Lennart Marioneck: Durch Zufall ins Cockpit

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Ein Fehler bei der Anmeldung zum Fahrsicherheitstraining ebnete Lennart Marioneck den Weg ins Cockpit. Mittlerweile pilotiert der Bamberger für Šenký? Motorsport einen BMW Z4 GT3 im ADAC GT Masters. Sein Traum: ein Werksvertrag. Abseits der Piste reist er gerne und sammelt gelegentlich Punkte in Flensburg. Ein Porträt.

Vorletztes Wochenende startete Lennart Marioneck im belgischen Spa-Francorchamps – seiner Lieblingsstrecke. „Die Charakteristik dieser Strecke ist fantastisch“, schwärmt er. „Kurven wie Eau Rouge oder Blanchimont sind seit Jahrzehnten berühmt-berüchtigt. Genauso empfinde ich das auch, wenn ich dort entlang fahre.“ Die Ardennen-Achterbahn ist eine Herausforderung für den BMW-Piloten: „Die Bergauf- und Bergabpassagen sind eine wahre Mutprobe.“

Noch vor einigen Jahren hätte er nie daran gedacht, mit mehr als 500 PS über eine Rennstrecke zu jagen. „Als Kind habe ich nie über eine Motorsportkarriere nachgedacht“, erzählt der Sechsundzwanzigjährige. „Ich hab Basketball gespielt – relativ gut sogar.“ Erst viel später wurde Marioneck mit dem Motorsportvirus infiziert. Durch Zufall. „Im Urlaub auf Gran Canaria bin ich gegen meinen Papa Kartgefahren und war prompt schneller.“

Vom örtlichen Kartverein abgelehnt war der Renntraum, der kurz aufflammte, aber auch schon wieder zu Ende. „Sie sagten, ich wäre zu alt“, erinnert sich Marioneck. „Sie haben mir abgeraten, weil ich gegen die Bambinis eh keine Chancen hätte.“ Und nun? Nun tritt Marioneck gegen Renngrößen wie Bernd Schneider, Jeroen Bleekemolen oder auch Peter Dumbreck an.

Erst Jahre später wird der damals Siebzehnjährige erneut mit dem Thema Motorsport konfrontiert. Schuld daran: Seine Mutter. „Kurz bevor ich achtzehn wurde, wollte meine Mama unbedingt, dass ich an einem Fahrsicherheitstraining teilnehme.“ Doch statt ihren Sohn an einem solchem anzumelden, schrieb sie ihn fälschlicherweise an einem Sichtungslehrgang in Oschersleben ein.

„Mit BMW kann ich mich sehr gut identifizieren“

„Dort saß ich zum ersten Mal im Rennauto. Zum ersten Mal war ich auf der Rennstrecke“, sagt Marioneck, der trotz seiner beachtlichen Größe von 1,84 Meter von allen „Lenny“ genannt wird. Gegen mehr als sechzig Mitstreiter setzte sich der gebürtige Franke durch und gewann. Nach der Aufnahme in den ADAC Hessen-Thüringen folgten die ersten drei Motorsportjahre im ADAC Dacia Logan Cup.

Mittlerweile fährt er im ADAC GT Masters – einer Meisterschaft, die in den letzten Jahren mehr und mehr an Beachtung findet. Im Rennteam von Robert Šenký? sitzt Lenny hinterm Lenkrad eines BMW Z4 GT3. Zu den bayerischen Motorenwerken hat Marioneck einen besonderen Bezug. „Mit BMW kann ich mich sehr gut identifizieren. Ich komm auch aus Bayern und ich habe bei BMW bereits ein Praktikum absolviert und ein Jahr lang gearbeitet“, sagt der GT Masters Pilot. „Außerdem fahre ich selbst einen BMW 318ti.“

