Manama: Vorentscheidung in der Arabischen Wüste?

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Tabellenführer Toyota ist beim Halbfinale der Langstrecken-WM in der Lage, vorzeitig den Titel zu erringen. Gelingt das Unternehmen in der bahrainischen Hauptstadt Manama? Audi beabsichtigt wiederum, die Dominanz der TMG-Truppe einzuhegen. Porsche strebt ein Ergebnis auf dem Siegertreppchen an.

Die Audi-Delegation hegt bereits erste Zweifel, ob die Titelverteidigung in der Langstrecken-WM abermalig gelingt. Die vorherrschende Skepsis ist zweifelsohne legitim. Schließlich hat Konterpart Toyota beim Halbfinale in Bahrain die Chance, sich sowohl in der Fahrer- als auch in der Konstrukteurwertung vorzeitig zum Weltmeister zu krönen. Doch entthront der Herausforderer aus Fernost den einstigen Branchenprimus bereits im Wüstenstaat?

Die Konstellation in der Tabelle offenbart: Den Spitzenreitern Anthony Davidson und Sébastien Buemi müsste faktisch ein Totalausfall widerfahren, damit ihre Audi-Konkurrenten André Lotterer, Marcel Fässler und Benoît Tréluyer den Rückstand von zweiundvierzig Punkte egalisieren könnten. Im Wettstreit der Hersteller wahrten die amtierenden Weltmeister bis dato zumindest eine Minimalchance. Der Rückstand beträgt neunundzwanzig Zähler.

Obschon der Titelgewinn die Maßgabe darstellt, gedenkt Toyota allerdings, mit einer defensiven Herangehensweise anzutreten. „Das große Ziel muss natürlich der WM-Titel sein“, bekräftigt Teamchef Yoshiaki Kinoshita. Die Strategie für die Begegnung auf dem Bahrain International Circuit nahe Manama: „Also wird die Priorität sein, das Rennen mit beiden Autos zu Ende zu fahren und keine unnötigen Risiken einzugehen.“

Chris Reinke: „Nicht aufgeben, solange mathematische Möglichkeit besteht“ 

Denn die Toyota vergegenwärtigt sich im Vorfeld sämtliche Eventualitäten. „Das ist natürlich eine schöne Ausgangslage“, räumt Kinoshita ein. „Doch wir wissen alle, wie schnell die Dinge im Motorsport ganz anders als geplant enden können. Und der Wettbewerb in der Langstrecken-WM ist sehr hart. Wir setzen gar nichts als gegeben voraus. Die Ziellinie der Saison 2014 ist schon in Sichtweite und wir wissen genau, was wir in Bahrain tun müssen.“ 

Widersacher Audi hegt wiederum die Ambition, die Dominanz des derzeitigen Klassenprimus in Bahrain weitgehend einzuhegen. „Der Titelkampf in der Langstrecken-Weltmeisterschaft geht in die Schlussphase. Unser Ziel ist es, die Entscheidung noch ein weiteres Mal zu verschieben“, fasst Motorsport Doktor Wolfgang Ullrich konzis zusammen. „In den vergangenen beiden Jahren waren wir dort wettbewerbsfähig, doch in diesem Jahr gelten andere Bedingungen.“ 

Nichtsdestoweniger haben die Akteure bei Joest Racing keineswegs resigniert. „Vor zwei Jahren haben wir in Bahrain gewonnen, im Vorjahr wurden wir Zweite – deshalb haben wir noch eine Rechnung offen“, erklärt Einsatzleiter Chris Reinke. „Wir werden die Weltmeisterschaft nicht aufgeben, solange noch eine mathematische Möglichkeit auf den Sieg besteht. Wir wollen erneut eine saubere Teamleistung abliefern und ein gutes Rennen fahren.“ 

Ralf Jüttner: „Bei Hitze sollten einen Vorteil haben“ 

Allerdings schwant der Audi-Mannschaft: Die Charakteristik des Rundkurs am Persischen Golf bereitet dem bayrischen Sportwagen aufgrund der langen Geraden höchstwahrscheinlich ebenfalls Schwierigkeiten. Andererseits beeinflusst ein weiterer Faktor das Kräfteverhältnis in der Arabischen Wüste. Tagsüber beeinträchtigt extreme Hitze die Arbeit der Athleten und Techniker, wohingegen in der Nacht die Temperaturen enorm abkühlen. 

Die Veranstaltung am kommenden Wochenende verlangt, sich auf beide Bedingungen adäquat vorzubereiten. Denn der vorletzte Wertungslauf der diesjährigen Saison beginnt am Nachmittag und endet in den Abendstunden. „Der Verlauf der Strecke kommt uns zwar nicht gerade entgegen, aber wir erwarten ganz andere Temperaturen als zuletzt in Japan und in China“, erläutert Teamdirektor Ralf Jüttner. „Bei Hitze sollten wir mit unserem Reifen-Management einen Vorteil haben.“ 

Weiterhin drängen sich die Fragen auf: Wetteifern die Konzernschwestern Audi und Porsche lediglich um das beste Resultat im Schatten der Toyota-Überflieger? Oder glückt ein Erfolg gegen den Dominator der zurückliegenden Wochen? Die Abordnung aus Stuttgart-Zuffenhausen verbucht in Bahrain im Unterschied zu den bisherigen Rennen außerdem den Vorteil, auf der arabischen Piste bereits geprobt zu haben. 

Tatsächlich auf einen Sieg zu hoffen, wagt Porsche dennoch nicht. Stattdessen deklariert das Weissacher Gespann einen erneuten Podiumsrang „aus eigener Kraft“ als Ziel. „Wir lernen auf jedem Kilometer“, erklärt Einsatzleiter Fritz Enzinger. „Technisch problemlose Rennen wie in Fuji und in Shanghai sind perfekte Datenspender für das kommende Jahr. In Bahrain machen wir nun wiederum eine neue Erfahrung, indem wir erstmalig selbst erfasste Werte nutzen.“