Shanghai: Fortsetzung des Toyota-Siegeszuges

40

Hat Toyota eine Vorentscheidung im WM-Titelkampf herbeigeführt? Die TMG-Abordnung setzte ihren Siegeszug beim Viertelfinale in Shanghai fort: ein weiterer triumphaler Doppelsieg. Porsche sicherte sich erneut die Bronzemedaille, wohingegen Audi aufgrund verschiedener Probleme strauchelte.

Toyota ist beim Viertelfinale der Langstrecken-WM den allgemeinen Erwartungen zweifelsohne gerecht geworden. Die TMG-Delegation aus Köln setzte ihre Dominanz beim drittletzten Wertungslauf in Shanghai fort und erstritt einen abermaligen Doppelerfolg. Obendrein glich die Fortsetzung des Siegeszuges geradezu einem Arbeitssieg. Nach anfänglichem Rückstand kletterte der fernöstliche Konstrukteur mühelos das Klassement empor.

Schlussendlich kreuzten Sébastien Buemi und Anthony Davidson die Ziellinie des Shanghai International Circuit als souveräne Sieger. Die Stallgefährten Alexander Wurz, Kazuki Nakajima und Stéphane Sarrazin erstritten die Silbertrophäe. „Das Auto war hier in Shanghai auf Anhieb schnell“, resümierte Teamchef Yoshiaki Kinoshita. „Wir waren zwar enttäuscht, die Poleposition um Haaresbreite verpasst zu haben, doch die Hauptaufgabe war das heutige Rennen.“

Zugleich festigte Toyota sowohl in der Fahrer- als auch in der Herstellerwertung seine Tabellenführung. „Das ist exakt das Resultat, das wir uns für die Weltmeisterschaft erhofft hatten. Es versetzt uns in eine ideale Ausgangslage für die beiden verbleibenden Rennen“, konstatiert Kinoshita nach dem Erfolg im Reich der Mitte. „Nun wollen wir diesen Impetus in Bahrain und São Paulo nutzen.“

Hat Toyota eine WM-Vorentscheidung herbeigeführt?

Konkret bedeutet dies: Toyota hat den Vorsprung auf Audi mittlerweile auf neunundzwanzig Punkte ausgebaut. Auch im Wettbewerb um den Fahrertitel rangieren Davidson und Buemi gar zweiundvierzig Zähler vor Marcel Fässler, Benoît Tréluyer und André Lotterer. Damit hat der asiatische Autobauer quasi eine Vorentscheidung herbeigeführt, da die amtierenden Weltmeister de facto nur mathematische Chancen verbuchen. Toyota müsste demnach patzen. 

Allerdings hat die WM-Begegnung in der chinesischen Metropole nochmals zutage gefördert: Toyota bleibt vorerst das Maß aller Dinge im Konkurrenzkampf der drei Werksmannschaften. Zumal die TMG-Equipe taktische Raffinesse bewies: Die Strategen am Kommandostand orderten beide Besatzungen während einer Gelbphase zu Beginn des Sechs-Stunden-Rennens an die Box, um einen Splash-and-Dash zum Ende einzusparen.

Letzten Endes stellte sich jedoch heraus: Diesen Zeitgewinn hätte Toyota gar nicht benötigt, da die Dominatoren aus Japan bereits nach einem Viertel der Distanz die Positionen eins und zwei okkupierten. „Die gesamte Mannschaft erledigte ihre Aufgaben heute hervorragend – mit der richtigen Strategie und zuverlässigen Boxenstopps; alle arbeiteten ruhig und konzentriert auf das Resultat hin“, zog Davidson nach dem Triumph Bilanz.

Fritz Enzinger: „Es ist wirklich erstaunlich“

Die Konzernschwestern Porsche und Audi waren dagegen abermalig nicht in der Lage, sich gegen die Toyota-Übermacht aufzulehnen. Dennoch feierte das Weissacher Gespann einen Teilerfolg. Von der Poleposition gestartet, erklommen Neel Jani, Marc Lieb und Romain Dumas die unterste Stufe des Podiums. „Es ist wirklich erstaunlich“, freute sich Einsatzleiter Fritz Enzinger. „Wir haben hier im sechsten Rennen unserer ersten Saison bereits die zweite Poleposition und den dritten Podestplatz geholt.“ 

Obwohl die Markenkollegen Mark Webber, Timo Bernhard und Brendon Hartley in der Frühphase des sechsten Wertungslaufes einem Reifenschaden anheimfielen, zieht die Porsche-Chefetage eine positive Bilanz. „Nach einem schwierigen Start ins Wochenende hat die Mannschaft ein hervorragendes Qualifying abgeliefert und unser Potenzial im Rennen sehr gut umgesetzt“, urteilt Enzinger über die Leistung seiner Schützlinge.

Und Audi? Muss sich das sieggewohnte Ensemble aus Ingolstadt in der Hierarchie der Hersteller endgültig Porsche unterordnen? Die Mannschaft von Joest Racing musste sich nach Fuji nochmals den Rivalen aus Stuttgart-Zuffenhausen geschlagen geben. Im Endklassement belegte Audi die Ränge vier und fünf. Marcel Fässler, Benoît Tréluyer und André Lotterer erreichten das Ziel letztlich vor Tom Kristensen, Lucas di Grassi und Loïc Duval.

Chris Reinke: „Team und Fahrer haben fehlerfrei gearbeitet“

Allein in puncto Höchstgeschwindigkeit bleibt Audi chancenlos: zehn bis fünfzehn Kilometer pro Stunde beträgt der Unterschied zu Porsche und Toyota, welche die Ringträger in den Kurven nicht zu kompensieren vermochten. Das Resümee liest sich daher ernüchternd: „Das Ergebnis ist zwar ein bisschen besser als das Qualifying, aber natürlich ist es nicht zufriedenstellend“, räumt Motorsportchef Doktor Wolfgang Ullrich ein. 

Zudem barg der Dieselkraftstoff in Shanghai einen zusätzlichen Nachteil. „Den Konkurrenten mit Benzinmotoren hat die Gelbphase am Anfang geholfen“, erklärt Ullrich. „Sie konnten bereits Nachtanken und haben sich dadurch am Ende einen Stopp gespart. Bei uns war das aufgrund des vorgeschriebenen Tankvolumens und der Stoppintervalle nicht möglich. In Shanghai haben wir auf den langen Geraden einfach keine Chance gehabt.“

Nichtsdestoweniger lastet LMP-Leiter Chris Reinke keinem Teammitglied die Schuld an: „Wir haben ein schwieriges Rennen auf einer Strecke erlebt, die unserem Konzept nicht ideal liegt. Um die Spitze haben wir nicht gekämpft, aber der teaminterne Wettbewerb und der Kampf mit unserer Konzernschwester Porsche waren umso spannender. Das Team und die Fahrer haben ihre Möglichkeiten genutzt und fehlerfrei gearbeitet.“