Le Mans: Ferrari feiert nächsten Sieg

Ferrari siegte zum dritten Mal in Folge in Le Mans | © Martin Bormann

Ferrari hat in Le Mans mehr oder minder dominiert. Lediglich eine der Porsche-Besatzungen war imstande, an dieser Überlegenheit zu rühren. Schlussendlich standen allerdings nicht die Roten in der Podiumsmitte, sondern die Männer in Gelb: Robert Kubica, Phil Hanson und Yifei Ye.

Was nach der Bekanntgabe der Fahrzeugeinstufungen zu befürchten stand, trat letztlich bei den diesjährigen 24 Stunden von Le Mans ein. Nach der Zurückhaltung beim Zeitfahren und der defensiven Vorgehensweise während der Startphase, ließ Ferrari ab der dritten Veranstaltungsstunde keinerlei Zweifel an seiner Überlegenheit im Renntrimm aufglimmen. Lediglich selbstverschuldete Fehler und ein Husarenstück der Porsche-Besatzung mit der Nummer sechs verhinderten einen Dreifachtriumph.

Ein überraschendes Ende nahm die Prestigeveranstaltung auf dem Circuit de la Sarthe allerdings dennoch. Obwohl die Entscheidungsträger am Kommandostand mehrmals die gelbe Besatzung zurückpfiffen, um den roten Werksfahrzeugen den Vorrang einzuräumen, überquerten am Sonntagnachmittag schlussendlich Robert Kubica, Phil Hanson und Yifei Ye als Spitzenreiter den Zielstrich.

Somit gewann Ferrari die Kraftprobe im Nordwesten Frankreichs – vielleicht nicht ausschließlich, aber trotzdem dank günstiger Balance of Performance – zum dritten Mal in Folge. Erstmals erstiegen zudem ein polnischer und ein chinesischer Fahrer die höchste Stufe des Gesamtpodiums. Indes stellt sich die Frage, ob der AF-Corse-Erfolg als erster Sieg eines privaten Rennstalls seit der Saison 2005 in die Statistiken eingeht.

Dereinst holte Champion Racing zum letzten Mal mit dem Audi R8 den Le-Mans-Wanderpokal nach Ingolstadt. Offiziell ist der gelbe Ferrari 499P ebenfalls als private Meldung genannt; de facto handelt es sich jedoch nur um einen nominellen Privateinsatz, da Ferrari-Personal Unterstützung gewährt. Zudem hätte somit zum ersten Mal seit 1985 eine private Truppe die Werksmannschaft geschlagen – damals Joest Racing mit dem Porsche 956 B.

Porsche gelingt Bravourstück

Apropos Porsche: Dank einer herausragenden fahrerischen Leistung, die Kévin Estre, Laurens Vanthoor und Matt Campbell erbrachten und einer klugen Strategie von Penske Motorsport, vermochte der Konstrukteur aus Stuttgart-Zuffenhausen, an der Ferrari-Überlegenheit rühren. Wegen Untergewichts nach der Qualifikation strafversetzt und vom letzten Startrang losgefahren, glückte dem Porsche-Trio nahezu ein Null-Fehler-Ritt.

Nichtsdestoweniger reichte diese Performance nicht zu, um den Ferrari-Triumph ernstlich zu gefährden. Vierzehn Sekunden fehlten zwar beim Zieleinlauf nur, aber die anderen beiden Ferrari-Gespanne begingen Fehler und handelten sich Strafen ein. Ohne diese Missgeschicke wäre AF Corse in einer eigenen Liga gefahren. Stattdessen mussten sich die Roten letzthin mit den Plätzen drei und vier bescheiden.

Alessandro Pier Guidi, James Calado und Antonio Giovinazzi wurden Dritte, Antonio Fuoco, Nicklas Nielsen und Miguel Molina belegten Platz vier. Obendrein haben die Regelwächter Letzterwähnte im Nachhinein aus der Wertung ausgeschlossen, weil der Heckflügel bei der technischen Kontrolle den Belastungstest nicht bestanden hat. An den anderen beiden Hypercars beanstandeten die technischen Kommissare dahingegen nichts.

