GT-WM in Moskau: Hin und Her bei Hexis-McLaren

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Hexis-McLaren ist 2012 die Wundertüte der GT-Weltmeisterschaft. Das in den Vorjahren so konstante französische Team erlebte in den letzten fünf Monaten ein ständiges Auf und Ab, das letztlich den Fahrer- und Teamtitel kosten kann – wenn nicht sogar schon hat.

Als am Sonntagnachmittag die Zielflagge fiel, hatte das Hexis-Racing-Team aus dem südfranzösischen Lédenon im Hauptrennen der GT-Weltmeisterschaft auf dem Moscow Raceway alles erreicht, was erreicht werden konnte: Ein souveräner Doppelsieg und 25 Punkte für die besser platzierte Fahrerpaarung Frédéric Makowiecki und Stef Dusseldorp. Trotzdem wird es den stets etwas grimmig dreinblickenden Hexis-Teammanager Philippe Dumas nicht nachhaltig erheitert haben. Dafür lief nicht nur nach seinen strengen Kriterien zu viel in dieser Saison schief.

Zwei neue Fahrer – ein altbewährtes Team

Durch den Wechsel der GT-WM auf das GT3-Reglement veränderte die Ausgangslage bei Hexis Racing für das Jahr 2012. Im Jahr 2010 wurde das Team Zweiter der Mannschaftswertung und hatte großen Anteil am Gewinn der Markenmeisterschaft für Aston Martin. Makowiecki wurde alleiniger Dritter in der Fahrerwertung, da er sich den DBR9 mit vier verschiedenen Mitfahrern teilen musste. 2011 fing Hexis Racing das führende Nissan-Team von JR Motorsport beim Saisonfinale in Argentinien noch ab und wurde Teamweltmeister. Christian Hohenadel und Andrea Piccini wurden Dritte bei den Fahrern.

2012 wechselte Hexis dann von Aston Martin zu McLaren. Makowiecki kehrte nach einem Jahr beim Marc VDS Racing Team zurück und die Dienste von McLaren-Werksfahrer Álvaro Parente standen nun auch zur Verfügung. Dusseldorp hatte bereits 2011 mit vier Podestplätzen und dem siebten Platz der Fahrerwertung aufmerken lassen, dass Talent und finanzielle Mittel bei ihm in einem günstigen Verhältnis stehen – der Name des Familienbetriebes ziert die Front des McLaren … Grégoire Demoustier ist eben so unstet wie jung: Der 21-Jährige wechselte in der Vergangenheit zwischen GT- und Formelsport, konnte aber kaum durch gute Resultate auf sich aufmerksam machen. Die Paarung Makowiecki/Dusseldorp ist die stärkere, die Paarung Parente/Demoustier die heterogenere.

Zwei neue Fahrzeuge – viele neue Probleme

Wie auch immer man die fahrerische Qualität von Hexis Racing 2012 einschätzen mag, so kommt man doch nicht um die Feststellung herum, dass das Einsatzfahrzeug bisher das Problem des Teams war. Der McLaren MP4-12C GT3 ist das Gegenteil des kugelsicheren GT1-Aston-Martin der letzten zwei Jahre.

Zu oft fielen die McLaren aus, oder es verging wertvolle Trainingszeit durch die Behebung von Problemen. Beide Fahrzeuge hatten beim Saisonauftakt in Nogaro Starterprobleme in der Qualifikation; Makowiecki/Dusseldorp verpassten einen besseren Startplatz durch einen Bezinpumpenschaden in Navarra. Je nach Zählung sind es bis zu vier Motorschäden – davon drei bei Parente/Demoustier –, die in Rennen zu Ausfällen führten. Gerade in der GT3-Kategorie, die ansonsten technisch wenig anfällig ist, fällt eine solche Statistik aus dem Rahmen.

Sinnbild der Saison: Hölle in der Slowakei – Himmel in Russland

Das zweiten Gastspiel der GT-WM in der Slowakei verlief für Hexis desaströs. Über die Sommerpause hatte McLaren den MP4-12C mit Updates versehen, die vorher nicht vom Team getestet werden konnten. Prompt streikte im Training das neue Diffrential, sodass wertvolle Zeit für die Abstimmungsarbeit verstrich. Die neue Aufhängung war vorher nur mit Michelin-Reifen getestet worden, was wenig Anhaltspunkte für die Pirelli-Reifen der GT-WM gab: Weitere Zeit ging verloren. Außerdem gestaltet sich die Balance-of-Performance-Einstufung des einzigen Turbomotors der GT-WM als schwierig, was zu Problemen bei der Leistungsausbeute führen soll. Das Team nahm zwei Punkte aus der Slowakei mit: Makowiecki hatte, von hinten startend, seinen ersten Unfall in einem Hexis-Rennfahrzeug und Parente/Demoustier wurden nach einem Unterbodenschaden noch Neunte.

Zwei Wochen später sind es in Moskau 43 Punkte für das Team und nur noch 17 Punkte Abstand für Makowiecki/Dusseldorp auf die Meisterschaftsführenden. Was war passiert? Nichts! Die McLaren durften zwar nach neuer BoP wie andere auch 20 Kilogramm leichter starten und Parente wurde im Qualifikationsrennen umgedreht, doch im Vergleich zur vorangegangenen Veranstaltung konnte es das Team nicht aufhalten, da die Leistung stimmt.

Zwei verbleibenden Rennwochenenden – noch ein Titel möglich

Die Doppelsiege von Hexis in Spanien und Russland bezeugen das Potential des Teams, die Ausfälle bei den Slowakeiveranstaltungen die technische Anfälligkeit des McLaren MP4-12C. Den Weltmeistertitel der Teams kann Hexis Racing abschreiben, da auf Münnich Motorsport, die Führenden, schon 53 Punkte fehlen. Vita4One-BMW und WRT-Audi liegen noch dazwischen und verfügen über ausreichend konstante Fahrerpaarungen, um zu große Sprünge in der Tabelle zu verhindern.

Bei den Fahrern hingegen sieht es seit dem letzten Rennen wieder besser aus. Die hypothetische Frage, wie es für Makowiecki/Dusseldorp aussähe, wenn es die katastrophalen Wochenenden in Frankreich und der Slowakei nicht gegeben hätte, müssen sich Hexis und McLaren gefallen lassen. Aber immerhin wird die GT-WM um ein Meisterschaftsszenario reicher, da die schnellen, aber anfälligen Hexis-McLaren nun die konstanten Münnich-Mercedes und Vita4One-BMW herausfordern.