Wer obsiegt bei der Machtprobe in Le Mans? Auch die SportsCar-Info-Redaktion wagt eine Prognose. Hoch im Kurs bei der Autorenschaften: Nicht die VAG-Schwestern Porsche und Audi, sondern Geheimtipp Toyota. Zudem befinden sich die Privatiers in verheißungsvoller Position, das Gesamtpodium zu erklimmen.
Maximilian Graf: Im Brennpunkt rivalisieren abermals Audi und Porsche um die Vorrangstellung auf dem Königsweg des Langstreckensports. Doch welche der beiden VAG-Töchter erringt an diesem Wochenende eine der drei Kronen des Motorsports? Die Resultate der bisherigen Begegnungen vermochten das innerbetriebliche Kräfteverhältnis mitnichten zu entwirren. Beide Werksmannschaften feierten einen Laufsieg.
Der Eindruck eines Außenstehenden: In puncto Geschwindigkeit befindet sich Porsche offenbar weiterhin in vorteilhafter Position, zumindest deuteten die Aufritte in Silverstone und Spa-Francorchamps dies an. Konzernschwester Audi brillierte hingegen über die Distanz. Im direkten Wettbewerb kreuzte die Marke mit den vier Ringen sowohl beim Eröffnungslauf als auch bei der Generalprobe den Zielstrich als Spitzenreiter.
Wer macht also das Rennen im Département Sarthe? Toyota. Zweifelsohne eine verquere Prognose. Aber zwei Aspekte könnten bei der bevorstehenden Kraftprobe spielentscheidend sein. Erstens: Zuverlässigkeit. Vielleicht nutzt die Delegation aus Fernost wider Erwarten die Schnitzer der Konkurrenz. Zweitens: das Wetter. Gleich welche Vorhersage: „It’s always raining in Le Mans.“ Malheursement. Es würde sicherlich auch keinerlei Wunder nehmen, falls auch die Truppe von Rebellion Racing am Sonntagnachmittag von einer der Podiumsstufen hinab winkt.
Daniel Schnichels: Eigentlich müsste Porsche die 24 Stunden von Le Mans dominieren. Die Weissacher Mannschaft war dafür in diesem Jahr bisher einfach zu dominant, zumindest was die Rundenzeiten angeht. Auf die lange Distanz aber hat Porsche mit Audi und Toyota aber zwei Konkurrenten, die sich keineswegs einfach abschütteln lassen. Vor allem die Generalprobe in Spa-Francorchamps hat uns einen Vorgeschmack gegeben, was in Le Mans alles passieren kann.
In der Qualifikation stellt Porsche seine beiden Fahrzeuge in der ersten Startreihe ab, da lege ich mich fest. Da Audi und Porsche ihr Aufgebot in diesem Jahr allerdings auf zwei Fahrzeuge reduziert haben wird es für beide Werksabordnungen eine ungewohnte Situation darstellen. Von daher rechne ich in diesem Jahr mit einem Überraschungssieger: Toyota.
Die Japaner hat so gut wie niemand auf der Rechnung. Doch auf der Ardennen-Achterbahn war ich von der Leistung sehr überzeugt und dies sollte Toyota auch für Le Mans Mut machen. Zudem traue ich Rebellion Racing zu, auch an der Sarthe aufs Podest zu fahren. Ich rechne bei jedem Hersteller damit, dass jeweils ein Fahrzeug wegen technischen Problemen aus dem Verkehr gezogen wird, weshalb sich die Schweizer Privatmannschaft mit einer fehlerfreien Leistung ins Rampenlicht befördern kann.
Ralf Kieven: Porsche oder Audi? Welcher der beiden Hersteller aus dem VAG-Konzern fährt bei der diesjährigen Ausgabe des ältesten aller 24-Stunden-Rennen auf die oberste Stufe des Podiums? Der bisherige Saisonverlauf lässt vermuten, dass die Audianer heuer das bessere Blatt in der Hand halten. Einen Sieg bei der Generalprobe in Spa-Francorchamps und die absolute Bestzeit beim Vortest in Le Mans haben die Ingolstädter auf der Habenseite.
Den Sieg beim Saisonauftakt in Silverstone haben sie erst im Nachgang verloren, nachdem sie wegen einer zu dünnen Bodenplatte disqualifiziert wurden. Aber die Dominanz ist keineswegs so groß, wie die Ergebnisse dies vermuten lassen. Alle drei Hersteller haderten mit der Zuverlässigkeit. Sei es auf der technischen Ebene oder auch der fahrerischen.
Es ist knapp, aber mein Gefühl sagt mir, dass Porsche erneut das Rennen macht. Die Zuffenhausener sollten viel gelernt haben und fleißig ihre Hausaufgaben machen. Nichtsdestoweniger bin ich mir sicher, dass der Weg zum Sieg 2016 einzig und alleine über die Zuverlässigkeit und eine lupenreine, fehlerfreie Aufführung führt. Das könnte der Joker für Toyota sein. Etwas weniger Risiko und eine auf Abwarten ausgerichtete Taktik könnte die Japaner aus Köln über die Distanz zumindest aufs Podium spülen. Mit etwas Glück ist sogar noch mehr drin. Auch wenn Toyota für mich alles andere als ein haushoher Favorit ist, stehen meiner Meinung nach die Chancen für den zweiten Le-Mans-Sieg eines japanischen Herstellers so gut wie selten zuvor.