Nürburgring: Welche Konsequenzen hat Viktor Charitonins Investition?

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Durch die Investition eines russischen Pharmaunternehmers ist die NR Holding AG neue Mehrheitsgesellschafterin am Nürburgring. Aber wer ist Viktor Charitonin? Und was bedeutet sein Einstieg für den Traditionskurs? Welche Aufgaben nimmt Capricorn-Chef Robertino Wild künftig wahr?

Das Presseecho in Motorsportkreisen war eminent. Der Tenor der Schlagzeilen am Donnerstag dieser Woche: Ein russischer Oligarch kaufe den insolventen Nürburgring. Viktor Charitonin sei der künftige Eigentümer und Besitzer des Traditionskurses in der Eifel. Doch was bedeutet die millionenschwere Investition des Pharmaunternehmers formal und sachlich betrachtet? Und warum trafen die Insolvenzverwalter diese Entscheidung?

Zunächst einmal hat Charitonin lediglich zwei Drittel der Anteile an der Nürburgring-Besitzgesellschaft erstanden. Warum? Der ursprüngliche Investor Robertino Wild war seinerseits nicht imstande, die finanziellen Mittel für seine Kapitalbeteiligung aufzubringen. Trotz Aufschub setzte der Capricorn-Chef bereits die Zahlung der zweiten von drei Kaufpreisraten aus, für welche der Milliardär aus Russland nun aufkommt.

Pikant: Wild selbst hat den Kontakt zu Charitonin hergestellt. Der 41-jährige Russe gilt als Liebhaber von Oldtimern und nahm in diesem Jahr an der Mille-Miglia-Nostalgieveranstaltung teil. Sein Vermögen wird auf etwa eine Milliarde Dollar geschätzt, weshalb ihn das „Forbes Magazine“ auf Platz 1342 der wohlhabendsten Menschen der Welt listet. Charitonin ist sowohl Großaktionär als auch Aufsichtsratschef beim Medikamentenhersteller Pharmstandard und verwaltet das Unternehmen als Briefkastenfirma in Zypern.

Und welche Konsequenzen hat die Investition nun für den Nürburgring? Capricorn zieht sich keineswegs aus den Geschäften am Ring zurück, sondern Wild fungiert weiterhin als Geschäftsführer der Besitzgesellschaft Capricorn Nürburgring GmbH (CNGB) sowie der NR Holding AG, die durch Charitonin zur Mehrheitsgesellschafterin geworden ist. Das Kalkül: Auf diese Weise kann der Automobilzulieferer aus Düsseldorf den Kaufvertrag einhalten.

Adam Osieka und GetSpeed bleiben Mitgesellschafter

Fakt ist dennoch: Damit begibt sich Wild in ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu Charitonin. Zwar hat der Capricorn-Chef dadurch weiterhin eine leitende Stellung, aber Charitonin stellt die Liquidität des Vorhabens sicher. Fakt ist aber ebenso: Auch Adam Osieka bleibt CNGB-Anteilseigner. Denn die GetSpeed GmbH und Co KG ist mit einem Anteil von einem Drittel weiterhin Mitgesellschafterin. 

Zudem kehren die Sachverwalter in einem Kommuniqué hervor, die Investition seitens Charitonin bedeute lediglich „einen Wechsel auf Gesellschafterebene“, betreffe jedoch nicht das operative Geschäft. Mit anderen Worten: Sofern diese Aussage zutrifft, sollte Capricorn, sobald der Kaufvertrag im Januar des nächsten Jahres in Kraft tritt, in der Lage sein, mit der Verwirklichung seiner Pläne beginnen.

Zur Erinnerung: Als Capricorn den Zuschlag im Investorenprozess erhielt, kündigte das mittelständische Unternehmen verschiedene Projekte an. Demnach werde die Achterbahn abgerissen und das Eifeldorf Grüne Hölle durch ein Technologiezentrum ersetzt. Darüber hinaus stehe die Nordschleife in Zukunft für Touristen- und Testfahrten zur Verfügung. Ob Capricorn dies in der Praxis gelingt, vermag im Augenblick niemand zu beurteilen. Aber zumindest auf dem Papier ist die Finanzierung gesichert.