Nürburgring, die Zweite: Klassenprimus Porsche im Kreuzfeuer

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Die GT-Masters-Gemeinde ist erneut zu Gast in der Vulkaneifel. Infolge der Porsche-Dominanz kann Tabellenführer Christian Engelhart den Titel auf dem Nürburgring bereits unter Dach und Fach bringen. Doch die Verfolger von Mercedes-Benz, Corvette und Alpina haben den Schütz-Piloten im Fadenkreuz.

Unlängst ist eine kontroverse Debatte um die Einstufungen der Balance of Performance entflammt, nachdem die dominante Porsche-Fraktion zuletzt vier Rennsiege en suite errang. Seither ertönt aus allen Ecken Kritik an den Fahrzeuganpassungen. Mittlerweile haben die Regelhüter auf das unausgewogene Kräfteverhältnis reagiert, deshalb müssen sämtliche Neunelfer beim zweiten Gastspiel am Fuße der Nürburg jeweils 25 Kilogramm Zusatzballast mit an Bord nehmen.

Damit sind die Weichen für den Titelkampf gestellt. Schütz-Motorsport-Pilot Christian Engelhart, der letzthin im Stechschritt die Tabellenführung eroberte, zementierte in der Niederlausitz abermals seine Favoritenstellung. Nichtsdestotrotz wähnt sich der Spitzenreiter keineswegs in Sicherheit: „Es wird für uns kein einfaches Wochenende“, analysiert Engelhart die Konstellation. „Ich sehe vor allem die Mercedes-Benz, aber auch Corvette und BMW-Alpina vorn. Sollte es allerdings regnen, haben wir mit unserem traktionsstarken Porsche gute Chancen.“ 

Bereits im Juli startete der GT-Tross auf dem Nürburgring. Allerdings nahmen die Protagonisten im Sommer lediglich die Sprintvariante des Traditionskurses unter die Räder. Am kommenden Wochenende wird hingegen die Grand-Prix-Strecke befahren. Zu den ärgsten Verfolgern im Rennen um die Meisterschaft avancierten sich seitdem Sebastian Asch und Maximilian Götz (MS-Racing-Mercedes), die sich beim ersten Auftritt in der Vulkaneifel zweimal die Poleposition sicherten. 

Allerdings fehlen den Sternenkriegern gegenwärtig 25 Zähler auf Tabellenführer Engelhart. Knüpfen Asch und Götz aber an die Leistung vom Lausitzring an, hat das Mercedes-Benz-Gespann realistische Erfolgsaussichten, auf den Zuffenhausener Kontrahenten aufzuschließen. Bei diesem Unternehmen spiele die Qualifikation eine Schlüsselrolle, mutmaßt Götz:. „Ausschlaggebend wird das Qualifying sein. Wenn uns dort wieder ein gutes Ergebnis gelingt, haben wir alle Chancen, Punkte auf die Gegner gutzumachen.“ 

Callaway will Revanche nehmen 

Unterdessen haben die Titelverteidiger Dino Lunardi und Maxime Martin (Alpina) den Anschluss an die Spitze sukzessive verloren, da das französisch-belgische Duo in den letzen vier Wertungsläufen keinerlei Punkte sammelte. Aber noch befinden sich die Kutscher des froschgrünen B6-Brummers nicht auf aussichtslosem Posten. Schließlich erklomm das Alpina-Ensemble auf dem Nürburgring erstmals in diesem Jahr den Gipfel der Punktewertung. 

Auf Revanche sinnen wiederum Daniel Keilwitz und Diego Alessi (Callaway-Corvette), die beim letzten Nürburgring-Halt Schiffbruch erlitten, zwei Nullnummern landeten und die Meisterschaftsführung verloren. Die Pechsträhne fand in Zeltweg ihre Fortsetzung. Zwar sammelte die Callaway-Equipe wertvolle Punkte im ersten Durchgang, doch strandete am Sonntag – in Führung liegend – mit einem Motorschaden. Auf dem Lausitzring rehabilitierte sich die Truppe mit einem Podiumsrang. 

In der Tabelle liegen die Corvette-Schützlinge mit 29 Zählern Rückstand noch vor den amtierenden Meistern aus dem Hause Alpina. Zumal Keilwitz und Alessi noch längst nicht resigniert haben. „Der Titelkampf ist noch vollkommen offen, denn bei 25 Punkten, die es im ADAC GT Masters für den Sieg gibt, ist ein Vorsprung von 29 Punkten auch schnell wieder verloren“, erinnert Keilwitz. „Diese Erfahrung mussten wir in dieser Saison auch schon einmal machen. Und gerade am Nürburgring dürften es die Porsche-Teams schwer haben, denn die haben nach ihren Erfolgen in den vorherigen Rennen nun einiges an Ballast an Bord.“

Sein Stallgefährte Andreas Wirth muss am kommenden Wochenende dagegen aus gesundheitlichen Gründen pausieren, deshalb wird ihn der Niederländer Henry Zumbrink vertreten und das Steuer der Buchbinder-Corvette mit Heinz-Harald Frentzen teilen. Wirth fühle sich infolge seines Unfall auf dem Lausitzring noch nicht einsatzfähig, und sein Arzt habe ihm ebenfalls ein Startverbot erteilt. 

