Zakspeed: Giftschlange in der Grauzone

6278

Skepsis der Fahrer: „Seid ihr bekloppt?“

Dennoch stellt diese Finesse ein gewisses Wagnis dar. Zumal dieses kostenträchtige Unterfangen auch umfangreicher Umbauarbeiten bedurfte. Ferner erfolgte die Nennung unter Dodge anstatt Chrysler. „Unsere einzige Chancen haben wir darin gesehen, dass wir den Tank wechseln“, erklärt Zakowski die Vorgehensweise. „Vor einem Stopp tankten wir den Tank voll, wechselten den Fahrern und gleichzeitig den Tank. Dies waren erhebliche Umbaumaßnahmen. Auch finanziell war es sehr aufwendig für uns.“

Außerdem unterlag dieses Unternehmen strenger Geheimhaltung. Nicht einmal die Fahrer im Cockpit erfuhren, warum die Mechaniker während der Boxenstopp-Übungen am Heck der Viper hantierten. „Wir haben am Nürburgring getestet. Das Problem stand eher im Fahrerwechsel als im Wechsel des Tanks“, berichtet Zakowski. „In zwanzig Sekunden war der Tank gewechselt. In der Kurzanbindung haben wir ein Zelt aufgestellt, sodass das Auto nur halb reinpasst.“

- Anzeige -

Angesichts der Vorgänge äußerten die Piloten daher dann und wann auch ihre Skepsis. Doch die Zakspeed-Chefetage beschwichtigte. „Die Fahrer haben immer gesagt: ‚Seid ihr bekloppt, wieso trainieren wir die Fahrerwechsel, wenn wir ohnehin anderthalb Minuten Zeit haben?“‘, lacht Zakowski, dessen Experiment letzten Endes trotz aller Bemühungen scheiterte. „Irgendwo ist die Geschichte an den Veranstalter gegangen.“

„Dann gab es einen großen Eklat“

Die Regelmacher erteilten dem originellen Wechseltank „aus Sicherheitsgründen“ keine Zulassung. „Eine Woche vor dem Rennen wurde dies verboten, was allerdings seitens des Sportgerichts nicht erlaubt war“, kehrt Zakowski hervor. „Dann gab es einen großen Eklat. Das war unsportlich. Wir hatten alle Sicherheitsvorschriften eingehalten.“ Den Triumph errang unterdessen Phoenix-Opel, Zakspeed erreichte mit der skandalumwitterten Viper das Ziel an fünfter Stelle. Die Kontroverse um das Regelwerk und die Namensänderung führte schlussendlich aber zur Disqualifikation.

Obschon Zakspeed forthin mit der Giftschlange weitere Jahre die Eifelwälder durchstriff, endete die siegreiche Ära, bis die GT3-Invasion letztlich Exoten solcherart endgültig verdrängte. „Die Viper war den Veranstaltern zu populär“, urteilt Zakowski, dessen Truppe sich im Jahr 2004 mit dem ADAC auf einen Kompromiss geeinigt hatte. „Wir haben das 24-Stunden-Rennen von ’99 bis über 2001 geprägt. Die Hersteller haben die Viper immer gefordert, weil jeder die Viper schlagen wollte. Es wird immer so sein, dass ein siegreiches Auto solche Probleme hat.“

Obwohl Zakspeed daraufhin hie und da mit der GT3-Variante des Competition Coupes antrat, gelang es der Traditionstruppe nicht, an die glorreichen Zeiten anzuknüpfen. In den Jahren nach dem Millennium nahm Zakspeed überdies mit einer Jaguar-Silhouette an der V8-Star-Serie sowie mit einem Saleen S7-R an der FIA-GT-Serie teil und sicherte den Meistertitel der Superleague Formula. Im Jahr 2009 geriet Zakspeed in finanzielle Schieflage, welche zur Insolvenz zweier Tochterfirmen führte.

Rückkehr mit Mercedes-Benz

Nach fünf Jahren Pause kehrte Zakspeed vergangenes Jahr zurück ins Sportwagen-Geschäft. Die Kultmannschaft aus Niederzissen schrieb sich für sämtliche Wertungsläufe zum ADAC GT Masters ein. Als Einsatzwagen fungierte ein Mercedes-Benz SLS AMG GT3, den Luca Ludwig und Alon Day steuerten. Im Jahr der Rückkunft erzielte die AMG-Kundenmannschaft bereits erste Erfolge – zweimal Poleposition und wiederholter Besuch auf dem Stockerl.

Beim Heimrennen auf dem Nürburgring wähnte sich Zakspeed gar als Laufsieger, jedoch zwang ein Malheur der Rennleitung die Verantwortlichen zu einer Tatsachenentscheidung zuungunsten des Silberpfeilduos. In der diesjährigen Saison rüstet Zakspeed schließlich auf und startet mit zwei Flügeltürern. Ferner bestreitet Zakspeed wieder das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring und ausgewählte VLN-Läufe.

Und die Zukunft? „Die Zeit der Viper ist einfach vorbei“, vermeint Zakowski. „Nachdem die GT3-Klasse in Europa und der VLN so klar ausgeschrieben ist, macht ein anderes Fahrzeug keinen Sinn.“ Ein präzise Prognose vermag höchstwahrscheinlich niemanden gelingen. Aber welche Gestalt auch immer der künftige Fuhrpark in Niederzissen annimmt, der Schaukasten im Foyer der Zakspeed-Hallen bietet Platz für weitere Modelle.