VLN: Rüpeleien im Breitensport?

Der 56. ADAC-ACAS-H&R-Cup sorgte für reichlich Zündstoff. Nachdem sich zunächst die Fahrer Jochen Krumbach und Daniel Zils über teilweise rücksichtsloses Verhalten auf der Strecke beklagten, äußerten sich nun weitere Betroffene der Rüpeleien.

Der 56. ADAC-ACAS-H&R-Cup sorgte für reichlich Zündstoff. Nachdem sich zunächst die Fahrer Jochen Krumbach und Daniel Zils über teilweise rücksichtsloses Verhalten auf der Strecke beklagten, äußerten sich nun weitere Betroffene der Rüpeleien.

Es war eng auf der Nordschleife. 195 Wagen hatten den dritten VLN-Lauf unter die Räder genommen. Mehr als ein Viertel der Starter verpasste aber die Zielankunft. Neben den technischen Defekten, die bei Langstreckenrennen immer vorkommen, fielen viele Teilnehmer Unfällen zum Opfer, die zum Teil durch mangelnde Rücksicht untereinander verursacht wurden. Zudem wurde beklagt, dass unfaires Verhalten unter Doppelgelb nicht konsequent genug geahndet werde.

Christoph Brune, mit einem Opel Astra in der Klasse V3 am Start, klagte über mangelnde Erfahrung von einigen Fahrern auf schnellen Wagen und damit verbundene Rücksichtslosigkeit. „Solch rücksichtloses Verhalten von Kleinkindern mit 600 PS habe ich noch nicht erlebt. Wir wissen, dass wir keinem im Weg stehen, schauen mehr nach hinten, als nach vorne, verlassen freiwillig und im Turbo-Tempo unsere Linie um Schnelle nicht im Rennen zu hindern und machen dabei unsere eigene Runde platt. Das scheint manchen pubertierenden Idioten aber scheinbar immer noch nicht zu reichen“, wird er deutlich. „Wir können uns nicht in Luft auflösen, das geht nicht. Wenn man schon halb im Gras ist, kann man sich einfach nicht mehr schmaler machen.“

Der Opel-Fahrer hat aber auch Ideen, wie man mit derartigem Verhalten umgehen sollte: „Gestern, im letzten Stint ist mir bewusst geworden, dass Diskussionen und deutliche Ansprache kaum noch etwas nutzen und die Rennleitung Sperren von ein bis drei Rennen wegen Rüpelei aussprechen sollte.“ Zudem schlägt er vor, Neulinge sollten sich zunächst in kleineren Klassen beweisen, bevor sie in den großen Klassen starten dürfen.

„Es ist sehr interessant, beiden Seiten der Medaille zu kennen“

Roland Botor, der in diesem Jahr einen der beiden Audi TT RS2 von LMS Engineering pilotiert, kennt aus eigener Erfahrung den Unterschied zwischen Rennwagen mit viel Anpressdruck und hohen Kurvengeschwindigkeiten sowie Wagen aus den „kleinen“ Klassen. Seit 2007 hat er in der VLN-Erfahrung in den Serienwagen-Klassen und im Clio-Cup gesammelt.

„Der Audi TT RS2 von LMS Engineering ist das Geilste, was ich an Rennwagen bis jetzt über die Nordschleife bewegt habe. Es ist aber auch erschreckend zu sehen, wie schnell man in Kurven sein kann, wenn so eine Kiste richtig Abtrieb hat. Da hat man das Gefühl, die anderen Autos ohne Aerodynamik stehen in der Kurve und man will einfach nur schnell vorbei“, erklärt der neue Audianer.

„Aber der vor mir kann sich ja auch nicht in Luft auflösen und fährt ja auch um Platzierungen“, räumt er ein. „Es ist sehr interessant, beiden Seiten der Medaille zu kennen. Somit geht aber auch für mich eine gewisse Verantwortung einher, denn ich kenne diese Problematik und versuche, kühlen Kopf zu bewahren, und ich werde mein Bestes geben, das mir das die restliche Saison auch gelingt.“

Auch Botor glaubt, dass mangelnde Erfahrung bei manchen Fahrern die Wurzel des Übels ist: „Ich habe immer mehr das Gefühl, dass zu viele Leute da draußen rum fahren, die einfach keine Ahnung haben, was sie da tun. Das gilt für kleine sowie auch große Klassen. Wenn jemand in der Mitte der Strecke rumgurkt, ist das für mich ein Zeichen, dass er nicht weiß, wo es langgeht. Krönung des Ganzen ist, dass man somit nicht weiß, wo man überholen soll und dadurch einfach gefährliche Situationen entstehen können.“

Weiterhin bemerkte Botor, wie auch andere Fahrerkollegen, dass im Training und Rennen nur wenige freie Runden ohne Doppelgelb-Phasen möglich waren. „Ich bin den Letzten Stint mit meinem Audi gefahren und hatte mich schon auf ein spannendes Finale mit dem Møller-Bill-Audi gefreut, der zu der Zeit auf dem ersten Platz  lag. Wir waren Zweite und in Schlagdistanz.“

Code 60 verhinderte den Zweikampf. „Aber dies wurde durch eine Flut von gelben Flaggen von Runde zu Runde vereitelt. Der Abstand hat sich nur dadurch vergrößert oder verkleinert, wie gut oder schlecht man durch die Gelbabschnitte gekommen ist. Das hatte nichts mehr mit Rennen fahren zu tun“, und beschrieb die Sachlage auf der Strecke: „Es war das blanke Chaos da draußen und es hat null Spaß gemacht zu fahren.“

„Warme Worte ohne Wirkung“

Auch der erfahrene Christian Menzel findet deutliche Worte, nachdem er ein Begegnung der unerfreulicheren Art hatte: „Sehr spannend ist es, in der letzten Runde in der Fuchsröhre von einem Kollegen angeschoben zu werden. Doch damit nicht genug: Ausgang Adenauer Forst geht dann das ‚Miteinander‘ weiter. Es wird immer noch geschoben, obwohl wir alle im Verkehr stecken – nichts verdientes Podium, sondern Planke und ein Schaden von locker 50.000 Euro. Das Auto ist krumm wie eine Banane. Zum Glück nur Material.“

Ebenfalls kritisiert auch der Mercedes-Neuling das Verhalten seiner Mitstreiter bei doppelt gelb geschwenkten Flaggen. „Es ist schon verdammt lehrreich, im Rückspiegel mit erleben zu dürfen, wie einige Kollegen unter Doppelgelb (Anm. d. Red.: Tempolimt beträgt sechzig Kilometer pro Stunde) mehrfach viele hundert Meter aufholen können, ohne dabei von dem GPS-System als Regelbrecher erfasst zu werden.“

Menzel fügt hinzu: „Das ist schade für den Sport, aber noch viel schlimmer für die Menschen, die sich draußen auf der Strecke aufhalten. Aus dem Grund sollen wir ja langsam fahren. Die warmen Worte und erschreckenden Filme bei der Fahrerbesprechung vom zweiten VLN-Rennen haben einige nicht verstanden. Aber das sind scheinbar die am leichtesten gewonnen Sekunden.“


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