Tipp der Redaktion: Wer obsiegt in der Grünen Hölle?

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Wer schlüpft in die Rolle des Favoriten? Wer könnte den üblichen Verdächtigen die Führungsrolle abspenstig machen? Es herrschen unklare Verhältnisse vor dem 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Doch die SportsCar-Info-Redakteure haben die Konstellation analysiert und geben ihren Tipp ab.

Die SportsCar-Info-Leserschaft ist sich uneins, was die Favoritenlage anbelangt. Die Mehrheit stimmte bei einer Umfrage für Porsche und BMW als Anwärter auf den Gesamtsieg beim 24-Stunden-Rennen. Jedoch wird den Titelverteidigern von Audi gleichermaßen Gewinnerpotenzial bescheinigt. Aston Martin und Mercedes-Benz räumt das Votum wiederum lediglich Außenseiterchancen ein. 

Der Favoritenkreis erstreckt sich de facto quer durch die Riege der Hersteller. Die SportsCar-Info-Redaktion hat gleichermaßen über diese Konstellation sinniert: Wer hat die Rolle des Favoriten inne? Wer nimmt die Position des Herausforderers ein? Und wer lauert, um den Aspiranten auf den Siegerpokal die Schau zu stehlen? 

Ralf Kieven: Ich lege mich fest. BMW macht das Rennen. Die Fehler aus dem letzten Jahr sollten aussortiert sein, und man wird sich darauf konzentrieren schnelle, aber sichere Runden abzuspulen. Beim Fahrerkader ist keine Schwachstelle erkennbar, und man kann sogar mit unterschiedlichen Strategien ins Rennen gehen, um die Konkurrenz in Fehler zu treiben. BMW-intern dürfte Schubert Motorsport die Nase vorn haben. Die Truppe hat die nötige Routine und vor allem jede Menge Eifel-Erfahrung. 

Aber, liebe Münchner, Vorsicht! Die Konkurrenz schläft nicht. Der größte Konkurrent in Sachen Gesamtsieg kommt für mich aus Ingolstadt. Die Titelverteidiger aus dem Phoenix-Lager sind hochmotiviert und optimal aufgestellt. Mit Marcel Fässler hat man sich einen der komplettesten Rennfahrer ins Sieger-Boot geholt. Der Schweizer vereint Speed, Ausdauer und Sicherheit und macht die Mannschaft noch stärker. Wer den Sieg will, muss diese Truppe schlagen. 

Mein Geheimfavorit: Es klingt schon etwas paradox. Aber die Seriensieger Manthey-Racing haben für mich die größten Außenseiterchancen. Mit dem RSR konnte man bislang noch nicht glänzen. Dem Vernehmen nach fehlt es dem GTE-Boliden an Top-Speed. Trotzdem stellt Olaf Mantheys Mannschaft auf der Nordschleife eine Macht dar. Wer einen Fehler macht, liegt hinter dem grün-gelben Dicken. 

Zusätzlich geht man mit einer ähnlichen Strategie, wie schon 2011 in das Rennen. Man wird zusätzlich zum RSR in der SP7 einen GT3R im gleichen, bei der Konkurrenz angsteinflößenden Design, an den Start bringen. Anders als vor zwei Jahren, wird aber eine weiteres Werksfahrer-Quartett in diesen Rennwagen steigen. Somit hat man über 24 Stunden zwei heiße Eisen im Feuer.

Maximilian Graf: Der schier endlose Eifelwinter hat den Nordschleifen-Piloten zahlreiche Testgelegenheiten unterschlagen. Daher verschleierte der Nebel bei der Generalprobe am Fuße der Nürburg nicht nur die Strecke, sondern gleichermaßen das Kräfteverhältnis der Akteure. Zumal potenzielle BoP-Eingriffe wie ein Damoklesschwert über dem Teilnehmerfeld schweben. Daher gestaltet sich die Favoritenfrage schwierig. 

Mit ihren Laufsiegen bei den ersten beiden VLN-Rennen haben sich Schubert Motorsport und Phoenix Racing fraglos in den Kreis der Favoriten gehievt. Zumal sich die beiden Rennställe verstärkt haben: Während die Semiwerksmannschaft von BMW Nordschleifen-Ass Uwe Alzen angeheuert hat, komplettiert der amtierende Sportwagen-Weltmeister Marcel Fässler das Audi-Aufgebot. 

Ein unberechenbarer Gegner, aber zweifelsfrei ein Herausforderer: die Aston-Martin-Delegation. Der britische Traditionshersteller wappnet sich anlässlich seines hundertjährigen Jubiläums zur Großoffensive in der Sportwagen-Branche. In der Vulkaneifel mit neuem Unterstützer: Darren Turner, Stefan Mücke, Allan Simonsen und Pedro Lamy treten im Bilstein-Rennanzug an – freilich nicht, um als zweiter Sieger vom Platz zu gehen.

