Austin: Behauptet Toyota seine Favoritenstellung?

44

Am kommenden Samstag endet auf dem Circuit of The Americas die vierzehnwöchige Sommerpause der Langstrecken-WM. Behauptet Toyota seine Favoritenstellung trotz der Le-Mans-Niederlage? Oder nutzt Audi den Impetus durch den abermaligen Triumph an der Sarthe? Welche Rolle spielt Porsche?

Nach dreimonatiger Motorenruhe endet an diesem Wochenende auf dem Circuit of The Americas in Austin die Sommerpause der Langstrecken-WM. Bereits Anfang August verließen die Teilnehmer den alten Kontinent, um mit der Verfrachtung der Sportwagen und entsprechender Materialien über den Atlantik zu beginnen. Denn das sechsstündige Nachtrennen in der texanischen Kapitale markiert zugleich den Beginn der Etappen in Amerika, Asien und Arabien.

Während der vierzehnwöchigen Auszeit nach der Endurance-Machtprobe in Le Mans zuwarteten die Hersteller jedoch keineswegs. Stattdessen bereiteten sich sowohl Toyota als auch die Konzernschwestern Audi und Porsche akribisch auf die Rückrunde der Langstrecken-WM vor. Das Weissacher Werksgespann versuchte einerseits die Aerodynamik zu optimieren, steigerte andererseits auch die Leistung seines Hybridprototyps.

Die TMG-Konkurrenten arbeitete wiederum am Stehvermögens ihres zwittrigen Boliden. Schließlich kontrollierte Toyota die Wertungsläufe in Silverstone und Spa-Francorchamps dank seiner phänomenalen Darbietung, scheiterte im Département Sarthe allerdings ob technischer Ungereimtheiten. „Wir hatten ja reichlich Zeit darüber nachzudenken, was uns in Le Mans widerfahren ist“, meint Geschäftsführer Yoshiaki Kinoshita.

Anthony Davidsion: „Ziel ist, unseren Vorsprung auszubauen“

Ist Toyota daher imstande, seine Favoritenstellung trotz des Fiaskos in Le Mans behaupten? Kann die TMG-Delegation in Austin an die Erfolge zu Saisonbeginn anknüpfen. „Letztlich ist damit nur unsere Entschlossenheit, die Weltmeisterschaft gewinnen zu wollen, gestärkt worden“, unterstreicht Kinoshita. „Austin ist der Beginn einer hektischen zweiten Halbzeit der Saison, und wir müssen unser Bestes geben, um die gewünschten Resultate herauszufahren.“ 

Ferner vollzieht Toyota einen Personalwechsel: Test- und Entwicklungspilot Mike Conway vertritt Stammfahrer Kazuki Nakajima, welcher seinen Verpflichtungen in der Super-Formula-Serie nachgeht. Seine Stallgefährten sind demnach Stéphane Sarrazin und Alexander Wurz. Die Besatzung des Schwesterfahrzeuge gibt sich derweil hochgemut. Anthony Davidson, Nicolas Lapierre und Sébastien Buemi treten mit breiter Brust in den Vereinigten Staaten an.

Zumal das TMG-Trio als Tabellenführer bei der vierten Begegnung der Langstrecken-WM startet. „Das Ziel ist logischerweise, am Wochenende unseren Vorsprung auszubauen“, formuliert Davidson als Maßgabe, der die Punktewertung mit seinen Kollegen mit achtzig Zählern anführt. „Es ist uns klar, dass das nicht einfach wird. Denn unsere Konkurrenz hat in diesen drei Monaten auch nicht geschlafen.“

Gefährte Lapierre deklariert dagegen präzisere Ziele. „Ich möchte wieder aufs oberste Treppchen des Podestes klettern“, kehrt der Franzose hervor. „Dank zweier Siege hatten wir einen guten Saisonbeginn, doch Le Mans bescherte uns eine große Enttäuschung. Wir hatten ein siegfähiges Auto und wurden am Ende nur Dritte. Das liegt nun hinter uns. Ich konzentriere mich hundertprozentig darauf, den WM-Titel zu sichern.“

Profitiert Audi vom höheren Kraftstoffdurchfluss?

Auch in der Herstellerwertung hat Toyota nach drei Durchgängen die Spitze des Klassements erklommen. Widerpart Audi verbucht gegenwärtig einen Rückstand von zwanzig Punkten. Aber an der Sarthe hat das sieggewohnte Ensemble aus Ingolstadt abermalig seine Fertigkeiten demonstriert. „Nach Le Mans sind wir absolut motiviert“, untermauert Motorsportchef Doktor Wolfgang Ullrich. „Denn die Ergebnisse bei den ersten beiden WEC-Rennen der Saison haben nicht unserer Vorstellung entsprochen.“ 

Und die Ambition für die verbleibenden Wettfahrten? „Die ganze Mannschaft hat sich gründlich auf die verbleibende Saison vorbereitet, denn wir wollen unsere WM-Titel verteidigen“, betont LMP-Leiter Chris Reinke. „Technisch kehren wir zu der Karosserievariante mit hohem Abtrieb zurück und haben unser Hybridsystem für Austin betriebsoptimiert. Wir wollen in Texas um den Sieg kämpfen.“

Darüber hinaus haben die Regelmacher Anpassungen an der Equivalence of Technology vorgenommen. Demnach steht Audi hinfort weniger Energie pro Umlauf zur Verfügung; im Gegenzug erhöhten die Verantwortlichen den Dieseldurchfluss. „Zugleich haben Toyota und Porsche minimal größere Betankungs-Durchflussbegrenzer bekommen“, erklärt Joest-Racing-Teamdirektor Ralf Jüttner. „Daraus können sie einen leichten Vorteil bei den Boxenstopps ziehen.“

Fritz Enzinger: „Habe keinen Zweifel an unserer Konkurrenzfähigkeit“

Unterdessen wartet Porsche weiterhin auf seinen ersten Sieg in der Langstrecken-WM. Ist die Traditionsmarke aus Stuttgart-Zuffenhausen nach der Poleposition im Ardenner Wald sowie den Führungsrunden in Le Mans in der Lage, den nächsten Erfolg zu erzielen? „Wir fliegen hochmotiviert nach Austin und wollen dort alles bisher Gelernte umsetzen“, eröffnet LMP1-Leiter Fritz Enzinger. „Das ist fast wie ein zweiter Saisonstart, aber unter neuen Voraussetzungen.“ 

Die Probefahren während der rennfreien Zeit seien „hervorragend“ verlaufen. „Sehr analytisch, systematisch und in einer tollen Teamatmosphäre“, fügt Enzinger hinzu. „Lange hatte die angespannte Vorbereitung auf die 24 Stunden von Le Mans alles dominiert, dort haben wir eine gute Leistung gezeigt und das Ende gemeinsam durchlitten. Das hat uns als Team enorm zusammengeschweißt.“

Im Titelkampf ist Porsche allerdings schon ins Hintertreffen geraten. Derzeit fehlen der Werksmannschaft 55 Punkte auf die Spitzenreiter aus dem Toyota-Lager. „Unser neues Aerodynamikpaket für den Porsche 919 Hybrid hat beim Testen auf Anhieb funktioniert“, bleibt Enzinger aber optimistisch. „Wenn wir es schaffen, das alles im Rennen umzusetzen, habe ich keinen Zweifel an unserer Konkurrenzfähigkeit, und dann sollten auch die Ergebnisse entsprechend gelingen.“