Marc VDS Racing schwebt noch immer auf einer Welle der Freude über den Sieg beim 24-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps. Aber auch in der ELMS kann die Mannschaft noch um den Titel in der GTE-Klasse kämpfen. Voraussetzung dafür: Siege bei den beiden Finalrennen. Andy Priaulx hält dies für realistisch.
Während die belgische Mannschaft von Marc VDS Racing mit der GT3-Variante des BMW Z4 beim Heimrennen in Spa-Francorchamps den bisher größten Erfolg des Teams feierte, hatten die Kollegen aus der GTE-Abteilung eine kleine Pause. Aber auch die GTE-Variante des BMW Z4 befindet sich auf ihrer Abschiedstour, und die Belgier würden ihrem Einsatzgerät gerne genauso einen Titel schenken, wie ihnen das bereits mit der GT3-Version gelang.
In der Europäischen Le-Mans-Serie haben Andy Priaulx, Jesse Krohn und Henry Hassid intakte Chancen, in der Meisterschaft ein Wörtchen mitzureden. Der Ex-DTM-Pilot und dreimalige Tourenwagen-Weltmeister Priaulx stand vor den beiden Finalrennen in Le Castellet und Estoril Rede und Antwort. Dabei sparte er nicht an Lob für sein Team Marc VDS Racing.
„Wir hatten so etwas wie eine kleine Sommerpause in der ELMS, was aber nicht heißt, dass ich dem Motorsport aus dem Weg gegangen bin“, erläutert Priaulx. „Den Jungs auf dem Weg zum Sieg bei den 24 Stunden von Spa zuzuschauen, und ich habe dabei jede Minute mitverfolgt, war toll. Und ich war nicht überrascht, dass Marc VDS dieses Rennen gewann. Ich habe mit den allerbesten Teams zusammen gearbeitet. Dieses hier steht den anderen in nichts nach. Schade nur, dass ich nicht mit ihnen das Rennen bestreiten konnte, aber mir ist völlig klar, warum BMW Motorsport so eng mit Marc VDS zusammen arbeitet.“
Der Brite glaubt, den Schwung des Erfolges der Mannschaft auch in die beiden verbleibenden Rennen der ELMS mitnehmen zu können. „Wenn du Erfolg in einem 24-Stunden-Rennen erzielen kannst, dann kannst du das in einem Vier-Stunden-Rennen erst recht. Die Herangehensweise ist nun einmal sehr ähnlich. Denn kaum eines der modernen 24-Stunden-Rennen ist heute etwas anderes, als ein Sprintrennen über die gesamte Distanz. Das sind alles sehr lange Sprintrennen.“
Dennoch sei auch die ELMS-Distanz lang. „Vier Stunden Renndauer ist sehr, sehr lang, vergleicht man das einmal mit den BTCC-Läufen, die ich früher bestritt. Dennoch sind die Rennen extrem kurzweilig. Jeder Boxenstopp muss perfekt ablaufen, die Strategie muss perfekt sein – das hat das Team ja in Spa vorgeführt, wie so etwas bei den großen Rennen gemacht wird. Für diese Erfahrung und den Auftrieb, den dir ein solcher Sieg gibt, gibt es nichts Vergleichbares. Davon können wir nun profitieren.“
„Die ELMS-Rennen sind gar nicht so einfach“
Das Marc-VDS-Trio liegt derzeit in der Fahrerwertung auf dem vierten Platz, hat aber nur zwölf Zähler Rückstand auf führende Ferrari-Mannschaft von Formula Racing aus Dänemark. „Ich freue mich so richtig auf die Titelentscheidung. Das wird hart werden, da darf man sich nicht vertun, aber ich glaube noch immer, dass wir es schaffen können und ich bin mir sicher, dass das Team und meine Teamkollegen das auch so sehen“, führt Priaulx weiter aus und lobt die Leistung des gesamten Teams.
Mittlerweile habe sich Priaulx „gut eingelebt“ im Team. „Das ist eine herzliche Truppe, in der alle die Leidenschaft für den Wettbewerb als gemeinsamen Nenner haben“, betont Priaulx. „Unsere Leistungen soweit hätten eigentlich bessere Resultate als diese drei vierte Plätze verdient gehabt, und es motiviert mich zusätzlich zu sehen, dass es niemanden in diesem Team gibt, der mit den bisherigen Resultaten zufrieden ist. Wir reisen mit der Entschlossenheit zu jedem Rennen, es besser zu machen als beim letzten Mal. Obwohl unsere Leistungen immer besser wurden, blieben die Resultate gleich.“
Der Brite erklärt auch die Schwierigkeiten, die auf einen GT-Piloten bei den Mehr-Klassen-Rennen der ELMS zukommen: „Die ELMS-Rennen sind gar nicht so einfach – man muss ständig aufpassen, was um einen herum passiert. Es gibt insgesamt vier Wertungsklassen und die LMP2-Autos sind sehr, sehr schnell. Wir müssen also höllisch aufpassen, denen nicht im Weg zu stehen, während wir natürlich innerhalb unseres eigenen Rennens keine Zeit verlieren dürfen.“
„Das ist keine Ausrede, nur eine Feststellung“
Der BMW-Werksfahrer glaubt, dass eine bessere Einstufung des BMW in der Balance of Performance angebracht wäre und auch der Meisterschaft einen Aufschwung bescheren würde. „Das GTE-Regelwerk unterscheidet sich ziemlich von dem der GT3 – kein ABS, dafür aber mehr Möglichkeiten bei der Getriebeabstufung und der Fahrwerksabstimmung eigene Wege zu gehen“, erklärt Priaulx. „Es wäre vielleicht an der Zeit, dass da ein wenig nachgebessert wird.“
Auch das GTE-Kräfteverhältnis müsse ausbalanciert werden. „Bei den 24 Stunden von Spa kämpften fünf bis sechs Hersteller um den Sieg, in der GTE aber fühlten wir uns durch die Balance of Performance bislang schon ein wenig benachteiligt“, meint Priaulx. „Das ist keine Ausrede, nur eine Feststellung. Es gäbe schon einen ziemlichen Schub, wenn man das Feld ein wenig gleichwertiger antreten ließe, denn im Moment haben wir es wirklich sehr schwer.“
Zum Abschied will Priaulx dem BMW Z4 gerne noch einen Titel schenken, bevor er in Zukunft vom BMW M6 abgelöst wird. „Wir brauchen den Durchbruch für den Rest der ELMS-Saison 2015, um noch ein paar richtig gute Resultate einzufahren. Ich wäre ziemlich enttäuscht, und ich stünde da gewiss nicht allein, wenn uns mit diesem Auto kein Sieg mehr gelingen sollte. Es ist die letzte Saison für den Z4, sowohl in der GTE-, als auch in der GT3-Ausführung, und es war mir immer ein treuer Gefährte, so wie vielen, die mit BMW verbunden sind. Wir sollten es daher im großen Stil verabschieden.“