Kommentar: Tempolimit aufheben, aber …

Eines stellt niemand in Frage: Ein Tempolimit führt das Konzept Motorsport ohne jeden Zweifel ad absurdum. Doch welche Maßnahmen müssen die Verantwortlichen ergreifen, um die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Nürburgring-Nordschleife wieder aufheben zu können? Ein Kommentar.

Eines stellt niemand in Frage: Ein Tempolimit führt das Konzept Motorsport ohne jeden Zweifel ad absurdum. Doch welche Maßnahmen müssen die Verantwortlichen ergreifen, um die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Nürburgring-Nordschleife wieder aufheben zu können? Ein Kommentar.

Nach dem tödlichen Unfall beim VLN-Auftakt lastete auf dem DMSB-Expertengremium die Verantwortung, binnen kürzester Zeit adäquate Maßnahmen zu ergreifen. Daher schafften die Verantwortlichen eine Interimslösung, um ein Desaster abzuwenden: ein umstrittenes Tempolimit auf der Nürburgring-Nordschleife. Jedoch droht diese Geschwindigkeitsbeschränkung zum Dauerzustand zu werden, was allerorten die Gemüter erregt.

Eines stellt keiner in Abrede. Ein Tempolimit führt die Idee einer Wettfahrt ohne jeden Zweifel ad absurdum. Allerdings stellt die Forderung, den Status quo ante wiederherzustellen, ebenfalls keine Alternative dar. Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, damit ein Wettbewerb auf dem Eifelaner Traditionskurs wieder gewährleistet werden kann? Beteiligte und Beobachter diskutieren dieser Tage kontrovers. Ein Kommentar.

1. Ein negativer Effekt wohnte den DMSB-Maßnahmen bereits inne. De facto konterkariert das Tempolimit die eigentlich Intention, die Geschwindigkeiten auf der Nürburgring-Nordschleife zu reduzieren. Stattdessen modifizieren die Techniker die Aerodynamik ihrer Sportwagen, um den Nachteil auf den Geraden kompensieren. Auf diese Weise steigen die Kurvengeschwindigkeiten. Das Gefahrenpotenzial gleichermaßen. Simpler Lösungsvorschlag: Restriktion der Aerodynamik.

2. Die massive Kritik an der GT3-Klasse neigt phasenweise zur Polemik. Diese Wertung per se zu diabolisieren, in ihr gar die Wurzel der Probleme zu suchen, entspricht jedoch schlichtweg nicht den Tatsachen. Die Zulassung der GT3-Sportwagen hat fraglos positive Entwicklungen in der VLN-Langstreckenmeisterschaft gezeitigt – beispielsweise stieg die Anzahl der gesamtsiegfähigen Mannschaften.

Nichtsdestoweniger sind unerwünschten Nebeneffekte nicht zu leugnen. Die GT3-Klasse ebnete Werken den Pfad an den Ring. In Konsequenz dessen entfachte ein Wettrüsten zwischen den Herstellern; damit einhergingen steigende Kosten und wachsende Risikobereitschaft der Fahrer. Das Resultat ist bekannt. Der Fall der Acht-Minuten-Marke war gleichermaßen ein brisantes Thema, wie Code-60-Verstöße, Unfälle und rote Flaggen.

Zahlreiche Anhänger des Breitensports beäugten diese Entwicklung kritisch. Ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang mit den rückläufigen Starterzahlen besteht, ist schwierig zu beurteilen. Die RCN-Nennlisten sind jedoch ein Indiz. Ein GT3-Verbot würde die Langstreckenmeisterschaft aber sicherlich entlasten. Denn sind wir ehrlich: Ein Gros der GT3-Gespanne nutzt die VLN-Läufe lediglich als Vorbereitung für das 24-Stunden-Rennen.

Sofern es den Verantwortlichen gelingt, das Interessengleichgewicht zwischen Werkssport und Breitensport aufrechtzuerhalten, wäre ein Erhalt der GT3-Klasse beim Eifel-Marathon wiederum sinnvoll. In der Langstreckenmeisterschaft sollte allerdings wieder der Breitensport in den Vordergrund rücken. Das Problem der Markenvielfalt sollte sich lösen, sobald sich der Einsatz einer Eigenkonstruktion wie dem Audi R8 von Düchting Motorsport wieder rentiert. 

3. Es mutet für manchen wie eine frevelhafte Verfehlung an: Modifikationen an der Nürburgring-Nordschleife. Allerorten als gefährlichster Rundkurs der Welt gerühmt, provoziert ein Vorfall, wie er sich am letzten Märzwochenende zugetragen hat, dennoch einen Aufschrei in der Vulkaneifel. Die Strecke deshalb stellenweise zu modifizieren, sei allerdings ein unzumutbares Ansinnen – gleichsam eine Schändung eines Kulturgutes. Warum? 

Niemand verlangt, die Streckencharakteristik grundlegend oder überhaupt zu ändern. Maßnahmen solcherart betreffen primär eine Entschärfung der Bremshügel und darüber hinaus den Ausbau der Auslaufzonen. Derartige Maßnahem sind keine Seltenheit, sondern das Ergebnis vernünftiger Überlegungen. Als sich während der achtziger Jahre die Unfälle auf der berühmten Hunaudières-Geraden in Le Mans häuften, schritten die Organisatoren ebenfalls ein. 

Schließlich ergänzten die Streckenbetreiber die Geradeauspassage gen Mulsanne um zwei Schikanen. Schadete dieser Umbau in irgendeiner Form der Reputation jener Traditionsveranstaltung? Keineswegs. Der Aderlass am Ring wäre verhältnismäßig gering. Minimale Modifikationen wären ein geeigneter Kompromiss, damit die Nordschleife entsprechenden Sicherheitsstandards genügt. 

Außerdem: Welcher Verlust wäre es, wenn die Nordschleife ihr Attribut „gefährlich“ einbüßte. Schließlich bleibt der Schwierigkeitsgrad und Anspruch des Traditionskurses unverändert. Das Bedürfnis Ewiggestriger, die Nordschleife müsse gefährlich bleiben, gleicht der Forderung nach Strohballen als Streckenbarriere. Zumal es eine Legitimation und Aufgabe des Motorsports ist, die automobile Sicherheit generell zu verbessern.


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