Nachgefragt bei Kai Riemer: „Sehe Entwicklungen positiv“

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Kai Riemer war 2012 Mitglied der Dörr-McLaren-Mannschaft in der VLN und der erste Fahrer, der Führungsluft im britischen Sportler genießen konnte. Mit SportsCar-Info sprach er über seine Wurzeln im Rennsport und gibt einen kleinen Ausblick auf die Zukunft.

Von der Rallye über diverse Markenpokale auf die Nordschleife: Kai Riemer hat umfangreiche Erfahrungen im Motorsport gesammelt, bevor er im vergangenen Jahr bei Dörr die Chance bekam, Rennen im damals brandneuen McLaren MP4-12 GT3 zu fahren. Er war es dann auch, der im britischen Renner aus der ersten Startreihe ins Rennen gehen durfte und die ersten Führungsrunden des Neulings auf der Nordschleife bestritt. Nach einem erlebnisreichen Jahr wird Riemer in der kommenden Saison ein neues Kapitel aufschlagen.

SportsCar-Info: „Kai, Dein Name tauchte in den letzten Jahren immer wieder in der VLN auf. Aber wie hat bei Dir in Sachen Motorsport alles angefangen?“

Kai Riemer: „Eigentlich bin ich ein ‚Rallye-Kind‘! Sowohl mein Vater, Ende der Fünfziger bis Anfang der Siebziger im Rallyesport aktiv, als auch meine Mutter, die meist seine Co-Pilotin war, waren für mich der Zündfunke, ebenfalls Motorsport zu betreiben. An den vielen Bildern und Pokalen im Keller kommt man halt nicht ohne Folgen vorbei. Erste Erfahrungen habe ich Anfang der Neunziger in der ADAC-Rallye-Schule gesammelt. Leider war es schon zu dieser Zeit extrem schwierig, Sponsoren für den Rallye-Sport zu finden. So bin ich auf die Rundstrecke gewechselt und habe mich 1991 parallel zur ADAC-Rennsport-Schule angemeldet. Mit dem Abschluss ‚Förderungswürdiges ADAC-Top-Talent‘, wie das damals hieß, startete ich 1992 in meine erste Saison RENAULT-elf-Clio-Cup. Gefördert durch den AMC Diepholz, Club und Ausrichter des Flugplatzrennens Diepholz, folgten verschiedene Markenpokale, zum Beispiel Porsche, Mégane, Beetle und Mini bis hoch zur Deutschen Tourenwagen-Challenge. Beruflich bedingt, starte ich seit zirka 2006 auf der Nordschleife im Rahmen der VLN.“

SportsCar-Info: „Die letzte Saison mit McLaren war sicher aufregend. Vor allem die Führungsrunden bleiben bestimmt ewig in Erinnerung. Wie hast Du Dich inmitten der Top-Teams und -Fahrer, die zum Teil werksunterstützt sind, gefühlt?“

Kai Riemer: „Sicher war die Saison mit den vielen Unfällen und technischen, ich nenne sie immer vorsichtig,  ‚Hürden‘ aus Fahrersicht nicht einfach und optimal. Aber mit dem Bewusstsein, dass das erste Jahr viel Entwicklung bedeutet, sind wir Anfang 2012 gestartet. Es erfordert viel Erfahrung und Gelassenheit, sich auf dieser Basis immer wieder neu zu motivieren. Persönlich betrachtet, bin ich natürlich stolz, dass ich das Potential des Autos mit der ersten Startreihe und den ersten Führungskilometer zeigen konnte. Das ich einen Thomas Jäger im Mercedes oder einen Romain Dumas im Porsche, mit Entwicklungsreifen bestückt, auf Dauer nicht halten kann, war abzusehen. Aber trotzdem habe ich die freie Sicht und gute Luft dort vorne extrem genossen!“

