Bei den Sechs Stunden von Spa-Francorchamps überquerte erstmals seit Einführung des Hypercar-Regelwerks ein privat eingesetzter Prototyp in führender Position die Ziellinie. Das Team Jota gewann die Le-Mans-Generalprobe mit seinem Porsche-Duo Will Stevens und Callum Ilott.
Das Team Jota hat den Sieg bei den Sechs Stunden von Spa-Francorchamps errungen. Damit ist der Porsche-Rennstall aus Kent das erste privat geleitete Team, welches seit der Einführung des Hypercar-Reglements einen Gesamterfolg in der FIA World Endurance Championship für sich reklamiert hat. Will Stevens und Callum Ilott kreuzten die Ziellinie bei der Generalprobe für die 24 Stunden von Le Mans als Spitzenreiter.
Platz zwei belegten die Porsche-Markenkollegen Kévin Estre, André Lotterer und Laurens Vanthoor. Sowohl die siegreiche Besatzung des Teams Jotas als auch die zweitplatzierte Werksmannschaft von Penske Motorsport gereichte dabei ein Tankstopp unmittelbar vor einer zweistündigen Rotunterbrechung infolge eines schweren Unfalls zum Vorteil. Im Unterschied zur Konkurrenz mussten die beiden Porsche-Gespanne nach dem Neustart nur noch einmal die Box ansteuern.
Was hatte sich zugetragen? Bei noch beinahe zweistündiger Restzeit unterlief Cadillac-Pilot Earl Bamber ein Fehler im Überrundungsverkehr. Bamber befand sich auf der Kemmel-Geraden im Windschatten des vorausfahrenden Julian Andlauer – für Proton Competition im Einsatz – und war im Begriff, Sean Gelael im BMW M4 LMGT3 des W Racing Teams zu überholen, lenkte jedoch zu früh ein und kollidierte mit dem zu überrundenden Fahrzeug.
Ferrari-Protest zurückgewiesen
Infolge des Zusammenstoß schlug Bamber im spitzen Winkel in die Leitplanke ein und drehte sich zweimal um die eigene Achse, wobei sein Cadillac V-Series.R sich kurzzeitig emporrichtete. Derweil schlug Gelael auf der anderen Fahrbahnseite quasi frontal in die Leitschiene ein. Allerdings kamen beide Fahrer glimpflich davon und konnten ihre Cockpits ohne Blessuren verlassen. Nichtsdestoweniger schwenkten die Sportwarte rote Flaggen. Zudem sprachen die Regelaufseher nachträglich eine Strafe für Bamber aus – eine Strafversetzung um fünf Positionen in der Le-Mans-Startaufstellung.
Anstatt allerdings während der Unterbrechung die Wettbewerbszeit weiterlaufen zu lassen, fasste die Rennleitung den Entschluss, das Rennen um 19.10 Uhr für eine Restdauer von einer Stunde und vierundvierzig Minuten neu zu starten. Diese Entscheidung fiel zum Missmut Ferraris. Die Roten hatten zum Zeitpunkt der Rotunterbrechung eine Doppelführung inne, jedoch noch zwei Boxenstopps zu absolvieren.
Folglich zählte AF Corse zu denjenigen Wettbewerben, welche sich bei nach der Wiederaufnahme der Wettfahrt auf dem Ardenner Grand-Prix-Kurs im Nachteil befanden. Daher legte Ferrari gegen das Vorgehen der Renndirekt anschließend Protest ein. Allerdings wies die FIA diese Beschwerde zurück und erklärte, im Einklang mit den sportlichen Regularien gehandelt zu haben, um die „sportliche Fairness“ zu bewahren.
Toyota ohne Siegchancen
Letzten Endes musste sich Ferrari daher mit den Endplatzierungen drei und vier bescheiden. Im innerbetrieblichen Kräftemessen unterlagen Alessandro Pier Guidi, James Calado und Antonio Giovinazzi; Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen ergatterten dahingegen die Bronzemedaille für AF Corse. Die besten Fünf komplettierte Proton Competition mit seinem Porsche-Doppel Andlauer und Neel Jani – ebenfalls Leidtragende, welche bis dato herausgestochen hatten.
