Stefan Mücke: „Am Ende wollen wir alle das Rennen beenden“

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Stefan Mücke lässt im Interview die ersten Läufe der Langstrecken-WM Revue passieren. Dabei sprach der Aston-Martin-Werksfahrer auch über die anstehenden Aufgaben in Le Mans und auf dem Nürburgring. Zudem thematisiert er auch die aktuelle Sicherheitsdebatte in der Eifel. „Am Ende des Tages wollen wir alle das Rennen beenden.“

Aston-Martin-Werksfahrer Stefan Mücke schnürt in den kommenden Wochen ein hartes Programm. Der Berliner nimmt sowohl die 24 Stunden von Le Mans als auch den Langstreckenklassiker in der Eifel in Angriff. Im Gespräch mit SportsCar-Info spricht der Werkspilot über anstehende und bereits absolvierte Aufgaben. „Am Ende des Tages wollen wir alle das Rennen beenden“, urteilt Mücke über die aktuelle Debatte auf dem Nürburgring.

SportsCar-Info: In Silverstone und Spa-Francorchamps fuhr Aston Martin nahezu dauerhaft hinter Porsche und Ferrari. Woran lag das, zumal Porsche ein Zusatzgewicht von 25 Kilogramm aufgebrummt wurde und der Vantage V8 GTE 15 Kilogramm leichter wurde.

Mücke: Hauptsächlich war das Problem beim Rennen in Spa, dass unsere Benzinkapazität nicht ausgereicht hat, um mit fünf Stopps durchs Rennen zu fahren. Wir haben diesen zwar vorgezogen, aber dennoch hatten wir einen Stopp mehr als alle anderen. Das hat uns im Endeffekt eine Podiumsplatzierung gekostet.

Die 15 Kilogramm helfen uns ein bisschen. Zudem hat man gesehen, dass Porsche etwas langsamer geworden ist. Ähnliches haben wir aber auch im letzten Jahr von Porsche in Spa gesehen und in Le Mans sind sie auf der Geraden allen davon gefahren. Da steckt noch mehr in petto.

SportsCar-Info: Wie oft pendeln Sie zwischen Deutschland und England? Beziehungsweise wie sehr sind Sie als Werksfahrer in die Entwicklung des Autos involviert?

Mücke: Im Gegensatz zum letzten Jahr haben wir nur ein paar Kleinigkeiten am Auto verändert, deshalb stagniert derzeit die Entwicklung. Aber sobald ein neues Fahrzeug entwickelt wird, sind wir mit dabei. In England selber spielt sich nicht viel ab. Das Auto wird zwar dort entwickelt und gebaut, aber im Endeffekt spielt sich das ganze auf den Rennstrecken dieser Welt ab. Man ist mit den Ingenieuren zwar im ständigen Kontakt, aber hauptsächlich entwickelt man das Auto auf der Rennstrecke.

SportsCar-Info: Beim zweiten Lauf in Spa-Francorchamps teilten Sie sich das Cockpit mit Darren Turner und Bruno Senna. Inwieweit unterscheidet sich die Lenkarbeit, wenn man als Fahrer nur einen statt zwei Kollegen an seiner Seite hat?

Mücke: Zu zweit ist es schon besser, da man mehr Fahrtzeit hat. Vor allem im freien Training arbeitet man effektiver. Demzufolge hat man auch mehr Zeit, um am Setup zu arbeiten. Beim 24-Stunden-Rennen fahren wir zu dritt. Natürlich ist es mit nur zwei Piloten anstrengender, aber man arbeitet besser auf das Rennen hin und bekommt das Auto schneller in den Griff. Demnach muss man nicht darauf achten, dass jeder gleichmäßig viel Zeit im Auto verbringt, sondern kann die Zeit für arbeiten am Auto investieren.

SportsCar-Info: Neben den 24 Stunden von Le Mans haben Sie auch bereits den Langstreckenklassiker auf dem Nürburgring absolviert. Welches Rennen favorisieren Sie?

Mücke: Natürlich ist Le Mans für jeden Rennfahrer der absolute Höhepunkt, weil es weltweit das bekannteste Langstreckenrennen ist, das hat für mich Priorität. Aber man kann beides nicht miteinander vergleichen, denn auch der Nürburgring hat ein ähnliches Niveau. In Le Mans hat man zwar die Prototypen und die GT-Fahrzeuge, aber hier findet man zweihundert Autos in unterschiedlichsten Klassen vor. 