Nachdem Cadillac mit seiner Einsatzmannschaft Jota Sport in der Qualifikation aufgetrumpft und die vorderste Startreihe okkupiert hatte, konnte die Equipe im Renntempo nicht mehr Schritt halten. Immerhin: Alex Lynn, Norman Nato und Will Stevens schafften es dank der Zwischenfälle bei der Konkurrenz, den Langstreckenwettbewerb an gesamtfünfter Stelle zu beenden – und rückten nach der Ferrari-Disqualifikation auf den vierten Platz vor.

Toyota trotzt den Widrigkeiten

Respekt gebührt ebenso der Darbietung Toyotas. Dem Hersteller aus Fernost ließen die Regelhüter aufgrund der Balance of Performance nicht den Hauch einer Chance. Obendrein belastete Gazoo Racing neuerlich der Le-Mans-Fluch. Zumindest Sébastien Buemi, Brendon Hartley und Ryō Hirakawa behaupteten sich unter den besten Fünf, ehe sich etwa vier Stunden vor dem Fallen der Zielflagge nach der Boxenausfahrt eine Radmutter löste.

Infolgedessen musste Hirakawa mit einem Reifenschaden vorne links über den gesamten Rundkurs humpeln, woraufhin das TMG-Ensemble im unteren Drittel des Klassements verschwand. Nach einer verkorksten Qualifikation und einer fünfzigsekündigen Zeitstrafe wegen einer Geschwindigkeitsübertretung in der Boxengasse, erreichten Mike Conway, Kamui Kobayashi und Nyck de Vries erstaunlicherweise noch als Sechste das Ziel.

Fiel Alpine nach den Achtungserfolgen in Imola und Spa-Francorchamps noch die Favoritenrolle zu, war die französische Marke beim Saisonhöhepunkt der FIA World Endurance Championship letztlich chancenlos. Paul-Loup Chatin, Ferdinand Habsburg und Charles Milsi landeten auf dem zehnten Platz; Mick Schumacher, Frédéric Makowiecki und Jules Gounon ordneten sich dahinter ein.

Loïc Duval, Stoffel Vandoorne und Malthe Jacobsen erkämpften für Peugeot den zwölften Platz. Auf dem darauffolgenden Rang beförderte sich das besser platzierte Aston-Martin-Team mit Marco Sørensen, Alex Riberas und Roman De Angelis. Das W Racing Team und die Bayerischen Motorenwerke kamen mit René Rast, Robin Frijns und Sheldon van der Linde nicht über Platz achtzehn hinaus.

Inter Europol Competition gewinnt trotz später Durchfahrsstrafe

In der LMP2-Kategorie war Inter Europol Competition drauf und dran, seinen Klassensieg zu vertändeln, reüssierte letztlich aber dennoch mit der Besatzung Jakub Śmiechowski, Tom Dillmann und Nick Yelloly. Wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit in der Boxenstraße musste Yelloly in letzten Rennstunde eine Zeitstrafe abbüßen. Dadurch fiel die Oreca-Equipe zunächst auf Rang zwei zurück.

Allerdings geriet die nunmehr in Führung liegende Mannschaft von VDS Panis Racing desgleichen in Schwierigkeiten. Der Oreca-Prototyp konnte plötzlich nicht mehr das bisherige Renntempo aufrechterhalten. Daher mussten Oliver Gray, Esteban Masson und Franck Perera – trotz einstweiliger Führung in der Schlussphase – nach der eintägigen Distanz mit der Silbermedaille vorliebnehmen.

Derweil gewann Manthey-Racing die GT3-Wertung. Die Porsche-Piloten Ryan Hardwick, Richard Lietz und Riccardo Pera besiegten ihre Ferrari-Kontrahenten François Heriau, Simon Mann und Alessio Rovera von Vista AF Corse. Das Siegertreppchen vervollständigte TF Sport mit seinem Corvette-Trio Van Rompuy, Rui Andrade und Charlie Eastwood.

Bereits am zweiten Juliwochenende beginnt in São Paulo die zweite Saisonhälfte der Langstreckenweltmeisterschaft. Anschließend gastiert die FIA WEC in Austin und am Fuji. Das Finale steigt im November auf dem Bahrain International Circuit.


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