GT-WM: Goodbye GT1 World, hello GT Sprint Series?

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Beim sechsten Saisonlauf der GT-WM in diesem Jahr waren die Probleme der Serie offensichtlicher denn je: Nur 13 Fahrzeuge waren in der Slowakei gemeldet. Und doch möchte Serienorganisator Stéphane Ratel das Konzept einer internationalen GT-Serie im Sprintformat beibehalten.

Als Stéphane Ratel bei der alljährlichen Pressekonferenz der SRO Motorsports Group im Vorfeld des 24-Stunden-Rennens von Spa-Francorchamps die Pläne für das kommende Jahr verkündete, konnte man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass vieles irgendwie bekannt war. Die Blancpain Endurance Series bleibt in Wochenendaufbau und Kalender unverändert. Warum auch? Über fünfzig Fahrzeuge sprechen eine eindeutige Sprache.

Nimmt man die Fahrzeuganzahl als Gradmesser, so müsste man der GT-WM trotz aller sportlichen Klasse einige Veränderungen angedeihen lassen. Schließlich wurde das Konzept – aus unterschiedlichen sportpolitischen, ökonomischen und persönlichen Gründen – offensichtlich nicht angenommen. Die 13 WM-Fahrzeuge verloren sich auf der breiten Start-Ziel-Gerade des Slovakia Rings fast. Am Samstag waren sogar nur zwölf Fahrzeuge ins Rennen gegangen, weil Miloš Pavlovi? wegen Fieber der Start verweigert wurde. Zur Erinnerung: Am 16. April 2010 befanden sich zum GT-WM-Debüt 24 Fahrzeuge auf dem Yas Marina Circuit in Abu Dhabi.

Geplante GT-Sprint-Serie als GT-WM ohne FIA-Prädikat

Nach dem Wegfall des WM-Prädikates besitz die SRO nun mehr Verhandlungsspielraum und weniger finanziellen Druck. Was also gedenkt Ratel zu tun? Sportlich wird vieles beim Alten belassen. Die Rennen sollen weiter aus einstündigen Läufen mit Fahrer- und Reifenwechsel bestehen. Technische Grundlage bleibt das GT3-Reglement. Sogar der Kalender für 2013 ist dem aktuellen GT-Kalender zu Verwechseln ähnlich: Nogaro, Zolder, Navarra, Slovakia Ring, Moscow Raceway, Portimão und Buddh International Circuit. Yas Marina und Zandvoort kämen neu beziehungsweise wieder dazu. Von den neun sollen schlussendlich sieben Rennen ausgewählt werden.

Das Konzept der Markenexklusivität soll zunächst fortgeführt werden. Neun Teams mit zwei Fahrzeugen oder sieben Teams mit drei Fahrzeugen eines Herstellers müssen sich bis Ende September einschreiben. Ansonsten wird die Regelung verworfen und die Anzahl der Fahrzeuge pro Hersteller und Team in der GT-Sprint-Serie nicht limitiert. Diese willkommene Hintertür besaß die SRO zu Zeiten des WM-Prädikats nicht.

Enge Verzahnung von Blancpain Endurance Series und GT-Sprint-Serie

Das neue strukturelle Element der GT-Sprint-Serie ist die Verbindung mit der Blancpain Endurance Series. Die Einstufungen der Fahrzeuge sollen in beiden Serien identisch sein, sodass „nur die Aufkleber gewechselt werden müssen“, wie Ratel es ausdrückt. Damit macht sich die SRO zudem auch unabhängig von den Balance-of-Performance-Einstufungen der FIA. Zwischen den Rennen beider Serien sollen immer zwei Wochen Abstand garantiert werden, um die Logistik der Teams nicht zu sehr zu belasten. Die SRO kalkuliert hier eine Kostenersparnis von zirka 40 Prozent gegenüber dem Jahr 2012.

Beide Serien sollen eigene Fahrer- und Mannschaftswertungen besitzen. Die BES bleibt wie gehabt, die GT-Sprint-Serie soll eine Pro-Klasse und einen „Silver Cup“ beinhalten, in dem ein Silber-Pilot mit einem Profi zusammengespannt wird. De facto fahren dann Profi-Paarungen ihre Meisterschaft unter sich aus, während zahlbereite Halb-Profis auch um den „Silver Cup“ fahren können, um nicht in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Die aktuelle Situation in der GT-WM lässt eine solche Aufteilung durchaus reizvoll erscheinen.

Darüber hinaus soll es serienübergreifend je einen Team- und einen Herstellertitel geben, der sich aus den Punkten von insgesamt zwölf Rennen ergibt: fünf BES-Rennen und sieben GT-Sprint-Series-Rennen. Diese Meister sollen sich dann „GT World Series Champion“ nennen dürfen. Dazu benötigt die SRO allerdings die Zustimmung der FIA…

Ist das Konzept attraktiv für Fahrer und Teams?

Eine Saison in der BES kostet derzeit zirka 500.000 Euro pro Fahrzeug; bei der GT-WM sind es zwischen 800.000 Euro und einer Million Euro. Während man in der BES die Kosten durch drei Piloten teilen kann (zirka 170.000 Euro pro Fahrer), sind es in der GT-WM nur zwei (zirka 450.000 Euro pro Fahrer). Nach der Rechnung der SRO würden dann beiden Serien zusammen nur noch 600.000 Euro statt wie bisher 1.500.000 Euro an Kosten pro Fahrzeug und Saison anfallen, also ungefähr 630.000 Euro pro Fahrer. Auf dem Papier liest sich eine solche Kalkulation gut, aber die real anfallenden Kosten dürften höher liegen und die Synergieeffekte etwas bescheidner ausfallen.

Was den Einsatzaufwand der Teams angeht, so haben in dieser Saison schon vier Mannschaften den Spagat zwischen BES und GT-WM durchgeführt: AF Corse, Vita4One, Reiter Engineering und WRT. Logistisch scheint dem Konzept des Wechselns zwischen GT-Sprint-Serie und BES also wenig entgegen zu stehen.

Ob die geplante GT-Sprint-Serie attraktiv genug ist, um mit dem bisherigen Markenkonzept 18 beziehungsweise 21 Fahrzeuge zu locken, darf nach aktuellem Stand bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist ein BES-Sprint ohne Herstellerlimitierung – wenn sich überhaupt genug Interessenten trotz aller Bemühungen der SRO finden. Aus sportlicher Sicht wäre es jedoch nach den Erfahrungen der vergangenen drei Jahre höchst wünschenswert.