Fortschrittsoptimismus vernachlässigt ethisch-moralische Fragen
Zudem ist der Preis für solche Annehmlichkeiten horrend: Überwachung und Kontrolle Orwellschen Ausmaßes. Befindet man sich in solch einem Vehikel, ist der Aufenthaltsort ebenso bekannt wie der Startpunkt und das Ziel. Jedwede Tätigkeit wird gewissermaßen beobachtet: Musikhören, Lektüre einer Zeitung oder der Besuch eines Restaurants. Die Chefetage der Daimler AG bevorzugt übrigens asiatische Küche. Der Smart Vision EQ Fortwo weiß dies.
Datenschutzrechtlich sind solche Konzepte mitnichten unbedenklich. Bei allem Fortschrittsoptimismus werden ethisch-moralische Überlegungen zumeist ausgespart. Zumal autonomes Fahren keinerlei Bürge für Sicherheit ist. Mensch und Technik versagen gleichermaßen. Unfallrisiken werden nicht restlos eliminiert. Und wie lange dauert es wohl, bis jemand den ersten Trojaner für den Fahrzeugcomputer programmiert?
Angesichts dieser Funktionalisierung der Automobilität erübrigen sich etwaige Fragen hinsichtlich Fahrvergnügen oder gar Rennsport. Autonomes Fahren klammert Fahren zum Selbstzweck aus, und der perfekte Pilot ist in diesem Szenario höchstwahrscheinlich die Künstliche Intelligenz. In der Symbiose aus Mensch und Maschine nimmt die Maschine nach und nach die wichtigere Stellung ein. Schon jetzt spüren einige Fahrer solch eine Herabsetzung: Nicht der LMP1-Athlet bremst, sondern der Hybridprototyp selbst kennt den idealen Bremspunkt.
Die Automobilindustrie gibt derzeit in der europäischen Finanzmetropole die Zukunftsdirektive vor, welche allerdings in Konflikt gerät mit dem Freiheitsgedanken individueller Mobilität. Der Autonomiegewinn des Automobils fällt in eins mit dem Autonomieverlust des Fahrers, der in Zukunft Fremdbestimmung und totaler Kontrolle anheimfällt. Bevormundung, Entmündigung und Ohnmacht anstelle ersehnter Freiheit – eine automobile Dystopie.