Nürburgring: Kauft HIG Capital die insolvente Rennstrecke?

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Kauft HIG Capital den insolventen Nürburgring? Die Investmentgesellschaft mit Sitz in Miami hat bereits sechs Vorratsgesellschaften ins Handelsregister eintragen lassen. Derweil warnt der Verein „Ja zum Nürburgring“ vor einer Heuschrecke und wendet sich in einem offenen Brief an die Ministerpräsidentin.

Augenscheinlich haben die Insolvenzverwalter einen Käufer für den Nürburgring gefunden. Nach Informationen der „Wirtschaftswoche“ beabsichtigt HIG Capital, die Traditionsstrecke in der Eifel nebst der Hotelanlagen und dem Erlebnispark zu erstehen. Die US-amerikanische Investmentgesellschaft meldete dem Bundeskartellamt den intendierten „Erwerb wesentlicher Vermögensteile“ der Nürburgring GmbH.

Nichtsdestoweniger sei das Auswahlverfahren noch nicht abgeschlossen. „Der Investorenprozess ist noch in vollem Gange. Das bedeutet: Es steht noch keine Entscheidung über einen oder mehrere neue Erwerber für den Nürburgring fest“, teilte ein Sprecher des Sachverwalters Jens Lieser dem Wirtschaftsmagazin mit, welcher ein Gebot in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags erwartet hatte. Die Offerte von HIG Capital beträgt hingegen nur zwischen 60 und 70 Millionen Euro.

Indes hat der Investor mit Sitz in Miami bereits sechs Vorratsgesellschaften gegründet und im Handelsregister eintragen lassen: Das Unternehmen teilt sich demnach in die NRGH Nürburgring Holding GmbH einerseits sowie eine Nürburgring GP GmbH, eine Nürburgring Nordschleife GmbH, eine Nürburgring Boulevard GmbH, eine Nürburgring Appartment GmbH sowie eine Nürburgring Hotel GmbH andererseits auf.

Verhandlungen zwischen Capricorn und Sebastian Vettel scheiterten

Darüber hinaus bekundet Automobilzulieferer Capricorn weiterhin Interesse, den insolventen Nürburgring zu erwerben. Um die finanziellen Mittel für den Kauf aufzubringen, trat das Unternehmen aus Düsseldorf gar mit Sebastian Vettel in Dialog. Die Verhandlungen mit dem vierfachen Formel-1-Weltmeister scheiterten jedoch. Die Insolvenzverwalter verfolgen fortan das Ziel, den Verkaufs bis zum Ende des Monats abzuschließen. 

Zu Wochenbeginn wendete sich wiederum die Bürgerinitiative „Ja zum Nürburgring“ in einem offenen Brief an die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Damit reagierte der Verein auf einen Bericht der „Rhein-Zeitung“, wonach das Investmentunternehmen HIG Capital mit einer Rendite von bis zu zwanzig Prozent spekuliert, was der Vorsitzende Otto Flimm als illusorisch erachtet. 

Bereits seit geraumer Zeit fordert „Ja zum Nürburgring“ den Stopp des Verkaufes. Im Januar hatte der Verein – wie auch der ADAC – eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt, weil das Bieterverfahren die Wettbewerbsverzerrung zementiere und potenzielle Investoren diskriminiere. Denn die Verantwortlichen hatten den ADAC ausgeschlossen, da der Automobilklub lediglich die Rennstrecke kaufen wollte. Die offizielle Stellungnahme lautete wiederum das Angebot sei zu niedrig gewesen. 

„Ja zum Nürburgring“ warnt vor Heuschrecken 

Die gemeinnützige Organisation lastet der Politik darum an, sich nicht dafür einzusetzen, die Zukunft des Nürburgrings langfristig zu sichern. „Unser Vorgehen in Brüssel hat der Landesregierung einmal mehr die Möglichkeit eröffnet, ihr bisheriges Versäumnis zu korrigieren und sich endlich zu dem unabdingbaren Erfordernis einer gemeinwohlorientierten Lösung für den Nürburgring zu bekennen“, heißt es in dem Schreiben an die SPD-Politikerin. 

Flimm befürchtet, es handele sich bei HIG Capital um eine Heuschrecke, deren Geschäftsmodell es ist, Unternehmen lediglich zu erstehen, um sie zu einem anderen Zeitpunkt gewinnbringend weiterzuverkaufen. „Was das bedeutet, dürfte Ihnen genauso klar sein wie uns: Der integrierte Betrieb des natürlichen Monopols der Sportstätte zusammen mit den Hotels- und Freizeitanlagen wird dazu verwendet, alle geschäftlichen Aktivitäten am Nürburgring allein auf Rendite zu trimmen“, fügt Flimm hinzu. 

Die Position des Geschäftsführer der sechs Gesellschaften hat Meyrick Cox inne, welcher zu den Co-Investoren von HIG Capital gehört. Seine Referenzen: Er wurde von den Investmentbanken Goldman Sachs, Rothschild und Moelis in führenden Funktionen eingesetzt. Ferner beriet Cox bei der Übernahme des Herstellers Volvo durch den chinesischen Konzern Geely. Als zweiter Co-Investor tritt Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff auf, welcher sich für den Bau des Rundkurses am Bilster Berg verantwortlich zeichnete.