GT3: Es steht etwas am Ufer

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Fast schon traditionell dürfen zu Beginn jeder Saison neue GT3-Modelle in der Sportwagenwelt begrüßt werden. Auch 2011 stehen wieder einige neue Boliden in den Startlöchern, die darauf brennen, in die Punkte gefahren zu werden.

Die GT3-Klasse hat sich mittlerweile als erfolgreichste GT-Klasse aller Zeiten herauskristallisiert. Mit den neuen Projekten wird die Gesamtzahl aller jemals homologierter GT3-Fahrzeuge die dreißiger Marke knacken. Während in der FIA-GT3-Europameisterschaft nur die neuesten Modelle konkurrenzfähig sind, finden die betagteren Boliden in nationalen Serien und der neuen Blancpain Endurance Series ihre Spielwiesen. Die neuesten Kreationen werden die GT3 noch bunter werden lassen, denn es sind Fahrzeuge von Herstellern dabei, die bislang noch nicht in dieser Klasse Fuß gefasst haben.

Der erste Vertreter der neuesten GT3-Generation ist jedoch ein alter Bekannter. Hans Reiter hat dem Lamborghini Gallardo LP560 GT3 auf die Sprünge geholfen. Das bisherige Manko von angeblich zu wenig Leistung sollte mit nun 600 PS im neuen Gallardo LP600 GT3 ein Fall für die Geschichtsbücher sein. Der 5,2-Liter-V10-Motor entstammt auch nicht mehr, wie alle bisherigen GT3-Motoren aus dem Hause Reiter, der Serie, sondern ist ein echtes Rennaggregat. Auch an der Aerodynamik wurde gefeilt, sodass sich die Fahrer nicht mehr über mangelnden Topspeed beklagen sollten. Die Flunder beeindruckte bereits in der Wüste von Dubai beim dortigen 24-Stunden-Rennen mit überlegenen Bestzeiten in den Trainings.

Ein ganz neues Fahrzeug schickt hingegen Ferrari auf die Rennstrecken. Mit 570 PS will sich der 458 auf die Spuren seines Vorgängers F430 GT3 Scuderia begeben, der regelmäßig die besten Topspeedwerte erzielte. Beeindruckend ist zudem, dass diese Leistung aus gerade einmal 4,5 Liter Hubraum ohne Aufladung gewonnen wird. Mit nur 1.100 Kilogramm angestrebtem Einstufungsgewicht (was jedoch angesichts der BOP-Tests stark bezweifelt werden darf) dürfte der Ferrari zudem als einer der leichtesten Vertreter in der GT3-Szene die Gegner auf kurvigen Strecken schwindelig fahren.

Am anderen Ende der Gewichtsskala rangiert die erste Flügelkreation aus Affalterbach. Mit dem Mercedes SLS AMG GT3 wagt sich das Aushängeschild der deutschen Automobilindustrie erstmals in den Kundenrennsport. Der SLS wurde bereits ausgiebig in der VLN getestet und hat somit seine Feuertaufe schon hinter sich. Mit 600 PS und 1.400 Kilogramm strebt man hier Siege auf schnellen Strecken an. Zudem sollte das enorme Drehmoment aus dem 6,3 Liter großen V8-Motor für einen ordentlichen Schub aus engen Kurven heraus sorgen.

Diese drei Rennwagen wird man in der kommenden Saison auf jeden Fall zu Gesicht bekommen. Hinter den nun folgenden Projekten stehen allerdings noch Fragezeichen. Mit einem Kampfpreis von nur 188.500 Euro, wofür man nicht einmal einen halben SLS GT3 bekommen würde, versucht SaReNi United das amerikanische Muscle-Car fit für die europäischen Rennstrecken zu machen. 580 PS aus 6,2 Liter Hubraum, über 2 Meter Breite und ein Paddle-Shift-System sprechen jedenfalls eine deutliche Sprache. Sollte der Camaro wirklich homologiert werden, könnte dieser Kampfpreis der bisherigen Entwicklung zu immer teureren GT3-Fahrzeugen ein jähes Ende setzen.

Gegenüber einem japanischen Projekt dürfte der Camaro jedoch als vergleichsweise sicher gelten. Angeblich arbeitet Nissan-Werkstuner Nismo an einer GT3-Variante des GT-R. Dieser startet bereits mit einem 5,5-Liter-V8-Motor in der GT1, doch für die GT3 scheidet diese Variante aus, so dass hier mit einem verbesserten 3,8-Liter-V6-Biturbo aus der Serie zu rechnen ist. Der GT-R wäre das erste GT3-Fahrzeug mit Aufladung. Wie dieses in die Saugmotor-Fraktion integriert werden soll, ist noch ungewiss.

Gewiss ist dagegen, dass die neuen GT3-Modelle der eingesessenen Konkurrenz tüchtig einheizen werden. Diese reagiert bereits mit Verbesserungen an den bestehenden Fahrzeugen und wird sich daher vor den Neukreationen nicht verstecken müssen. Hingegen wieder unsicher ist noch die Einstufung der verschiedenen Fahrzeuge. Die FIA wird bei den BoP-Tests sicherlich noch an der einen oder anderen Stellschraube bei den Fahrzeugen drehen. Ob man wirklich mit 600 PS, also einer Leistung, die den GT1-Boliden alle Ehre macht, antreten wird, darf bezweifelt werden. Die bereits bunte GT3-Klasse wird durch die neuen Fahrzeuge jedenfalls noch interessanter werden. Falls die GT1 tatsächlich noch Probleme bekommen sollte, kann die GT3-Klasse als Stéphane Ratels Rettungsanker betrachtet werden. Und bereits jetzt ist klar, dass der Erfolg weitergehen wird: McLaren hat für 2012 bereits eine GT3-Variante des MP4/12 angekündigt. Somit darf man zuversichtlich sein, dass die erfolgreichste GT-Klasse aller Zeiten bald auch die vierziger Marke knacken wird.