Nürburgring: Übt Audi Revanche an Porsche?

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Revanchiert sich Audi bei der WM-Premiere auf dem Nürburgring bei Porsche? Obwohl der Ingolstädter Konstrukteur bei der Kraftprobe in Le Mans seiner Konzernschwester unterlag, behauptet Joest Racing weiterhin die Tabellenführung. Toyota wolle die erste Saisonhälfte „möglichst positiv“ beenden.

Nimmt Audi beim Sechs-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring Revanche? Zu Saisonbeginn demonstrierte der Branchenprimus der vergangenen Dekade richtiggehendes Beharrungsvermögen: Laufsieg beim Auftakt in Silverstone und bei der Generalprobe in Spa-Francorchamps. Bei der Machtprobe in Le Mans brachte Porsche seiner Konzernschwester jedoch eine entscheidende Niederlage bei – und entthronte den Seriensieger.

Gleichwohl belegt Audi zum Halbzeitrenen der Langstrecken-WM sowohl in der Fahrer- als auch der Herstellerwertung den ersten Rang der Tabelle, da nicht die Stammfahrer, sondern das zusätzliche Porsche-Aufgebot den Erfolg an der Sarthe für sich reklamierte. Somit behaupten André Lotterer, Marcel Fässler und Benoît Tréluyer vorerst ihren Führungsanspruch. Der Vorsprung auf Marc Lieb, Neel Jani und Romain Dumas beträgt im Augenblick dreiundzwanzig Punkte.

Anpassungen in der Equivalence of Technology

Gelingt Audi also eine Gegenoffensive in der Vulkaneifel? Eigentlich sollte die Charakteristik des Grand-Prix-Kurses in der Eifel dem bayrischen Sportwagen zustattenkommen. Bislang brachte die Marke mit vier Ringen vorwiegend in kurvigen und winkligen Passagen ihre Stärken zur Geltung. Ein weiterer Bonus: Das Korrektiv der Equivalence of Technology konzediert Audi etwa 0,4 Prozent mehr Dieselkraftstoff pro Umlauf.

Ein Vorteil für den WM-Spitzenreiter? Die Chefetage relativiert das Zugeständnis. „Daraus ergeben sich geringfügige Verschiebungen“, meint LMP-Leiter Chris Reinke. „Die Unterschiede der technischen Konzepte im Starterfeld werden jetzt exakter ausgeglichen. Das hat Auswirkungen auf die Rundenzeiten aller Teilnehmer, aber möglicherweise auch darauf, wie viele Runden wir zwischen zwei Boxenstopps absolvieren können.“

Welche Herangehensweise wählt Porsche nach dem Triumph im Nordwesten Frankreichs? Nutzt der Konstrukteur aus Stuttgart-Zuffenhausen den Impetus? Um sich auf die erste Begegnung nach dem Saisonglanzpunkt vorzubereiten, unternahm Porsche umfangreiche Einstellfahrten in Barcelona. „Bei der Entwicklung des 919 hatte zunächst die Vorbereitung auf Le Mans Priorität“, erklärt Alexander Hitzinger, welcher die Position des Technischen Direktors bekleidet.

Zusätzliche Reifensätze in Qualifikation und Rennen

Die Aerodynamik-Spezifikation, welche Porsche auf der katalanischen Piste erprobt hat, setzen die Weissacher am Ring erstmals unter Wettbewerbsbedingungen ein. „Das Aerodynamikpaket, mit dem wir die Saison in Silverstone begannen, war ein gezielter Kompromiss auf diesem Weg. Erst nachdem die Vorbereitung für die 24 Stunden abgeschlossen war, haben wir ein Aero-Paket mit deutlich mehr Abtrieb in Angriff genommen.“

Im Gegensatz zum konzerninternen Kontrahenten Audi muss Porsche auf dem Nürburgring allerdings mit einer zirka 2,2 Prozent geringeren Energiemenge auskommen. Höchstwahrscheinlich beeinträchtigen diese Anpassungen das Kräfteverhältnis nur marginal. Die kardinale Frage stellt sich in einem anderen Zusammenhang: Inwieweit nimmt der Reifenverschleiß – womöglich entscheidenden – Einfluss auf den Verlauf des Wettstreites am Fuße der Nürburg?

Bis dato war Audi imstande, die Abnutzung seiner Pneus besser einzudämmen als Porsche. Das Bulletin für den WM-Durchgang in der Eifel genehmigt jedoch zwei zusätzliche Reifensätze für die Qualifikation und das Rennen, wodurch die Doppelstints entfallen. Dies Entscheidung begünstigt Porsche damit eminent. Fällt die Entscheidung also auf der Strecke, anstatt in der Boxengasse respektive im Fernduell?

Toshio Sato: „Wir werden alles geben“

Weltmeister Toyota bezieht im Wettstreit der Werke abermals die Außenseiterposition. Rivalisierten Audi und Porsche um die Vorrangstellung im Oberhaus des Langstreckensports, spielte die TMG-Abordnung nur die Rolle des nachgeordneten Tritagonisten. Dennoch zeigen die Titelverteidiger sportliche Moral. „Wir werden alles geben und unseren Beitrag für ein spannendes Rennen leisten – und dazu gehört auch, Audi und Porsche herauszufordern“, betont Teamchef Toshio Sato.

Toyota ist mitnichten gewillt, den Wettbewerb bereits im Vorhinein abzuschenken. „Das wird ein schwieriges Unterfangen werden – so viel steht fest. Aber wir werden alles geben“, meint Sato. „Unsere Testfahrten auf dem Nürburgring verliefen gut. Also denke ich, dass wir gut vorbereitet sind. Da nun die zweite Saisonhälfte der Langstrecken-WM beginnt, wollen wir das Wochenende möglichst positiv abschließen.“

Bei den Privatiers treffen Rebellion Racing und ByKolles Racing erstmals über die sechsstündige Distanz aufeinander. Schließlich verzichtete erstgenanntes Gespann auf die Teilnahme an den Begegnungen in Großbritannien und Belgien. Allerdings erreichte ByKolles Racing anhin kein einziges Mal das Ziel, weshalb die Rebellen vorerst die Plätze eins und zwei im Klassement der Endurance-Trophäe okkupiert haben.