Fuji: Toyota fährt in einer anderen Liga

45

Toyota fuhr beim Sechs-Stunden-Rennen am Fuji geradezu in einer eigenen Liga. Die TMG-Mannschaft errang einen triumphalen Doppelerfolg und eroberte die Tabellenführung zurück. Erwartet Audi und Porsche nun ein Durchmarsch bei den verbleibenden Läufen der Langstrecken-WM?

An der Favoritenstellung Toyotas zweifelt mittlerweile freilich niemand mehr. Doch avanciert der Konstrukteur aus Fernost tatsächlich zum künftigen Branchenprimus in der Langstrecken-WM? Das Heimspiel am Fuji illustrierte: Der TMG-Rennstall fuhr förmlich in einer anderen Liga, deklassierte letzten Endes die VW-Konzernschwestern Porsche und Audi. Das Resultat: ein triumphaler Doppelsieg beim fünften Wertungslauf der diesjährigen Saison.

Damit eroberte Toyota bei der Begegnung im Land der aufgehenden Sonne sowohl in der Konstrukteur- als auch der Fahrerwertung die Tabellenführung zurück. Im Resümee kann man fraglos konstatieren: Sowohl Herausforderer Porsche als auch Titelverteidiger Audi waren zu keinem Zeitpunkt imstande, Überflieger Toyota ernstlich unter Druck zu setzen. Beim Zieleinlauf betrug der Vorsprung eine respektive zwei Runden. 

Erwartet das Herstellertrio daher ein Toyota-Durchmarsch bei den verbleibenden Rennen in Shanghai, Manama und São Paulo? „Wir hatten hier in Fuji schon Großartiges erlebt, doch das übertrifft unsere vorangegangenen Siege“, freut sich Teamchef Yoshiaki Kinoshita und fasst die Montage der Konkurrenz konzise zusammen: „Unser Auto war sicher das beste im Feld. Und das ist es schließlich, worauf wir so hart für die letzten Rennen der Saison hingearbeitet haben.“

Anthony Davidson: „Besser könnte es nicht sein“

Angesichts des Triumphes in Oyama traten die Toyota-Werksfahrer nach der Wettfahrt entsprechend selbstbewusst auf. „Wir hatten das stärkste Auto, die richtige Strategie und großartige Boxenstopps. Platz eins und zwei bei unserem Heimrennen – besser könnte es nicht sein“, bilanziert Laufsieger Anthony Davidson, der den Einsatz am vergangenen Wochenende mit Sébastien Buemi allein stemmte, da Kollege Nicolas Lapierre aus privaten Gründen auf einen Einsatz verzichtete. 

Deren Stallgefährten befanden sich gleichermaßen im Freudentaumel. „Ein brillantes Resultat für Toyota und die gesamte Mannschaft – einfach unfassbar“, jauchzte Stéphane Sarrazin, der mit Lokalmatador Kazuki Nakajima und Alexander Wurz die Silbermedaille erfocht. „Das Team leistete großartige Arbeit, und ein Doppelsieg ist das bestmögliche Resultat. Beide Autos waren schnell, und wir haben uns gegenseitig nichts geschenkt.“

Die alten Fotostrecken sind leider nicht mehr verfügbar.

Inwieweit wirkt sich der Ausgang des fünften Saisonrennens am heiligen Berg nun auf den Titelkampf aus? Trotz des Siegeszuges verwaltet Toyota keinen komfortablen Vorsprung in der Meisterschaft. Gegenwärtig rangieren Davidson und Buemi zwar in Front, die Differenz zum Joest-Racing-Trio André Lotterer, Marcel Fässler und Benoît Tréluyer beträgt aber nur 24 Punkte. In der Herstellertabelle trennen TMG und Audi gar nur acht Zähler.

Audi hadert mit Streckencharakteristik

Apropos Audi: Warum erlitt Audi am Fuße des Vulkans Fuji solch eine Niederlage? Nach einem desolaten Auftritt belegte die Marke mit den vier Ringen die Plätze fünf und sechs. Der Grund: Der Ingolstädter Hybridsportwagen haderte mit der Streckencharakteristik des Fuji International Speedway, welche die Prototypen von Toyota und Porsche aufgrund ihrer höheren Rekuperationsenergie von sechs Megajoule begünstigte. 

Namentlich die lange Start-Ziel-Gerade förderte den immensen Nachteil des Audi-Prototyps mit seinem Zwei-Mega-Joule-Hybridsystem zutage, den die Piloten in den kurvigen Abschnitten nicht zu kompensieren vermochten. „Es war absehbar, dass wir uns in Fuji schwer tun würden. Dennoch haben sich beide Fahrermannschaften und das gesamte Team davon nicht irritieren lassen und für uns wertvolle Punkte in Japan gesammelt“, attestiert Motorsportchef Doktor Wolfgang Ullrich seiner Equipe.

Obendrein missglückte Audi der Versuch, lediglich bei jedem zweiten Tankstopp frische Reifen zu montieren. Dennoch brillierte die bayrische Abordnung ansonsten primär an der Box. „Doch leider waren die Boxenstopps der einzige Punkt, bei dem wir schneller als die Konkurrenz waren“, räumt der Technische Direktor Ralf Jüttner ein. „Wir haben die Reifen nicht optimal zum Arbeiten gebracht. In der Meisterschaft haben wir die Führung nun abgegeben. Wir wollen jetzt beim kommenden Lauf in Shanghai angreifen und uns die Führung zurückholen.“

Porsche steigt in der Hierarchie der Werke empor

Stattdessen gelang es Porsche, in der Hierarchie der Werke an die zweite Stelle emporzusteigen. Im Gegensatz zu Audi war die Delegation aus Stuttgart-Zuffenhausen in der Lage, phasenweise mit Toyota Schritt zu halten. Allerdings strauchelte Porsche abermals mit technischen Unzulänglichkeiten. Bereits in der Anfangsphase steuerte Mark Webber wegen einer Reifenpanne außerplanmäßig die Boxengasse an. 

Die Kollegen Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb suchte wiederum die Defekthexe heim. Ein Fehler am Hybridantrieb zwang Dumas zu einem Systemneustart. Schlussendlich errang Porsche die Plätze drei und vier. „Das Ergebnis ist natürlich gut für uns“, bekräftigt LMP1-Leiter Fritz Enzinger. „Vor allem auf die Steigerung, die wir hier gezeigt haben, bin ich sehr stolz. Der Anfang am Freitag war durchaus schwierig, aber wir konnten uns in jedem Training verbessern, haben ein tolles Qualifying gezeigt und diesmal unsere Leistungsfähigkeit auch im Rennen umgesetzt.“

Sofern Toyota fortan seine Galaform aufrechterhält, stehen Porsche und Audi bei den verbleibenden Etappen unter Zugzwang. Das Weissacher Werksgespann muss seine technischen Ungereimtheiten aussortieren, um seinem TMG-Widerpart über die vollständige Distanz Paroli zu bieten. Joest Racing muss sich wiederum mit seinem Hybridnachteil arrangieren und womöglich über strategische Kunstgriffe zu reüssieren.