Le Mans: Was war das denn?

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Als Erster mit Problem, als Erster über die Ziellinie: Porsches Nummer zwei | © Julian Schmidt

Selten in der Historie der 24 Stunden von Le Mans war es einfacher, den Gesamtsieg davonzutragen. Oder vielleicht: Selten war es schwieriger, als Erstplatzierter die Ziellinie zu überqueren? Die Beurteilung der Veranstaltung bereitet Schwierigkeiten, ebenso deren Zukunft. Was zur Hölle war das denn?

Welch sensationsschwangere Vorkommnisse im Département Sarthe: Am Sonntagnachmittag stand letzthin ein LMP2-Gespann im Begriff, den Gesamtsieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans für sich zu reklamieren. Aufgrund zahlreicher Komplikationen und Zwischenfälle innerhalb der LMP1-Werksriege kletterte schließlich Jackie Chan DC Racing empor auf den ersten Rang des Klassements, ehe Porsche – mehr oder minder – souverän ein Debakel abwandte.

Nach dieser höchstdenkwürdigen fünfundachtzigsten Auflage des nordwestfranzösischen Traditionsrennens muss man konstatieren: Selten in der Historie der eintägigen Wettfahrt auf dem Circuit de la Sarthe war es einfacher, den Gesamtsieg davonzutragen. Oder vielleicht: Selten war es schwieriger, als Erstplatzierter die Ziellinie zu überqueren? Man hadert mit einer eindeutigen Beurteilung.

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Letztlich hinterlassen die Ereignisse in Le Mans eine Mine der Wirrung, symptomatisch für den derzeitigen Entwicklungsgang der Langstrecken-WM und dem 24-Stunden-Rennen an der Sarthe. Man muss sich die Vorgänge noch einmal vor Augen führen: Gleichsam siegunwillig kollabierte ein Aspirant auf den ACO-Wanderpokal nach dem anderen, niemand glückte am vergangenen Wochenende ein Null-Fehler-Ritt. Im Gegenteil.

Ein oder zwei Safety-Car-Phasen fehlten zur Sensation

Schon am Samstag rieb sich Toyota an seiner eigenen Offensive auf. Selbst die Besatzung mit der Startnummer neun, offenkundig mit einer konservativen Strategie in den längsten Tag des Jahres gestartet, wurde durch Fremdverschulden in Probleme befördert. Dabei hätte das Trio José María López, Yūji Kunimoto und Nicolas Lapierre lediglich durchcruisen müssen, um die Siegertrophäe letztlich in den Händen halten zu dürfen.

Stattdessen oblag es Sébastien Buemi, Anthony Davidson und Kazuki Nakajima, zumindest eine Zielankunft zu retten. Ein vergleichbarer Hergang bei Porsche: Nach der Toyota-Katastrophe mussten Neel Jani, André Lotterer und Nick Tandy nur die Distanz bewältigen, fielen aber Schwierigkeiten mit dem Öldruck zum Opfer. Deshalb taumelten letztlich Timo Bernhard, Earl Bamber und Brendon Hartley zum Triumph, obwohl das Ensemble schon in der Frühphase des Wettbewerbs aus der Führungsgruppe herausgefallen war.

Drastischer formuliert: Eine längere oder zwei weitere Saftey-Car-Phasen hätten höchstwahrscheinlich hingereicht, um die Oreca-Equipe Ho-Pin Tung, Oliver Jarvis und Thomas Laurent im LMP2-Prototyp zum Gesamtsieg zu spülen. Oder: Der Mannschaft von ByKolles Racing hätte womöglich eine reibungslose Durchfahrt genügt, um die eigentlich unbezwingbaren Hersteller zu besiegen. Stattdessen endete der Einsatz bereits nach einem Umlauf.