Und mit dem hat er auch schon einige Punkte in Flensburg gesammelt. Wie es sich für einen Rennfahrer gehört – natürlich aufgrund überhöhter Geschwindigkeit. „Ich glaube ich sammle jedes Jahr einen Punkt“, gesteht er schmunzelnd ein. „Das liegt aber meistens daran, dass ich irgendein Schild nicht gesehen hab.“

„Ich würde gerne in einem Werksteam fahren“

An die Rennstrecken begleiten ihn ab und an seine Eltern. „Von meiner Familie bekomme ich den größten Support“, sagt Marioneck stolz. „Mein Papa ist bei fast allen Rennen dabei. Für ihn ist das fast wie Urlaub, wenn er Rennautos gucken darf und den Sound genießen kann.“ Lennarts Mutter ist eher selten Gast. „Sie versucht immer mal wieder zu kommen. Aber für sie ist das eher eine Nervensache, ihren Sohn fahren zu sehen.“

Lennarts größter Traum: „Ich würde gerne in einem Werksteam fahren. Auf allen möglichen Rennstrecken dieser Welt.“ Doch dieser Wunsch liegt noch in weiter Ferne. Erstmal muss er sich gegen seine rund fünfzig Konkurrenten im ADAC GT Masters durchboxen. Und das ist gar nicht so einfach. Denn nicht nur allein das Talent spielt eine Rolle, sondern auch das Budget, das jeder Fahrer mitbringen muss. „Die Gangart hier im GT Masters ist relativ ruppig“, beschreibt der Bayer. „Gerade wenn man seine Schäden am Fahrzeug selber zahlen muss, denkt man schon mal am Start: Hoffentlich drängt mich keiner von der Strecke.“ Diese Gedanken seien aber auch kontraproduktiv: „Das bedeutet auch meistens, dass man zurückstecken muss und die ein oder andere Position verliert.“

Die Faszination Motorsport begleitet den leidenschaftlichen Hobby-Snowboarder seit seinem ersten Tag im Rennauto. „Mich reizt die hohe Geschwindigkeit, diese Präzision, die man braucht und das hohe Maß an Konzentration“, beschreibt er seine Leidenschaft, die ihn auch in seiner Freizeit beschäftigt. „Ich sehe mir alle möglichen Rennserien an. Gerne nehme ich mir auch mal ein Rennen im Fernsehen auf, wenn ich es nicht gucken kann und schaue es mir dann später an.“

„Vollgas durch Blanchimont knallen. Das ist der Hammer“

Großer Fan ist Marioneck von Rennfahrer Sébastien Loeb. „Loeb ist unglaublich erfolgreich. Das beeindruckt mich sehr. Ich glaube, er ist ein cooler Typ. Ich würde ihn gern mal kennenlernen oder hätte ihn auch gerne als Teamkollegen.“ Neben dem Rennsport begeistert sich Marioneck auch für andere Länder und Sitten: „Ich reise sehr gerne. Mein letzter großer Trip war Panama und Kolumbien.“

Trotz Rennkarriere studiert Marioneck Fahrzeugtechnik und strebt gerade seinen Master-Abschluss an. Einen Plan B gibt es also: Als Renningenieur kann er auch nach seiner Fahrerkarriere im Motorsport bleiben. Doch daran will er heute noch nicht denken. „Ich kann mich mit dem Gedanken nicht anfreunden, dass es irgendwann mit dem Rennfahren aufhören könnte. Das macht mir eher Angst. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, irgendwann nicht mehr im Motorsport zu sein.“

Eins ist sicher: Marioneck wird man immer im Getümmel lauter Autos und hoher Geschwindigkeiten finden, egal auf welcher Seite der Boxenmauer. Aber vorzugsweise auf der Strecke: „Vollgas durch Blanchimont knallen. Das ist der Hammer. Wenn du voll am Limit bist und dein Kopf dir sagt, dass das nicht geht, du aber trotzdem voll drauf bleibst und am Ende dir denkst: Und es geht eben doch.“