ALMS und Grand-Am: Zusammenarbeit ab 2014?

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Die Gerüchteküche in den Vereinigten Staaten von Amerika ist wieder mächtig am Brodeln. Thema diesmal ist ein möglicher Zusammenschluss der beiden Langstreckenrennserien ALMS und Grand-Am ab der Saison 2014. SportsCar-Info.de hat diese Idee einmal auf den Prüfstand gestellt.

Seit einigen Tagen verdichten sich die Gerüchte, dass ab der Saison 2014 die International Motor Sports Association (IMSA), der Veranstalter der American Le Mans Series (ALMS), und die National Association for Stock Car Auto Racing (NASCAR), Schirmherr der Rolex Grand-Am Sports Car Series (Grand-Am), den Schulterschluss vollziehen werden. Doch was ist an dieser Hypothese dran?

Fakt ist, dass sich die beiden Langstrecken-Sportwagenserien seit ihrer Gründung im Jahr 1998, respektive 1999, Konkurrenz machen. Ihr Problem ist, dass sie auf dasselbe Konzept setzen: Prototypen und Grand Tourisme starten in einem gemeinsamen Feld. Der einzige Unterschied ist dabei, dass die ALMS das Regelwerk des Automobile Club de l’Ouest (ACO) übernommen hat, während die Grand-Am nach eigenem Reglement startet.

Da sich beide Rennserien von der Konzeption so ähnlich sind, haben sie auch das gleiche Problem – der Weggang von Teilnehmern der Prototypen-Klasse. In der ALMS finden sich nach dem Ende der Werksprogramme von Audi, Porsche und Acura in den Klassen LMP1 und LMP2 gerade einmal sechs Fahrzeuge ein. Kompensiert wird dies jedoch durch die Cup-Klasse LMPC. In der Grand-Am liegt die Teilnehmerzahl immerhin noch über zehn, begünstigt durch den Einstieg von Corvette. Dennoch sind die Teams unzufrieden – prominentestes Beispiel ist Brumos Racing, die erst 2011 wieder in die GT-Klasse zurückgingen.

Diese GT-Klassen sind im Gegensatz zur Prototypen-Division gut gefüllt. In der Grand-Am sind mit Ferrari, Chevrolet, BMW, Audi, Mazda und Porsche ganze sechs Hersteller involviert, was über 20 Autos pro Rennen entspricht. Die ALMS hat, zwar ohne Audi und Mazda, aber mit Lotus und Viper ebenfalls deren sechs. Allerdings sind die GT-Renner nach ACO-Regeln der GTE (GT2)-Kategorie entsprechend, während die in der Grand-Am startenden Wagen den GT3-Spezifikationen nahestehen.

Warum kommt jetzt die Zusammenarbeit?

Eigentlich sollte diese Frage lauten: „Warum kommt erst jetzt die Zusammenarbeit?“ Jeder Ökonom würde einem bestätigen, dass zwei Unternehmungen im selben Einzugsgebiet und mit demselben Konzept nicht erfolgreich sein können. Ebenso verhält es sich mit zwei Langstreckenserien auf dem nordamerikanischen Kontinent. ALMS und Grand-Am machen sich gegenseitig Hersteller, Fahrer, Teams, Fans und Medienpräsenz streitig.

Dass nach über zehn Jahren noch immer beide Serien koexistieren, liegt vor allem daran, dass die ALMS bis 2009 von drei Herstellern getragen wurde, und an der Grand-Am vonseiten der NASCAR festgehalten wurde. Außerdem haben sich beide mit ihren Highlights, den Zwölf Stunden von Sebring, dem Petit Le Mans (beide ALMS) und den 24 Stunden von Daytona (Grand-Am) in der Motorsportwelt etabliert.

Doch seit der Finanzkrise haben die Hersteller ihre Programme gestrafft, was vor allem die ALMS betrifft. Das bedeutet, Audi konzentriert sich auf Le Mans und den World Endurance Championship (WEC), Porsche beschränkt sich auf den 997 GT3 RSR in der GT-Kategorie und Acura läuft als HPD unter der Regie von Nick Wirth weiter. Nach der Lola-Insolvenz steht nun auch das LMP1-Engagement von Dyson Racing auf der Kippe.

Wer ist der Initiator der Zusammenarbeit?

