Langstrecken-WM: Warum Toyota weitermachen sollte

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Toyota sollte sich noch ein weiteres Mal aufbäumen | © Toyota Motorsport GmbH

Zweitens: Einzug in den Langstreckenolymp

Der Ausstieg Porsches – respektive die Absage Peugeots – ist eine säkulare Gelegenheit, eine Siegesserie beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans zu vollstrecken. In der Saison 2000 ergab sich eine ähnliche Konstellation, als Audi mit der einzigen Werksmannschaft – Cadillac sei an dieser Stelle ausgeklammert – im Nordwesten Frankreichs startete. Lediglich in der Amerikanischen Le-Mans-Serie leistete BMW noch ein Jahr lang Widerpart.

Der Lohn für die Treue: Tom Kristensen, Frank Biela und Emanuele Pirro erzielten den historischen Hattrick. Ein Bravourstück, das André Lotterer, Benoît Tréluyer und Marcel Fässler beinahe wiederholt hätten. Nach dem Bentley-Erfolg waren sogar die Audi-Kundenrennställe Team Goh und Champion Racing in der Lage, die Prestigeveranstaltung zu gewinnen. Anschließend prägte das Duell zwischen Audi und Peugeot den Klassiker an der Sarthe.

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Letztlich obsiegte Audi dreizehnmal. Ein Vergleich zu Konzernbruder Porsche drängt sich auf. Während der mythosbildenden achtziger Jahre triumphierte der Traditionshersteller aus Stuttgart-Zuffenhausen siebenmal en suite. Zumeist fehlten in dieser Zeitspanne ebenfalls Kontrahenten; allenfalls Lancia, später Jaguar forderten den sieggewohnten Hersteller heraus. Toyota könnte die VAG-Marken während der kommenden Jahre imitieren.

Zumal die Entwicklungskosten sinken würden. Denn ohne werksunterstützten Widersacher droht nicht die Gefahr, in den Sog des Wettrüstens hineingezogen zu werden. Überdies sollte Toyota zunächst keinerlei Druck verspüren. Falls tatsächlich ein weitere Hersteller einen Einstieg beschlösse, nähmen Konzeption, Konstruktion und Entwicklung einige Jahre in Anspruch, ehe dieser Toyota wettbewerbsfähig entgegenträte.

Drittens: Aus Mitleid

In Ordnung. Euphemistischer formuliert: aus Loyalität. Ohne jeden Zweifel hat der ACO während der vergangenen Jahre Fehlentscheidungen en masse getroffen. Wirklich sehr viele. Um die Kosten in der LMP2-Klasse zu deckeln und einige Konstrukteure in die LMP1-Riege zu drängen, führte der Automobilklub einen Einheitsmotor ein und limitierte überdies die Anzahl der Chassisbauer auf vier Marken.

In der LMP1-Liga scheiterten – logischerweise – sämtliche Versuche, das Kräfteverhältnis zwischen Privatiers und Werken auszutarieren. Zugleich wuchsen die Budgets kontinuierlich, obendrein erweiterten ACO und FIA den Kalender der Langstrecken-WM eigenwillig um einen zusätzlichen, kostenträchtigen Lauf in Mexiko-Stadt. Die Vermarktung ist in kaum zu überbietender Weise miserabel. Zuletzt machte der ACO zudem Peugeot allerlei Konzessionen, um letzten Endes trotz der Konzilianz eine Abfuhr zu kassieren.

Und nun? Unbeschadet jeglicher Selbstherrlichkeit der Verantwortlichen in Le Mans: Für Toyota ergibt sich die seltene Chance, die Zukunft der LMP1-Klasse nun als vorläufig einziger Hersteller mitzugestalten. Nochmals: Zur Jahrtausendwende befand sich Audi in einer vergleichbaren Situation, als BMW, Mercedes-AMG, Porsche, Panoz, Nissan und auch Toyota reihenweise ihr Forfait bekannt gaben. Geduld und Beharrlichkeit zeitigten letzten Endes Erfolg.