Rückschau auf Elkhart Lake: Was wäre wenn …

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Zum ersten Mal traten am vergangenen Wochenende die beiden rivalisierenden US-Langstreckenserien, die ab nächstem Jahr zur USCR vereint werden, zur gleichen Zeit auf einer Rennstrecke auf. Ein Vergleich der aktuellen Leistungsunterschiede in den Klassen.

… die American Le Mans Series und Grand-Am schon auf der Road America gemeinsam ein Rennen bestritten hätten? Dann hätten Lucas Luhr und Klaus Graf mit großem Abstand die Poleposition geholt und vom reinen Speed her vermutlich auch gewonnen. Doch in der United SportsCar (USCR) ab 2014 wird es keine LMP1 mehr geben. Und an dieser Stelle wird es interessant.

Die neue Top-Kategorie – noch ohne Namen – wird aus LMP2, DP und dem DeltaWing bestehen. Vergleicht man die Qualifying-Ergebnisse vom vergangenen Wochenende, dann wird ersichtlich, inwieweit diese drei Fahrzeugkonzepte noch nicht in einer Kategorie gewertet werden können.

Auf Startplatz eins hätte ein LMP2 aus dem Team Level 5 Motorsports (1:54,806 Minuten) gestanden, auch wenn die Road America vom Layout den DP mit wenig Abtrieb durchaus zusagen sollte. Doch, Stand 2013, haben die LMP2 noch eine deutlich größere Motorleistung, die das Mehr an Abtrieb kompensiert. Die zweite Startposition hätte der DeltaWing (1:55,362 Minuten) eingenommen, der aber in dieser Saison noch als LMP1 gilt.

Der erste DP in der Zeitenliste ist der Riley-BMW vom Team Sahlen in 2:00,028 Minuten – und damit noch hinter fünf der sieben LMPC-Autos in der Gesamtwertung. Jener LMPC, welche eigentlich die zweithöchste Klasse der USCR werden soll. Auf den ersten Startplatz haben die aus der Grand-Am stammenden Prototypen also mehr als fünf Sekunden Rückstand, auf den Führenden der Challenge-Prototypen noch gut zwei.

Aufwändige Verhandlungen bis 2014

Genau das ist die Stelle, wo der Knackpunkt der USCR liegt, der Sport aufhört und die Politik beginnt. Entweder, man bremst die LMP2 deutlich ein, oder gibt den DP signifikant stärkere Motoren – und was passiert mit dem DeltaWing? Damit beschäftigen sich aktuell Vertreter aus ALMS und Grand-Am, was jedoch alles andere als einfach sein sollte.

Es darf davon ausgegangen werden, dass verschiedenste Interessen aufeinander prallen. Von Seiten der ALMS wird eine Angleichung der DP an die LMP2 forciert. So müssten die Teams nicht erst ihre Autos umbauen, wenn sie in Le Mans starten möchten. Auf der anderen Seite stehen die Grand-Am-Verantwortlichen, die nicht glücklich damit sind, dass ihre Autos aktuell die langsameren sind. Dazu kommt der DeltaWing – ein Projekt von ALMS-Gründer Don Panoz. Bliebe das aerodynamische Kunstwerk auf dem aktuellen Leistungsstand, würde es um Rennsiege kämpfen können.

Eine Idee, die sicherlich nicht auf Gegenliebe bei Ed Bennett und dem Rest des NASCAR-Präsidiums stoßen dürfte. Zudem beeinflusst diese Problemstellung auch die LMPC. Bleiben sie so schnell wie jetzt, könnten sie vermutlich auch einen frisierten DP in die Bredouille bringen. Allerdings gibt es auch keinen Spielraum nach unten in der Zeitenliste. Denn dort sind die hochentwickelten Le-Mans-GT, die schon jetzt zum Teil mit dem ein oder anderen Oreca FLM09 zu kämpfen haben.

Technische Umsetzung großes Fragezeichen

All diese politischen Fragen müssen erst einmal geklärt werden, bevor man überhaupt an die technischen Details gehen kann. Denn: Lässt sich ein DP so einfach an einen LMP2 angleichen? Die Antwort lautet: definitiv nein. Beide bauen, wie eingangs erwähnt, auf eine komplett gegensätzliche Aerodynamik auf – ein LMP2 mit viel Abtrieb, ein DP mit wenig.

Also lässt sich die aktuelle Lücke von fünf Sekunden auf der Road America nicht so einfach durch 50 PS mehr oder weniger regeln. Doch auch ein Umbau der Karosserie ist nicht das Gelbe vom Ei. Baut man dem DP ein paar sogenannte „Flaps“ und einen großeren Heckflügel an, fährt er dadurch nicht automatisch schneller durch die Kurven. Dasselbe würde passieren, wenn man dem LMP2 ein paar Bauteile wegnimmt. Beide Autos wären dann unfahrbar.

Es sind also ausgiebige Testfahrten nötig, sobald geklärt ist, in welche politische Richtung es geht. Fragt sich, wann diese durchgeführt werden. Wir haben bereits August, in weniger als einem halben Jahr soll es also in Daytona losgehen. Noch immer gibt es keine klaren Aussagen der Verantwortlichen, welche Formen das Reglement, vor allem im Prototypen-Bereich, annehmen soll. Eine Planung für Teams und Hersteller ist aktuell also noch so gut wie unmöglich.

Auch wenn – wie mehrfach angekündigt – im September erste Richtlinien veröffentlicht werden sollen, müssen immer noch Testfahrten absolviert und eventuelle Änderungen vorgenommen werden. Die Zeit läuft also auf dem nordamerikanischen Kontinent, und sie läuft gegen die Organisatoren der USCR.