SportsCar-Info: „2011 hast Du mit Deinem Partner Rodney Forbes vier Siege in der Porsche-Cup-Klasse eingefahren und dabei unter anderem ausgewiesene Porsche-Spezialisten wie Martin Ragginger oder Norbert Siedler geschlagen. Wäre eine Rückkehr in den Cup eine Alternative für Dich?“

Kai Riemer: „Seit über 20 Jahren bin ich im Rennsport aktiv, davon bisher zwölf in Markenpokalen oder Cup-Klassen. Mich begeistert diese Art von Motorsport und ist daher für mich mehr als eine Alternative. Alle Protagonisten treten mit gleichem Material an. Der Zweikampf ist ehrlicher, die Erfolge schmecken noch besser! Außerdem bieten Einheitsklassen Außenstehenden bessere Aussagen über das Potential eines Fahrers. Für mich waren die beiden Cup-Jahre bei Weiland (Anm. d. Red.: 2010/2011) unter Anderem Türöffner in den McLaren. Dörr war in dieser Zeit mit BMW in der gleichen Box. Ende 2011 sprach man mich an.“

SportsCar-Info: „Die VLN entwickelt sich immer mehr zu einer professionellen Rennserie. Siehst Du die Entwicklung auch als Privatfahrer positiv, oder besteht die Gefahr bei den ganzen großen Namen trotz guter Leistungen in der Masse zu verschwinden?“

Kai Riemer: „Grundsätzlich sehe ich sowohl die bekannten Piloten als auch die GT3-Klasse für den Sport und die Entwicklung der VLN positiv. Zuschauerzahlen steigen, Medien sind interessierter, was uns Privaten, inklusive deren Sponsoren, wiederum natürlich hilft. Wie schon gesagt, die Ergebnisse sind für uns private wertvoller. Einige Kollegen hatten mich vorher nie auf der Liste, nach dem letzten Sommer schon. Aber ich kann auch die geführten Diskussionen nachvollziehen, dass zu tief dringende Werksengagements beziehungsweise -unterstützungen den Wettbewerb verzerren könnten und den privaten Teams, auch in der GT3-Klasse, die Luft zum Überleben nehmen. Die VLN hat sich aus Amateuren für Amateure entwickelt. Daher glaube ich auch, dass gerade die Sponsorensuche von Fahrern oder Teams noch schwieriger geworden ist und viele Geldgeber mit dem Wissen erst Richtung Podest zu kommen, wenn die werksunterstütze Mannschaft strandet, über ihre freien Budgets entscheiden.“

SportsCar-Info: „Und zum Schluss: Wie sieht Deine Planung für die Zukunft aus?“

Kai Riemer: „Leider konnte ich mich mit Dörr Motorsport nicht für einen gemeinsamen Einsatz auf einem McLaren in der kommenden VLN-Saison einigen. Daher geht es 2013 etwas ‚back to the roots‘. Aber schon in einer Klasse, in welcher sich auch um den Gesamtsieg kämpfen lässt. Und bei der derzeitig geplanten Fahrerkonstellation bin ich schon jetzt auf vereinzelte Gesichter gespannt. Sobald die Unterschrift trocken ist, gibt es seitens des Teams sicher eine Pressemitteilung. Auch das 24-Stunden-Rennen habe ich fest im Visier, jedoch ist hier noch alles offen! Ich bin in der glücklichen Lage guter, bestehender Partnerschaften, die bereit sind, mit mir an einem Strang zu ziehen und die sich mit mir für den Weg mit dem größtmöglichen, sportlichen Erfolg entscheiden. Also schaue ich vorwärts und bin gespannt auf das, was kommt. Auch anderen Rennstrecken werde ich nicht fernbleiben. Meine Motorsport-Workshops und -Coachings sind schon jetzt gut nachgefragt. Spätestens 2014 möchte ich jedoch noch einmal in eine GT3-Klasse. Am liebsten in der VLN, nachdem ich meine Leistung auch in dieser starken Klasse bestätigen konnte. Über Weihnachten hatte ich ein tolles Angebot auf einer bayerischen Marke, vielleicht ergibt sich dies für 2014 nochmals.“