Dazu kommt eine Strecke, die es absolut in sich hat. Das ist jedes Mal eine absolute Herausforderung. Auch der Verkehr fordert einen jedes Mal aufs Neue heraus. Vom Schwierigkeitsgrad her ist das Rennen am Nürburgring definitiv schwieriger. Für mich selber würde ich das Rennen jedoch auf ein ähnliches Niveau setzen.

SportsCar-Info: Wie sehr unterscheidet sich ein GTE-Fahrzeug von einem GT3-Boliden? Können Sie sofort ins Auto steigen und nahtlos zum Geschehen übergreifen oder bedarf es eine Zeit der Eingewöhnung?

Mücke: Es fühlt sich zwar anders an, aber im Endeffekt ist es auch nur ein Rennwagen mit vier Rädern und einem Lenkrad. Spätestens am Ende der Boxengasse weiß man, in welchem Auto man sitzt. Natürlich sind es zwei unterschiedliche Autos, ein Mal mit V8 und ein Mal mit V12. Auch die Aerodynamik und das Gewicht sind anders und der Fahrstil unterscheidet sich. Darauf muss man sich als Profifahrer eben auch einstellen.

SportsCar-Info: In der Formel 1 kamen sich die Fahrer in der Vergangenheit auch nach dem Rennen des öfteren in die Quere. Wie ist das Verhältnis zwischen den Piloten in der Langstrecken-WM, gibt es auch dort nach dem Rennen hitzige Diskussionen?

Mücke: Man hat ein gutes Verhältnis und kommt mit allen sehr gut klar. Natürlich haben wir auch hier Konkurrenten, zum Beispiel Porsche oder Ferrari. Aber man kennt sich über lange Jahre und respektiert sich gegenseitig. Im Zweikampf haben wir auch ein gutes und faires Verhältnis, was nicht unbedingt bedeutet, dass man für den anderen Platz macht. Aber im Zweikampf hat man den nötigen Respekt, was die Erfahrung und die Routine mit sich bringt.

SportsCar-Info: Beim vierten VLN-Lauf starten über zweihundert Fahrzeuge in unterschiedlichen Klassen. Ansonsten starten in der Langstrecken-WM und in Le Mans deutlich weniger Fahrzeuge, wobei die Kurse auch deutlich kürzer sind. Was liegt Ihnen besser?

Mücke: Es ist natürlich so, dass der Verkehr am Nürburgring eine ganz andere Perspektive darstellt als in der Langstrecken-WM. In der Langstrecken-WM kämpfen wir permanent Stoßstange an Stoßstange in unserer Klasse. Zwar haben wir den Verkehr mit den Prototypen und den Amateur-Fahrzeugen, aber ansonsten hält es sich in Grenzen. Ich kann mich nicht daran erinnern auf dem Nürburgring im Rennverlauf eine wirklich freie Runde gehabt zu haben.

Dabei möglichst gut und sicher durch den Verkehr zu kommen ist eine besondere Herausforderung, denn das zählt im Endeffekt. Am Ende des Tages wollen wir alle das Rennen beenden. Man muss immer mit Köpfchen fahren. Denn die Strecke ist unglaublich schmal. Es geht vielleicht zweimal gut, aber spätestens beim dritten Mal stehst du in der Mauer.

SportsCar-Info: Wo seht ihr euch in der diesjährigen Ausgabe des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring? Im letzten Jahr habt ihr in der Anfangsphase eine starke Leistung gezeigt. Seht ihr euch in diesem Jahr ähnlich gut aufgestellt?

Mücke: Dass das Auto im Trockenen so gut lag, hatten wir nicht erwartet, dass war ein positiver Schritt. Im Regen haben die Reifen nicht ganz so gut funktioniert. Natürlich wollen wir wieder vorne mitfahren, aber man muss ganz klar sagen, dass wir nur den vierten VLN-Lauf als Vorbereitung bestreiten. Andere haben da deutlich mehr Erfahrung.

Wir können nicht abschätzen, wo wir in diesem Jahr stehen. Natürliches wollen wir bei diesem wichtigen Rennen am Ende des Tages auf dem Podium stehen, aber dabei ist auch ankommen sehr wichtig. Wir hoffen, dass es trocken bleibt, denn bei solch einem langen Rennen hat man lieber konstantere Bedingungen als im letzten Jahr.