ALMS-Rückschau: Die Hitzeschlacht von Lime Rock

59

Das Muscle-Milk-Duo Klaus Graf und Lucas Luhr gewann den vierten Lauf der ALMS im Lime Rock Park, bei den GT fuhr BMW in dominanter Manier zum nächsten Saisonsieg. Neben der Belastung des Rennen Fahrens an sich machte den Fahrern aber auch das Wetter in Connecticut zu schaffen.

Ein Rennen ist eine Belastung für Mensch und Maschine, vor allem im Langstreckenbereich. Dazu kommt, dass in der American Le Mans Series fünf hart umkämpfte Klassen gleichzeitig auf der Strecke unterwegs sind und man sich gleichzeitig um 360 Grad orientieren muss, um keinem schnellen LMP im Weg zu stehen, aber auch keinen direkten Gegner vorbei zu lassen.

Dies ist die mentale Belastung, die sich durch die jeweilige Rennsituation ergibt. Dazu kommt eine physische Belastung durch die sogenannten Fliehkräfte, ebenso durch die Temperatur in den Autos. Diese kann vor allem in den geschlossenen GT-Rennern mit Frontmotor extrem hoch werden. So weit, so bekannt. Doch im vergangenen vierten Wertungslauf kam noch ein weiterer Faktor dazu: das Wetter.

Unter der Woche hatte es geregnet an der US-Ostküste, zum Wochenende hin wurde das Wetter aber besser und am Rennsamstag wurden Fahrer und Fans dann mit Sonnenschein belohnt – den Fahrern wären jedoch sicherlich Wolken lieber gewesen. Durch das deutlich bessere Wetter herrschten dreißig Grad Lufttemperatur und über vierzig Grad auf dem Asphalt.

Fast keine Belüftung im Auto

Das zuvor vom Himmel gekommene Wasser verdampfte durch die neue Wetterlage nun und damit lag die Luftfeuchtigkeit bei siebzig Prozent, und jeder weiß, dann fühlen sich dreißig Grad noch viel heißer an, man fängt stärker an zu schwitzen als normal, verliert also mehr Flüssigkeit. Dazu kommen die hohen Temperaturen im Auto und die hohe mentale Belastung in einem 33 Autos starken Feld.

Dies führte dazu, dass die Fahrer an ihre Belastungsgrenzen gehen mussten, manche sogar darüber hinaus. Zu spüren bekamen dies am härtesten Nicolas Armindo (NGT Motorsport) und Scott Tucker (Level 5 Motorsports). Sie konnten die ausgeschwitzte Flüssigkeit auch durch das beigefügte Trinken nicht wieder ausgleichen, an Kühlung ist im Auto gleich gar nicht zu denken. BMW-Pilot John Edwards erklärte, dass die Belüftung nur auf der Start-Ziel-Geraden funktioniere, da man nur dort im fünften und sechsten Gang fährt.

So kam Armindo deutlich von einem Stint gezeichnet – er war der professionelle Pilot in Henrique Cisneros Porsche in der GTC-Klasse und fuhr damit länger – an die Box. Der Franzose konnte gerade noch aus dem Auto aussteigen und fiel dann mehr oder weniger über die Boxenmauer zu den Mechanikern. Diese hielten zwar schon etwas zum Trinken bereit, dennoch musste er anschließend, gestützt von zwei Teammitgliedern, zur Behandlung ins Medical-Center.

Die alten Fotostrecken sind leider nicht mehr verfügbar.

Mehr Fehler durch Erschöpfung

Noch härter traf es aber den Level-5-Teamchef Scott Tucker. Wie üblich war er für beide Autos gemeldet und sollte damit laut Plan fast das gesamte Rennen bestreiten. Für einen semiprofessionellen Piloten ein Ding der Unmöglichkeit, wenn selbst Armindo nach seinem Stint am Ende seiner Kräfte war.

So kam es, dass Tucker, nachdem er sein zweites Auto von Marino Franchitti übernommen und das erste an Ryan Briscoe abgegeben hatte, zunehmend Fehler machte. Vor allem in der letzten Kurve trieb es ihn immer wieder auf den Rasen, durch Glück konnte er seinen HPD aber noch gerade halten. Dennoch brachte er zunehmend sich und andere in Gefahr – Matteo Malucelli (Risi-Ferrari) und andere schafften es gerade noch die Straßenseite zu wechseln.

Nach mehreren weiteren Ausritten in Folge zog Level-5-Teammanager David Stone am Kommandostand die Reißleine und holte den Fahrzeug- und Teambesitzer an die Box. Franchitti kehrte bis zum Ziel ins Auto zurück, Tucker schaffte es gerade noch hinter der Boxenmauer. Seinen Helm mussten ihm dann die Mechaniker abnehmen, bevor er zu Boden ging. Andere Mannschaften versuchten dies zu verhindern, indem sie zusätzliche Boxenstopps einlegten, um die Trinkflaschen zu wechseln.

Das zwei Stunden und 45 Minuten lange Rennen forderte den Fahrern also mehr ab als sonst und das, obwohl es sich um einen Lauf von ganz gewöhnlicher ALMS-Distanz handelte. Trotzdem war den Fahrern selten die Erschöpfung so sehr anzusehen. Am vergangenen Wochenende ging alles gut, doch wenn durch Dehydrierung die Konzentration nachlässt, kann es auch zu weitaus gefährlicheren Situationen kommen.