Sechs-Stunden-Rennen: Kontroverse um den Rowe-Triumph

56

Der Erfolg beim Sechs-Stunden-Rennen bringt Rowe Racing in Bredouille. Schließlich zog sich der Rennstall beim vorherigen Lauf noch aus Protest zurück – wegen der BoP. Daher entgegnet Michael Zehe, seine Mannschaft habe von den Mischbedingungen profitiert. Ferner taktierten die Bubenheimer.

Noch am Vorabend des vorletzten VLN-Laufes zog Rowe Racing seine beiden Flügeltürer aus Protest zurück. Die Begründung: Derzeit werde der Mercedes-Benz SLS AMG GT3 im Zuge der Balance of Performance benachteiligt; die Fahrzeugeinstufung begünstige stattdessen Audi und Porsche. Zugleich problematisierte der Rennstall aus Bubenheim die gegenwärtige Entwicklung in puncto Rundenzeiten, welche zunehmend die Sicherheit der Beteiligten gefährde. Ein Fanal aus dem Lager der Sternenkrieger. 

Zum Ende der Sommerpause prononcierte Rowe Racing schließlich, beim Sechs-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife wieder anzutreten. Was sich sodann am Rennsamstag abspielte war frappant: Die Mercedes-Benz-Delegation dominierte das Gefecht in der Vulkaneifel über weite Strecken. Schlussendlich obsiegte Ruhrpokal-Titelverteidiger Jan Seyffarth gemeinsam mit Lance David Arnold und Nico Bastian in souveräner Manier. Postwendend stand das Rowe-Ensemble im Mittelpunkt der Kritik.

Der Tenor war eindeutig: Die Truppe um Michael Zehe könne nicht verlieren, weshalb der Startverzicht ein politisches Druckmittel gewesen sei. Daher reagierte der Rowe-Teamchef auf die Vorwürfe und entgegnet, seine Mannschaft habe von den wechselhaften Pistenverhältnissen profitiert. „Die BoP wird bei trockenen Bedingungen gemacht“, betont Zehe. „Dass uns dann der Wettergott wohlgesonnen war und wir in der Folge meist Mischbedingungen hatten, das heißt nasse Strecke, die aber immer wieder auftrocknete, war schlicht Glück.“ 

Audi-Dominanz beim Start: „Dies macht die Überlegenheit deutlich“

Überdies untermauert Zehe, Audi und Porsche hätten auf trockenem Asphalt nach wie vor einen Vorteil. „Wie bei den Rennen davor, so war auch beim letzten Rennen klar ersichtlich, dass der Audi zu schnell eingestuft ist“, expliziert der Rowe-Boss. „Nach vier Runden lag Audi mit 24,9 Sekunden vor dem Zweitplatzierten, nach sechs Runden waren es sogar 44,6 Sekunden. Dies macht die Überlegenheit deutlich.“ Ein Vergleich der diesjährigen Rundenrekorde stützt Zehes Behauptung. 

In der Qualifikation zur 43. Adenauer ADAC-Rundstrecken-Trophy verfehlte Norbert Siedler die Acht-Minuten-Marke nur knapp. Der Timbuli-Pilot zirkelte seinen Porsche-Neunelfer in 8:03,632 Minuten durch die Grüne Hölle. Bei der Zeitenjagd zum 53. ADAC-Reinoldus-Langstreckenrennen meisterte Uwe Alzen im BMW Z4 die Kombination aus Kurzanbindung und Nordschleife gar in 8:02,418 Minuten. Rowe-Schützling Jan Seyffarth erzielte bis dato eine Bestzeit von 8:05,859 Minuten.

Zwar handelt es sich bei dieser Gegenüberstellung lediglich um wenige Sekunden, aber über die Distanz macht sich der Unterschied bemerkbar. „Denn mit 120 Litern Benzin fährt man auf 25 Kilometer nicht nur drei Sekunden langsamer als im Qualifying mit dreißig Liter“, erklärt Seyffarth. Nichtsdestoweniger erscheint die Kritik an der Einstufung fragwürdig. Schließlich avancierte der AMG-Flügeltürer im bisherigen Saisonverlauf angesichts seiner Erfolge regelrecht zum Referenzfahrzeug im GT3-Sport.

Black Falcon gewann sowohl das 24-Stunden-Rennen in Dubai als auch auf dem Nürburgring. Die Markenkollegen von Erebus Motorsport triumphierten indes bei den Zwölf Stunden von Bathurst. Und erst im Juli erfocht HTP Motorsport den Siegerpokal beim 24-Stunden-Klassiker in Spa-Francorchamps. Kurzum: Die Marke mit dem Stern dominiert heuer die GT-Szene. Zumal die BoP-Einstufung der Veranstaltergemeinschaft am Nürburgring nur nuanciert von jener der FIA abweicht.

Rowe Racing pokerte bei der Reifenwahl

Was bei den Reaktionen auf den Siegeszug beim Sechs-Stunden-Rennen außerdem in Vergessenheit gerät: Rowe Racing hatte schlicht und ergreifend das nötige Rennglück – vielmehr Glück im Unglück. Denn Seyffarth steuerte während seiner ersten Schicht vorzeitig seine Boxenmannschaft an, da dem Querfurter Vibrationen im Heckbereich Sorgen bereiteten. Durch den vorgezogenen Stopp unterschied sich der Rhythmus der Rowe-Truppe von dem der Konkurrenz. Als letztlich die ersten Regenschauer einsetzten, entschied sich das Bubenheimer Gespann, geschnittene Slicks zu montieren. 

Damit ging Rowe Racing ein taktisches Wagnis ein. Denn der Niederschlag wurde stärker, die Mitstreiter wechselten auf Regenreifen. Dennoch hielt der Silberpfeil Schritt. Zwischenzeitlich trocknete die Fahrbahn ab, was wiederum dem Rowe-Rennstall zupass kam. Allerdings setzten die Bubenheimer auf Kontinuität und vertrauten weiterhin auf den geschnittene Slick, während die Konkurrenten wieder Trockenreifen aufzogen. Eine Fehlentscheidung. Die Regenfälle wurden wieder stärker, die Fahrzeuge gerieten ins Schlingern. 

Derweil behaupteten Seyffarth, Arnold und Bastian unangefochten ihre Führung. Beim Überqueren der Ziellinie verbuchte das Fahrertrio einen Vorsprung von vier Minuten. Bastian blieb sogar Zeit, das Tempo nochmals zu drosseln, um nicht noch eine zusätzliche Runde drehen zu müssen. Schlussendlich fällt es aufgrund der Gegebenheiten am vergangenen Wochenende schwer, ein Urteil zu fällen. Einerseits berücksichtigt die Einstufung keine nassen Streckenverhältnisse; andererseits verzerrten die verschiedenen Strategien das tatsächliche Kräfteverhältnis.