Safety-Car-Festspiele: Die gelben Stunden von Sebring

Während der Zwölf Stunden von Sebring musste das Safety-Car aus verschiedensten Gründen insgesamt elfmal auf den Kurs. Damit neutralisierte das Sicherheitsfahrzeug das Rennen für rekordverdächtige fünf Stunden. War das wirklich nötig? Ein Kommentar.

Während der Zwölf Stunden von Sebring musste das Safety-Car aus verschiedensten Gründen insgesamt elfmal auf den Kurs. Damit neutralisierte das Sicherheitsfahrzeug das Rennen für rekordverdächtige fünf Stunden. War das wirklich nötig? Ein Kommentar.

Es ist das älteste Rennen der USA und eines der prestigeträchtigsten dazu. Die Zwölf Stunden von Sebring versprechen spannende Zwei- und Mehrkämpfe, und das einmal rund um die Uhr. Jährlich zieht das Spektakel Zuschauer aus aller Welt in den Bann, allein 100 000 pilgerten zur diesjährigen Auflage auf dem ehemaligen Flughafengelände.

Doch was sie dort über Stunden zu sehen bekamen war nicht nur Rennaction im US-amerikanischen Stil. Es ging nicht nur Tür an Tür, Rad an Rad in vier verschiedenen Klassen mit den größten Sportwagenikonen der Welt. Nein – es ging über weite Strecken einfach nur im Entenmarsch hintereinander her, während die neue, zugegeben nicht schlecht anzusehende, Corvette C7 Stingray die Führungsarbeit leistete.

Was die Zuschauer zu sehen bekamen waren also Safety-Car-Phasen, oder Full-Course-Cautions, wie sie der Amerikaner nennt. Die rote Corvette musste aber nicht nur ein-, zwei- oder dreimal auf den Kurs. Sie bekam ganze elf Einsätze. Aber auch das hört sich für ein Zwölf-Stunden-Rennen erst einmal nicht viel an. Zudem wird das Feld selbst für eine vermeintlich einfache Aufgabe, wie ein stehendes Auto am Rand, ausgebremst – eine Situation, für die ein Sportwart in Silverstone nicht einmal Gelb schwenken würde.

Niedrige Hemmschwelle für Gelbphasen

Doch es fiel bereits das Stichwort „USA“. Dort sieht eine Safety-Car-Phase etwas anders aus als in der BES oder dem GT-Masters. Es wird nicht einfach nur der Führende abgefangen, die Behinderung beseitigt und dann das Feld wieder auf die Reise geschickt. In der USCC wird eine ganze Choreographie abgearbeitet. Diese beginnt mit den Aufräumarbeiten, irgendwann dürfen Prototypen, dann die GT in die Box und zum Schluss werden Überrundete durchgewinkt, bis der nächste Leader hinter dem Sicherheitsfahrzeug auftaucht.

So kam die Corvette am Ende auf eine Einsatzzeit von rund fünf Stunden – auf diesen Wert kommt Bernd Mayländer in einer ganzen Formel-1-Saison nur schwer. War das wirklich nötig?

„Nein“, würden nun die meisten sagen. Das Safety-Car ist noch lang auf der Strecke, wenn das Hindernis schon beseitigt ist, nur damit das komplette Prozedere abgespult werden kann. Am deutlichsten sichtbar wurde dies während der letzten Gelbphase. Eigentlich musste nur die Marsh-Corvette vom Streckenrand geborgen werden, doch das Feld musste seine Prozessionsfahrt eine halbe Stunde durchführen.

Nach Ansicht einiger Beobachter wäre zu diesem Zeitpunkt eine lokale gelbe Flagge völlig ausreichend gewesen. Ebenso kam es zu weiteren Einsätzen des Führungsfahrzeuges, über die man diskutieren kann, beispielsweise wegen Teilen auf der Strecke, die nicht einmal auf der Ideallinie lagen.

Ausladende Safety-Car-Abläufe

Auf der anderen Seite muss man aber die Vorsicht der Rennleitung beachten. In der USCC treten Felder von fast 70 Fahrzeugen an, und das auf Strecken mit einer Länge von nur sechs Kilometern. Da ist es für einen Streckenposten unmöglich mal schnell auf den Kurs zu laufen und ein Teil zu entfernen. Fast immer befindet sich ein Rennwagen im Anflug – und vor allem die Werksfahrer der P- und GTLM-Klasse bewegen sich jederzeit am Limit.

Dazu kommen die Gentlemen-Kategorien PC und GTD. Gerade die Lenker der kleinen Oreca-FLM-Boliden fielen in Sebring durch große Unsicherheit auf. Einige Male fanden sie sich im Grünen wieder und lösten so ein Safety-Car aus, oder sie versuchten sich zum falschen Zeitpunkt einzufädeln und gerieten in den Verkehr – so geschehen beim Unfall zweier PC, Corvette-Pilot Ricky Taylor konnte eine weitere Kollision nur durch einen großen Ausritt in die Botanik verhindern.

Es ist also ganz klar, dass die Rennleitung bei Gefahrensituationen auf Nummer Sicher gehen möchte und lieber einmal mehr das Rennen neutralisiert. Bleiben noch die fünf Stunden Gesamtzeit unter Full-Course-Yellow. Zweifelsfrei ist dies eine Hausnummer und wird vermutlich auch so schnell nicht überboten werden können.

Schon seit je her sind Rennunterbrechungen ein taktisches Mittel am Kommandostand. Auch in Sebring entschied sich das Rennen letztendlich an der Box, natürlich unter Gelb. Doch was passiert, wenn Prototypen und GT nun gemeinsam zum Service dürften? Dann würden bis zu 60 Autos in einer Runde ihre Mannschaften ansteuern. Es würde zum großen Chaos kommen, viele Verlierer geben und am Ende würde sich die Zahl an Fehlern häufen.

Ordnung des Feldes unerlässlich

Bei solchen Starterfeldern muss man also unweigerlich die Klassen getrennt in die von Natur aus kleinen US-Boxengassen lassen. Und was folgt, wenn einige abbiegen? Es rücken andere nach vorn. An dieser Stelle scheiden sich abermals die Geister, ob das sogenannte „Wave-by“ die Lösung, oder doch eher eine Wettbewerbsverzerrung ist.

Eine radikale Alternative zum Safety-Car wäre die Code-60-Regel, wie sie seit einiger Zeit von der Creventic eingesetzt wird. Doch ob dies für die USCC tatsächlich die Lösung für kürzere Gelbphasen ist, lässt sich, angesichts der Notwenigkeit getrennter Boxenaufenthalte, nur schwer beurteilen. Auch ein geordneter Neustart wäre mit den unterschiedlichen Leistungsklassen nicht sicher.

Zumindest hat die IMSA aber erkannt, dass sie ihr Konzept überdenken muss. Bis zum nächsten Rennen in Long Beach werden sich die Organisatoren mit den sportlichen Regularien befassen. Dass sie jedoch komplett umdisponieren werden ist eher unwahrscheinlich. Immerhin ist das Safety-Car schon immer ein Spannungselement – und eine US-Rennserie ohne stundenlange enge Kämpfe und spannende Zieleinläufe, wäre keine US-Rennserie mehr.


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