GTE-Pro in Le Mans: Die Erwartungen erfüllt

Porsche errang beim Langstreckenklassiker an der Sarthe einen für viele überraschenden Doppelsieg. Damit wurden die Zuffenhausener bei der Rückkehr als Werksequipe ihrem Ruf gerecht. Aber auch die GTE-Pro-Klasse an sich erfüllte die in sie gesetzten Erwartungen.

Porsche errang beim Langstreckenklassiker an der Sarthe einen für viele überraschenden Doppelsieg. Damit wurden die Zuffenhausener bei der Rückkehr als Werksequipe ihrem Ruf gerecht. Aber auch die GTE-Pro-Klasse an sich erfüllte die in sie gesetzten Erwartungen.

23 Stunden lang lieferten sich die Abordnungen von Porsche und Aston Martin eine Hatz auf des Messers Schneide. Es war klar zu erkennen: Hier sind die besten GT-Fahrer der Welt in den schnellsten Rennwagen dieses Sektors unterwegs. Dabei hatte vorher niemand die Truppe aus Zuffenhausen und Meuspath ernsthaft auf der Rechnung. Porsche war diesmal der große Außenseiter. Aber wo waren Ferrari, Corvette und Co.?

Bis zum frühen Samstagmorgen hatte Aston Martin die Sache soweit im Griff. Der Wagen mit Frédéric Makowiecki, Bruno Senna und Rob Bell hielt die Verfolger im Porsche auf Distanz. Zwar konnte das Trio im Briten-Renner Marc Lieb, Romain Dumas und Richard Lietz nicht vollends abschütteln. Die Porsche-Truppe schien aber ihrerseits auch nicht in der Lage, die Lücke aus eigener Kraft zu schließen. So wurde denn angegast, was das Zeug hielt, in der Hoffnung, den Gegner in einen Fehler zu treiben.

Den leistete sich Makowiecki um kurz vor zehn Uhr am Sonntag. Zugegeben, der Fehler war lapidar. Dir Auswirkung dafür umso verhängnisvoller. Der Aston Martin schlug einen Neunzig-Grad-Linkshaken geradewegs in die Streckenbegrenzung ausgangs der Forza-Schikane. Erinnerungen an den ähnlich aussehenden Unfall von Allan Simonsen am Vortag wurden wach. Gottlob entstieg der Franzose dem Wrack unverletzt. Aufatmen in den Aston-Martin-Boxen.

Damit hatten sich die Vorzeichen gewendet. Porsche führte und Aston Martin übernahm die Rolle des Jägers. Diesmal in Form des Gulf-Art-Cars mit Stefan Mücke, Darren Turner und Peter Dumbreck. In der Abstauberposition dahinter der zweite Porsche mit Timo Bernhard, Jörg Bergmeister und Patrick Pilet. Die Drei hatten bei der ersten Safetycar-Phase kurz nach Rennstart das Pech vom falschen Führungsfahrzeug aufgenommen zu werden und hasteten mit den daraus resultierenden zwei Minuten Rückstand dem Führungsduo hinterher.

So ging das Spiel bis in die 23. Rennstunde. Dumbreck hatte zwischenzeitig die Führung übernommen, was man in der Porsche-Box aber entspannt betrachtete. Der Brite setzte sich in Front, als der führende Porsche gerade in der Box einen größeren Service mit Reifenwechsel über sich ergehen ließ. Die Manthey-Mannen wussten aber, daß dieser Service auch noch bei Aston Martin anstand. Nach dem Stopp der Briten war die Reihenfolge wieder hergestellt. Am Steuer der beiden Führenden zum Schussturn. Lietz im Porsche, Mücke im Aston Martin.

Der Abstand hatte sich auf gut fünf Sekunden verkürzt und der Sieg für Porsche lag keineswegs in trockenen Tüchern. Gegen Ende von Rennstunde 23 setzte einer der vielen Regenschauer über der Strecke ein. Die beiden Spitzenreiter rutschten knapp hintereinander über den Kurs. Alle erwarteten einen parallelen Boxenstopp der Beiden um Regenreifen zu holen. Doch nur Mücke bog in die Boxengasse ab. Lietz ging auf volles Risiko. In der gleichen Runde mussten nach mehreren Unfällen mit Trümmerteilen auf der Straße die Safetycars abermals ans Werk.

Das spielte der Porsche-Truppe in die Karten. Lietz hatte zwar seine liebe Mühe, auf Slicks dem Führungsfahrzeug zu folgen, aber im Laufe der Runden hinter diesem ließ der Regen nach die Strecke begann abzutrocknen. Für Aston Martin hingegen lief in dieser Phase alles falsch. Man war genau zum ungünstigsten Zeitpunkt in die Box gegangen und verlor auch noch den Silberrang gegen den zweiten Porsche, der ebenfalls zum perfekten Zeitpunkt stoppte und zudem noch in einer Safety-Car-Gruppe vor den Briten aus der Box heraus kam. Nachdem das Rennen wieder frei gegeben war, konnten die beiden Neunelfer die Doppelführung verwalten. Dieser Drops war gelutscht. Der Doppelsieg für Porsche und Olaf Mantheys Truppe war eingetütet.