Indes avancierte Timbuli Racing Schritt für Schritt zu einer Spitzenmannschaft. Das von Rinaldi Racing betreute Porsche-Ensemble wartet mit einem hochkarätigen Fahrerkader auf: Marc Hennerici, Christopher Brück, Jaap van Lagen, Marco Seefried, Norbert Siedler und Pierre Kaffer. Und wer weiß? Vielleicht kreuzt am Pfingstmontag ein Überraschungssieger die Ziellinie nach Erreichen der 24-Stunden-Distanz.

Die alten Fotostrecken sind leider nicht mehr verfügbar.

Daniel Stauche: Mein Favorit lautet ganz klar: Audi. Nach drei gescheiterten Anläufen gelang den Ingolstädtern im vergangenen Jahr der erste Erfolg in der Eifel. In diesem Jahr wollen und können sie den Titel verteidigen, denn die Ringe fühlen sich am Ring jetzt so richtig wohl. 

Dass der R8 LMS ultra auch im Jahr 2013 konkurrenzfähig ist, bewiesen Frank Stippler und Marcel Fässler bei der Generalprobe, dem letzten VLN-Lauf. Dort zeigten aber auch BMW und Timbuli-Porsche ihr Potential. Beide Teams dürften die ärgsten Konkurrenten des bayrischen Herstellers werden und versuchen, das acht Fahrzeuge starke Aufgebot zu bezwingen. 

Mein Geheimfavorit: Sollten sich Audi, BMW und Porsche zu sehr auf ihren Kampf konzentrieren und zu viele Fehler riskieren, ist Aston Martin zur Stelle. Die Truppe aus Banbury fuhr auf Anhieb auf Platz fünf in der VLN. Ihre Taktik lautet, unauffällig und ohne Fehler fahren und bei Ausrutschern der anderen gnadenlos zuschlagen – James Bond wäre stolz auf seinen Dienstwagen.

Daniel Schnichels: Für mich geht die Truppe rund um Schubert Motorsport als Favorit in das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Die ersten beiden Läufe der VLN haben gezeigt, dass der BMW auf der Nordschleife funktioniert und perfekt eingestellt ist. Zudem wird man aus den Fehlern vom letzten Jahr gelernt haben, um das Rennen für sich entscheiden zu können. 

Als engsten Herausforderer sehe ich Phoenix Racing. Dieses Team muss man immer auf der Rechnung haben. Durch den Sieg im letzten Lauf der VLN hat das Team nochmals sein Favoritenrolle unterstrichen. Zudem hat sich das Audi-Gespann mit Marcel Fässler einen sehr schnellen, wie auch erfahrenen Mann mit ins Boot geholt. 

Timbuli Racing sehe ich mit großen Außenseiterchancen. Das Team hat bewiesen, dass sie dieses Jahr sehr gut aufgestellt und das mit ihnen zu rechnen ist. Audi und BMW dürfen sich keine Patzer erlauben, Timbuli wird dieses Jahr die Fehler der Konkurrenz bestrafen. Ein Platz auf dem Podium ist für Porsche realistisch, aber für den ganz großen Wurf wird es am Ende nicht reichen. 

Felix Bayer: Mein Tipp ist Manthey. Erfahrung ist eben durch nichts zu ersetzen. Und wie Reinhold Joest in Le Mans, so ist Olaf Manthey der Mann, der weiß, wie man am Ring gewinnt. Der Dicke GTE-Renner, den die Mannschaft am Ring einsetzt, ließ zwar bislang etwas Top-Speed vermissen, aber Topfahrer und Zuverlässigkeit sind auch am Ring einiges wert. 

Herausforderer dürften die letztjährigen Sieger von Audi sein. Mit Marcel Fässler haben sie einen zweifachen Le-Mans-Sieger und den amtierenden Langstrecken-Weltmeister an Bord. Allerdings sind einige Fahrer einer Doppelbelastung ausgesetzt, da das Rennen neuerlich mit einer DTM-Veranstaltung kollidiert und die Fahrer eingeflogen werden müssen. 

Der Geheimtipp ist in meinem Fall Mercedes-Benz. In den letzten beiden Jahren scheiterte immer ein SLS in aussichtsreicher Position kurz vor dem Ziel. Im letzten Jahr hätte es immerhin noch zu Rang zwei reichen können ohne den Ausfall. Vor allem bei Black Falcon ist das Fahrzeug erstklassig besetzt, sodass man die Ambitionen der Schwaben ernst nehmen muss.