Stippler verstärkt Audi-Kader, Schubert visiert Podium an 

Mit Rückenwind reist die Prosperia-Audi-Mannschaft in die Eifel, welche im Sonntagsrennen auf dem Lausitzring brillieren konnte. „Es ist die Strecke, die ich am besten kenne und auf der ich am meisten gefahren bin. Langsam ist für mich und mein Team Prosperia UHC Speed mal eine Belohnung fällig“, lautet die Kampfansage von Christopher Mies, der abwechselnd mit Edwards Sandström ins Lenkrad greift. 

Bekanntlich steckt der Audi-Sektor bisweilen im Mittelfeld der Tabelle fest. Sowohl die Fahrerpaarung Mies und Sandström als auch ihre Kumpanen Christian Abt und Carsten Tilke kämpfen um den Anschluss. Eine lässlich bessere Figur gaben die Mamerow-Markenkollegen ab, welche somit die Ingolstädter Speerspitze bilden. Allerdings wurde im Hause Mamerow Personal ausgetauscht. Denn Frank Stippler vertritt in der Eifel den designierten Porsche-Supercup-Meister René Rast an der Seite von Christian Mamerow. Denn zeitgleich findet der Carrera-Cup in Oschersleben statt.

Im Gegensatz zum Audi-Lager blieb das Schubert-Ensemble im Laufe der Saison in Schlagdistanz zur Spitzengruppe. Ergo haben Dominik Schwager und Claudia Hürtgen noch theoretische Chancen, um den Titel zu kämpfen – zumindest unter trockenen Bedingungen, denn im Regen strauchelte der BMW Z4 beim letzten Nürburgring-Auftritt. Hürtgen schätzt die Situation jedoch realistisch ein: „Das Ziel bleibt: Für den Rest der Saison haben wir uns vorgenommen, noch einmal aufs Podium zu fahren.“

Das Vier-Wagen-Gespann von Heico Motorsport bestätigte in Brandenburg indes eine steigende Formkurve. Dementsprechend optimistische Stimmung herrscht bei dem Wiesbadener Rennstall. „Die lange Streckenvariante sollte unserem Polarweiss-Mercedes sehr entgegenkommen“, prognostiziert Lance David Arnold. „Wir fahren nun im Gegensatz zum ersten Rennen im Juli durch zwei weitere sehr schöne und flüssige Kurvenkombinationen und diese Variante passt optimal zu der guten Aerodynamik unseres Mercedes.“

Gleichwohl werden auch am Fuße der Nürburg neuerlich die Neunelfer in die Favoritenrollen schlüpfen. Bei noch hundert zu vergebenen Punkten könnte selbst Robert Renauer (Herbert Motorsport), sich noch in den Titelkampf einmischen. Ausschließlich hypothetische Chancen hat dagegen Nick Tandy, welcher als Partner von Engelhart den letzten Trip in die Eifel ausließ und 18 Zähler weniger auf dem Punktekonto verbucht. Ohnehin werden sämtliche Porsche-Schützlinge den Erfolgskurs halten wollen – dies gilt auch für das aus dem Ferrari-Sektor übergelaufene Farnbacher-Duo Niclas Kentenich und Mario Farnbacher.

Aston Martin bläst zur Schlussoffensive

Eine verkorkste Saison liegt hinter den Stuck-Brüdern Johannes und Ferdinand. Doch noch sind die die Österreicher willens, während der letzten Läufe Wundheilung zu betreiben. Deshalb unterzog die Young-Driver-Truppe den Aston Martin nochmals einem intensiven Testprogramm. Immerhin kämpft Kristian Poulsen, welcher sich die Lenkradarbeit mit Christoffer Nygaard aufteilt, noch mit Swen Dolenc (Fach-Auto-Porsche) um den Amateurtitel. Derzeit trennen die Konkurrenten 24 Punkte. 

Andere Ambitionen hegt Yaco Racing. Nachdem Ungereimtheiten am Motor des Camaro GT behoben werden konnte, strebt die Truppe auf dem Nürburgring den Sprung unter die besten Zwanzig an. Allerdings rollt nur eines der amerikanischen PS-Monster an den Start, das Maximilian Sandritter und Philip Geipel pilotieren.

„Wir haben zwischen den letzten Rennen unsere Hausaufgaben gemacht und freuen uns auf das Rennen auf dem Nürburgring“, fasst Teamchef Uwe Geipel zusammen. „Am Lausitzring haben wir den Sprung in die Top-20 nur knapp verpasst, dies sollte uns am Nürburgring gelingen. Die lange Strecke wird unserem Camaro besser liegen als die kurze Variante im Sommer, auf der Grand-Prix-Strecke kann der Camaro seine Muskeln spielen lassen. Die Probleme, die wir zuletzt mit den Motoren hatten, konnte unser Motorenlieferant aussortieren.“ 

Lamborghini und Nissan erteilen Absage, Ford pausiert 

Überdies hagelte es vor dem zweiten Abstecher an den Ring Absagen en masse. Angesichts einiger Querelen hinsichtlich der Balance of Performance zogen sich die Lamborghini-Rennställe Reiter Engineering und Grasser Racing zurück. Damit bleibt dem GT-Masters-Championat lediglich Leipert Motorsport als Gallardo-Delegation erhalten. 

Ferner wechselte Schulze Motorsport mit dem Nissan GT-R in die VLN, da das Rennfahrzeug aufgrund zu geringer Motorleistung nicht konkurrenzfähig sei. Die Truppe von Lambda Performance setzt wiederum nur die Meisterschaftsrunde auf dem Nürburgring aus, um diverse Ungereimtheiten am Motor des Ford GT zu sondieren. Allerdings kehrt die Wiesbadener Mannschaft zum Saisonfinale auf dem Hockenheimring zurück.