Auf dem Slovakiaring bestritt das ADAC GT Masters in diesem Jahr seinen hundertsten Wertungslauf. Hat sich das Championat drei Dekaden nach dem DRM-Aus als nationale Grande-Touring-Serie in Deutschland etabliert? SportsCar-Info zieht im Anschluss an die siebente Saison eine Zwischenbilanz.
Zwei Dezennien nach dem Ende der DRM-Ära startete im Juni 2007 auf dem Nürburgring das ADAC GT Masters in seine Debütsaison. Mittlerweile hat sich das Championat gleichsam als nationale GT-Meisterschaft etabliert; auf dem Slovakiaring fand diesen Sommer das hundertste Rennen statt. SportsCar-Info zieht nach der siebenten Saison eine Zwischenbilanz. Was hat sich bewährt? Wo besteht Spielraum zur Verbesserung?
Positiv: Ausgewogenes Kräfteverhältnis, nervenaufreibender Titelkampf
Bereits im letzten Jahr rangen bei der Finalrunde in Hockenheim noch sieben Fahrer um den Meistertitel, doch in der zurückliegenden Saison zählten im Badischen Motodrom gar elf Akteure zum Kreis der Aspiranten auf die Krone des deutschen GT-Sports. Dem ADAC und dem DMSB ist es zweifelsohne geglückt, das Kräfteverhältnis zwischen den Protagonisten auszubalancieren und eine immense Leistungsdichte zu schaffen.
Oftmals klassieren sich schon in den Sitzungen am Trainingsfreitag die flottesten Zwanzig innerhalb von nur einer Sekunde. Die Siegerstatistik untermauert besagte Konstellation nochmals: Neun verschiedene Besatzungen und sechs Hersteller-Delegationen gewannen einen der diesjährigen GT-Masters-Läufe. Selbst die Tabellenführung wechselte im Laufe der Saison neunmal zwischen zwanzig unterschiedlichen Pilotenpaarungen.
Negativ: Dominanz deutscher Hersteller, Rückgang der Exoten
Wenngleich eine flache Hierarchie im GT-Masters-Championat herrscht, deutet sich nichtsdestoweniger eine Dominanz des deutschen Herstellerquartetts an – Audi, BMW, Mercedes-Benz und Porsche bestimmen nebst Corvette-Repräsentant Callaway Competition die Marschroute. Einzig Lambda Performance war mit dem Ford GT in der Lage, den fünf Konstrukteuren gelegentlich Paroli zu bieten. Dennoch zeichnet sich ein Rückgang exotischer Supersportwagen in der deutschen GT-Meisterschaft ab.
Während die Lamborghini-Fraktion bisweilen über die Reifenproblematik klagt, sind McLaren, Nissan und Ferrari schlichtweg nicht konkurrenzfähig. Inwieweit der Camaro im kommenden Jahr Nadelstiche setzen kann, bleibt abzuwarten. An dieser Stelle sollten die Regelhüter im Zuge der Balance of Performance Zugeständnisse machen, um womöglich drohende DTM-Verhältnisse abzuwenden. In der BES-Meisterschaft sind beispielsweise auch Fahrzeuge anderer Hersteller siegfähig.
Positiv: Wahl der Strecken
Die Wahl der Austragungsorte wird dagegen seitens der Anhänger weitgehend goutiert. Der Terminkalender bietet eine harmonische Mischung aus sämtlichen permanenten Rennstrecken in Deutschland – einschließlich des Sachsenrings – sowie einigen Gastspielen jenseits der Grenzen der Republik. Ein Auftritt auf einem Stadtkurs bleibt den GT-Masters-Athleten allerdings verwehrt, weil es vor einigen Jahren Streitigkeiten mit den DTM-Veranstaltern gab.
