die Technik durchsetzen wird, hängt wohl auch vom Rennverlauf in le Mans ab. Und wie die Regeln hier weiter gesponnen werden. Im Sinne der Serienrelevanz ist die Einführung der Hybrid-Renner jedenfalls zu begrüßen.