Corvette enttäuschend, Ferrari ungeschickt

Was aber machte Porsche und Aston Martin so stark und die anderen so vermeintlich schwach? Pierre Kaffer hatte die Möglichkeit alle GT-Protagonisten aus der Sicht eines LMP2-Prototypen zu studieren. Die Porsche, so Kaffer, seien die absolut schnellsten GTE-Fahrzeuge auf den Geraden. Die Aston-Martin-Boliden dagegen sah er in den schnellen Kurven vorne.

Porsche hatte vor dem Rennen intensiv in Weissach und Misano getestet und etliche Stunden im Windkanal verbracht, um dem neuen Elfer das schnelle Rennen beizubringen. Aston Martin war schon am Anfang der Saison schnell in Silverstone und Spa-Francorchamps und wild entschlossen, dies auch an der Sarthe fortzusetzen.

Corvette war weder schnell auf der Geraden, noch in den Kurven. Vor allem aber haderten die US-Amerikaner mit ihrer Motorleistung und der damit möglichen Höchstgeschwindigkeit. Wie man hört, haben die Corvette-Boys im Laufe der Woche sämtliche über den Ozean gebrachten Motoren in die Renner eingebaut, um mögliche Probleme mit der Serienstreuung auszuschließen.

Das Problem der Bigbanger auf die Balance of Performance zu schieben ist etwas zu plump. Zwar bekam die C6.R für die Abschiedstournee fünf Kilogramm Zusatzgewicht verpasst, im Gegenzug wurde aber der Restriktor vergrößert. Auch der Blick auf die Konkurrenz in Form von dreißig Kilogramm weniger Gewicht und ebenfalls mehr Luftdurchsatz bei Aston Martin hinkt. Die Corvetten konnten nicht einmal die Höchstgeschwindigkeit des Vorjahres erreichen.

Womöglich konnte man mit dem Auslaufmodell C6.R gar nichts mehr erreichen. Fragt man im US-Lager nach dem Stand des Nachfolgemodels C7, so bekommt man immer dieselbe Antwort: „Wir testen.“ Ging hier wichtige Test-Zeit der C6 zugunsten der C7 verloren? Schließlich lassen in der engmaschig gestrickten GTE-Pro-Klasse Kleinigkeiten das Pendel in die ein oder andere Richtung ausschlagen.

Ferrari hingegen war in der ganzen Vorwoche bei der Musik und galt als absolut konkurrenzfähig. Wie so oft haben sich die AF-Corse-Mannen selbst ein Bein gestellt. Zu oft sah man die Roten dort, wo sie nicht hingehören. Abseits der Strecke im Kiesbett. Symbolisch für das Rennen der Italiener war ein Vorfall in der Box am Sonntagmittag.

Zwei Ferrari standen hintereinander in der AF-Corse-Box. Matteo Malucelli stand hinter einem Kollegen aus der Amateurklasse der GT-Riege. Als dieser fertig war und seine Box verließ, drückte Malucelli ebenfalls aufs Gas um seinem Kumpanen zu folgen. Was er allerdings nicht berücksichtigte – der Tankschlauch hing noch in seinem Renner. Der Tankwart wurde umgeworfen, Gott sei Dank ohne schlimme Blessuren zu erleiden, die Boxenmannschaft sprang wild umher.

Bei der Ausfahrt übersahen die Roten dann auch noch den Oak-Morgan-Nissan, der gerade zu seinem Stopp herein rollte und Malucelli verpasste dem LMP2-Art-Car noch einen Tritt in den Hintern. Liebe Italiener: So gewinnt man keine 24-Stunden-Rennen.

Zu guter Letzt noch ein Wort zum Auftritt der SRT-Viper-Mannschaft. Der Kult-Renner wurde vor allem von den Fans mit offenen Armen in Frankreich empfangen. Leider blieb die Truppe die ganze Woche über hinter den Erwartungen zurück. Aber wie schon erwähnt: Der Kampf in der GTE ist so eng, wie er nur sein könnte. Neue Hersteller haben es traditionell schwer, den Anschluss zu finden und ist man erst einmal bis auf eine Sekunde dran, wird es richtig schwer und vor allem teuer die Lücke zu schließen. Aber die beiden Giftschlangen waren eine Bereicherung und die Viper wird zurück kommen. Spätestens in einem Jahr.


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