Negativ: Langweiliges Rahmenprogramm
Die Darbietungen an der Strecke selbst sind wiederum spröde, fad – ja, schier langweilig. Das triste Rahmenprogramm trägt nur bedingt zur Unterhaltung auf den Rängen bei, sofern sich denn einige Schaulustige auf die Tribünen verirrt haben. Zwar bieten die Formel-Wettbewerbe zumeist ereignisreichen Sport, aber die Rennen der geschrumpften Procar-Starterfelder gleichen in der Regel einer Prozession.
Positiv: Adäquate Fernsehübertragung
Obwohl das Privatfernsehen sich nicht unbedingt damit rühmen kann, die Bildungslücken seines Publikums zu schließen, hat der Münchner Sender kabel eins dennoch eine adäquate Fernsehübertragung der deutschen GT-Meisterschaft auf die Beine gestellt. Sportwagen-Experte Patrick Simon beweist bereits regelmäßig bei der VLN-Langstreckenmeisterschaft seine Fertigkeiten als Streckensprecher, welche der Wiesbadener auch als GT-Masters-Kommentator zum Besten gibt.
Zwar hegten Kritiker in Sportwagen-Kreisen im Vorfeld Zweifel, ob Jacques Schulze über das erforderliche Fachwissen verfügt, um die GT-Masters-Ereignisse zu kommentieren. Aber bis dato leistete sich der Sportjournalist aus Heidelberg – im Gegensatz zu seinen RTL-Kollegen – keinerlei gravierende Schnitzer, sondern stellt gezielt Fragen an Simon, die insbesondere für neue Zuschauer von Interesse sein könnten.
Negativ: Zeitfahren am Freitag, triste Renntage
An die Schauplätze der deutschen GT-Meisterschaft zieht es angesichts des Ablaufes der Drei-Tages-Veranstaltungen wiederum wenige Sportwagen-Liebhaber. Denn die Trainingssitzungen sowie die Qualifikationen finden am Freitag statt, weshalb das Programm am Samstag und Sonntag sich auf jeweils einen einstündigen Wertungslauf und ein langweiliges Rahmenprogramm beschränken. Eine weite Anreise lohnt sich daher nur bedingt.
Eine Alternative wäre, die Rennwochenenden auf eine Zwei-Tages-Veranstaltung zu reduzieren, falls der ADAC sein Masters-Paket beibehalten möchte und das Rahmenprogramm nicht aufwerten kann. Die Wertungsläufe könnten entweder zu einem Zwei-Stunden-Rennen zusammengefügt werden oder unmittelbar hintereinander gestartet werden – ähnlich der Tourenwagen-Weltmeisterschaft.
Positiv: Engagement in sozialen Netzwerken
Gleichermaßen vorbildlich wie fortschrittlich ist die Öffentlichkeitsarbeit des ADAC. Sowohl während der Rennwochenenden als auch zwischen den Veranstaltungen beliefert die Presseabteilungen Interessierte sowie Journalisten mit Nachrichten und Bildmaterial – obendrein zeitnah. Das kann nicht jede Serie von sich behaupten. Ferner engagiert sich der ADAC ebenso in sozialen Netzwerken, was mittlerweile enorm an Wichtigkeit gewonnen hat, um seinen Bekanntheitsgrad zu steigern. Die Facebook-Seite des GT-Masters-Wettbewerbs hat inzwischen über 30 000 Gefällt-mir-Angaben. Tendenz steigend.
Negativ: Zu hohe Eintrittspreise
Weniger zuschauerfreundlich sind wiederum die Eintrittspreise zu den Masters-Wochenenden. Die Tageskarte mit Zugang zu den Tribünen kostet zwanzig Euro. Wer die Rennen an beiden Veranstaltungstagen vor Ort verfolgen möchte, muss gar dreißig Euro bezahlen. Selbst bei den Testtagen in der Motorsport-Arena Oschersleben betrug der Eintrittspreis fünf Euro. Zum Vergleich: Der Eintritt bei den nationalen GT-Rennen auf den benachbarten Benelux-Strecken ist oftmals kostenlos – auch die World Series by Renault verschenkt ihre Karten im Vorfeld.