Demgegenüber war Toyota ohne ernstliche Ambitionen an den Start gegangen, auf dem Circuit de Spa-Francorchamps den Sieg davonzutragen. Von den Starträngen sechs und vierzehn losgefahren, vermochte Gazoo Racing allerdings, trotz mehrerer zu verbüßender Strafen noch ein Achtung gebührendes Resultat zu erzielen. Sébastien Buemi, Brendon Hartley und Ryō Hirakawa wurden Sechste; die Stallgefährten Mike Conway, Kamui Kobayashi und Nick de Vries kämpften sich auf Position sieben nach vorne.
An achter Steller erreichten die AF-Corse-Lenker Robert Kubica, Yifei Ye und Robert Schwartzman das Ziel. Dahinter sortierten sich die Alpine-Piloten Paul-Loup Chatin, Jules Gounon, und Charles Milesi ein, während die zweite Alpine-Besatzung mit Nicolas Lapierre, Matthieu Vaxivière und Mick Schumacher auf dem zwölften Platz landete. Die vordersten Zehn vervollständigten derweil die Peugeot-Athleten Mikkel Jensen und Nico Müller; deren Stallgefährten Paul die Resta und Loïc Duval wurden Vierzehnte.
BMW jenseits der besten Zehn
Die Bayerischen Motorenwerke mit ihrer Einsatzmannschaft des W Racing Teams ging dahingegen leer aus. Dries Vanthoor, Raffaele Marciello und Marco Wittmann wurden Elfte, Sheldon van der Linde, Robin Frijns und René Rast Dreizehnte. Isotta Fraschini bildete einmal mehr das Schlusslicht, erreichte mit Jean Karl Vernay, Antonio Serravalle und Carl Bennett allerdings das Ziel – an fünfzehnter Stelle.
Das Lamborghini-Dreigespann Daniil Kwjat, Mirko Bortolotti und Andrea Caldarelli schied mit einem Reifenschaden aus. Die zweite Porsche-Besatzung von Penske Motorsport – Frédéric Makowiecki, Michael Christensen und Matt Campbell – fielen bereits in der ersten Rennhälfte aus. Christensen fuhr zu rabiaten über die Randstein der Mutkurve Blanchimont, verlor für einen Moment die Kontrolle und berührte die Streckenmauer. Anschließend deaktivierte sich das Hybridsystem aus Sicherheitsgründen.
Die Teamkollegen der Gesamtsieger – Jenson Button, Phil Hanson und Oliver Rasmussen – wurden ebenfalls in einen Unfall verwickelt. Beim Ansteuern der Rivage-Kehre fuhr Rast im Überrundungsverkehr dem vorausfahrenden Hanson ins Heck, welcher daraufhin mit Ahmad Al Harthy im BMW M4 LMGT3 des W Racing Teams zusammenstieß. Die Sportkommissare belegten Rast anschließend mit einer Durchfahrtsstrafe.
Manthey-Racing holt GT3-Zweifachsieg
In der GT3-Klasse feierte Manthey-Racing unterdessen einen Doppelsieg. Obenauf: Richard Lietz, Yasser Shahin und Morris Schuring. Silber ging an Joel Sturm, Alex Malykhin und Klaus Bachler. Das Stockerl beim dritten Saisonlauf der Langstreckenweltmeisterschaft komplettierten hinwiederum die Lamborghini-Piloten Claudio Schiavoni, Franck Perera und Matteo Cressoni von Iron Lynx.
Nächster Halt der FIA World Endurance Championship: Le Mans. Am dritten Juniwochenende findet der Saisonhöhepunkt auf dem Circuit de la Sarthe statt. Am vorherigen Sonntag trägt der ACO den Testtag zur Vorbereitung auf die Endurance-Kraftprobe aus.
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