Dies ist eine wichtige Frage, die über das spätere Aussehen der neuen Rennserie bestimmen wird. Eine Möglichkeit wäre, dass die NASCAR nun Profit aus der Grand-Am schlagen will. In den vergangenen Jahren musste das Stock-Car-Imperium viel Geld einsetzen, um die Sportwagenserie am Leben zu erhalten. Mit dem Verkauf würde nun doch noch etwas Gewinn herausspringen. Für dieses Szenario sprechen auch erste Gespräche zwischen NASCAR und dem ACO über eine Integrierung der 24 Stunden von Daytona in den WEC-Kalender. Damit würde der Klassiker wieder internationales Prestige bekommen, wie er es verdiene, heißt es.

Allerdings ist ein gemeinsames Rennen mit der Grand-AM in Daytona, wie auch mit der ALMS in Sebring, nicht möglich, da dies nicht den Wünschen des ACO entspricht. Daher wurde auch der US-WEC-Lauf provisorisch – schon für das Jahr 2013 – auf die neue Formel-1-Rennstrecke in Austin verlegt, bis sich eine Lösung bezüglich Daytona und Sebring gefunden hat.

Die einzige Option wäre nun eine Fusion der Teilnehmerfelder von ALMS und Grand-Am. Ziel ist es irgendwann im Rahmen der Langstrecken-WM beim 24-Stunden-Rennen in Daytona zu starten. Dafür könnten erst einmal die Grand-Am-Teams mit ihren bisherigen Fahrzeugen an ALMS-Rennen teilnehmen, bis sie diese Autos dann durch neue – 2014 tritt zudem ein neues ACO-Reglement in Kraft – ersetzt werden können.

Es ist hingegen aber auch nicht gerade unwahrscheinlich, dass der erste Schritt von der in Braselton, Georgia ansässigen IMSA getätigt wurde, da man einsehen musste, dass es für die Zukunft keine Perspektive mehr gibt. Damit müsste sich die ALMS den Vorgaben der Grand-Am unterordnen, wenngleich der ACO sicherlich für die Ziele seines US-Ablegers einstehen würde.

Wie könnte eine Zusammenarbeit aussehen?

Bei dieser Frage gibt es nun viel Gedankenspielraum – noch wurde nichts Konkretes bekanntgegeben. Vielmehr hüllen sich die Verantwortlichen in Schweigen. Beim letzten Auftritt der ALMS in Baltimore dementierte Atherton noch Gespräche mit der NASCAR, ein Grand-Am-Sprecher verweigerte hingegen gegenüber einem Kollegen von Speed TV das Interview.

Wichtigstes Problem ist, wer in der Kooperation bestimmend sein wird. Obwohl die Grand-Am durch die NASCAR-Zugehörigkeit über viel Geld verfügt, dürfte die IMSA maßgebend sein. Ihr Vorteil ist das dem ACO angeglichene Regelwerk, das global Gültigkeit besitzt – die Teams und Hersteller könnten also auch in Europa und in Asien starten.

Dies führt allerdings zum nächsten Problem: Wie können die Felder beider Serien verschmolzen werden? Eine Lösung für die Prototypen wäre schnell gefunden, denn die Daytona Prototypen (DP) könnten in die LMP2 integriert werden, die LMP1 bliebe dabei unangetastet.

Schwieriger ist es da schon die Horde von GT-Rennern unter einen Hut zu bringen. Zu diesem Zeitpunkt wird es dann vier Klassen mit drei verschiedenen Fahrzeugarten geben. Aus der ALMS kommen die GTE-Pro und -Am mit gleicher Spezifikation, die Cup-Porsche in der GTC, die allerdings auf vier oder fünf Starter begrenzt sein soll, und dazu die GT aus der Grand-Am, bestehend aus Rohrrahmen-Chassis und überarbeiteten GT3-Rennern.

Einen großen Vorteil würden allerdings der Sport und damit der Fan vom Zusammenschluss haben. Neben einem größeren Feld, könnten sich nun auch die Medien auf nur eine Serie konzentrieren, was eine noch bessere Berichterstattung garantieren würde. Dazu kommt, dass nun aus beiden Kalendern die besten Rennen herausgesucht werden könnten – die ALMS in Watkins Glen würde wohl für viel Begeisterung sorgen.

Außerdem würde dies den Herstellern ein Engagement vereinfachen. Sie müssten nun nicht mehr die Entwicklung von zwei oder mehr Fahrzeugkonzepten und deren Einsatz finanzieren, sondern nur noch ein Projekt, das allerdings vollste Aufmerksamkeit in der Sportwagenwelt – mit der Möglichkeit sowohl in Daytona als auch in Le Mans zu starten – hätte.

In dieser Woche soll nach übereinstimmenden Informationen mehr bekannt gegeben werden.