Mark Webber: „Ich hatte meine Zeit, und ich habe sie genossen“

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An einen Einsatz im GT-Sport scheint Webber nach seinem LMP1-Karriereende nicht zu denken | © Ralf Kieven

Im Anschluss an die Bekanntgabe seines Rücktritts sprach Mark Webber offen mit den Medien über die Beweggründe für seine Entscheidung, seine Rennhelm an den Nagel zu hängen. Neben den sich verändernden Regeln und einer Verschiebung der Prioritäten scheint auch sein heftiger Unfall beim Brasilien-Rennen in 2014 ein Grund für den Rückzug zu sein.

Nachdem Mark Webber am vergangenen Freitag beim Fuji-Rennwochenende der Langstrecken-Weltmeisterschaft das Ende seiner Rennkarriere verkündete, nahm sich der Australier die Zeit und sprach mit einigen Medienvertretern über die Beweggründe für seine Entscheidung. Auf die Frage, warum er gerade jetzt, wo er fahrerisch vielleicht die stärkste Phase im Prototyp zeigt, aufhören wolle, antwortet Webber gegenüber dailysportscar.com mit dem Satz, den viele Sportler in dieser Situation verwenden.

„Vermutlich bin ich vergangenes Jahr bereits ähnlich gut gefahren, aber es ist gut an einem solchen Punkt aufzuhören. Ich will nicht irgendwann bemerken, dass ich das fünfte Rad am Wagen bin“, so der Australier. „Ich war in der glücklichen Lage, die schnellsten Autos der Welt fahren zu dürfen. Zunächst mit den Formel-1-Fahrzeugen, dann mit dem Porsche 919 Hybrid. Aber in der kommenden Saison ändert sich so einiges.“

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„Die Teams bekommen weniger Reifen, weniger Sprit, weniger aufwendige Aerodynamik. Und so wird es immer weitergehen. Ich weiß, in welch glücklicher Lage ich war. Aber ich hatte meine Zeit und habe sie genossen“, erklärt Webber mit Blick auf die Regelanpassungen in der kommenden Saison für die LMP1-Fahrzeuge. Offenbar stand für Webber die Entscheidung bereits beim Rennwochenende in Spa-Francorchamps bereits nahezu fest, wenngleich er sich noch nicht festlegen wollte.

Der Unfall in Sao Paolo veränderte Webbers Einstellung

Der härteste Punkt bei seiner Entscheidung sei sicher das gute Verhältnis mit seinen Teamkollegen Brandon Hartley und Timo Bernhard gewesen. „Darüber hinaus bin ich noch an einem Stück, klopf auf Holz“, zeigt Webber sich glücklich, trotz einiger brenzliger Situationen weitestgehend verschont von schlimmen Verletzungen geblieben zu sein. Unvergessen bleibt dabei auch sein Überschlag im Mercedes-Benz CLR in Le Mans im Jahre 1999.

Neben dem Unfall beim Langstreckenklassiker in Le Mans verunfallte Webber 2014 im Porsche in Sao Paolo beim Sechs-Stunden-Rennen heftig. Offenbar rüttelte dieser Unfall bereits erste, ernsthafte Zweifel an seinem Tun wach, die sich in der Folge weiterentwickelten. „In Brasilien hatte ich unglaubliches Glück. Ich habe noch nie so lange gebraucht, um mich von einem Unfall zu erholen.

Für meine Frau war es ein unsagbar schrecklicher Moment und sie und meine Mutter können seitdem meine Rennen nicht mehr genießen“, erzählt der Australier von seiner Familie. Es sei ein sehr egoistischer Beruf, den Rennfahrer ausüben. „Und dann ertappte ich mich in letzter Zeit immer wieder bei der Frage: ‚wieso sitze ich hier überhaupt im Auto?‘ Und das ist der Zeitpunkt, an dem du aufhören musst“.

GT-Sport keine Option – Rallye Dakar vielleicht

Dennoch liegt ihm der Erfolg der Langstrecken-Weltmeisterschaft noch am Herzen. Auf Seiten der TV-Übertragungen müsse noch einiges getan werden. „Le Mans ist das große Rennen, das jeder schauen will. Also müssen wir dafür sorgen, dass auch die anderen acht Rennen geschaut werden“. Es sei nicht einfach, den Zuschauer über eine sechsstündige Distanz zu binden. „Andererseits schauen sich Fans auch vier bis fünf Stunden Novak Djokovic und Federer beim Tennis für 4-5 Stunden an, also müssen wir verstehen was bei solch langen Events funktioniert.“

Auf die Frage, ob Webber sich in Zukunft vielleicht einer Herausforderung im GT-Sport stellen wird, erteilt der Australier der Szene eine Abfuhr. „Mein Vater gab mir früher immer mit auf den Weg: ‚wenn du ein vernünftiger Rennfahrer werden willst, sind Monoposto die einzige Wahl die du treffen kannst‘. Ich konnte Adrian Neweys Autos auf Rennstrecken wie Suzuka und Silverstone bewegen, das sind Erinnerungen die für immer in meinem Kopf abgespeichert sind.“

„Daher glaube ich, dass die Erfahrung, einen fünfzehnhundert Kilo schweren Tourenwagen zu bewegen, eher eine enttäuschende wäre“, äußert Webber recht deutlich seine Meinung zum GT-Sport. Mit dem Rundstrecken-Sport sei er vermutlich durch. Die Rallye Dakar sei eine Herausforderung, die er sich eventuell vorstellen könne für die Zukunft. „Ich habe mit Carlos Sainz sr. darüber gesprochen. Mein nächstes Projekt müsste ein gänzlich anderes sein“, erklärt Webber.