24-Stunden-Rennen: Audis siegreicher Generationswechsel

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Audi hat den GT3-Generationswechsel vorbildlich gemeistert: Sieg beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. WRT bezwang seine belgischen Landsmänner von Marc VDS Racing. „Wir werden zurückkommen und einen neuen Anlauf nehmen“, meint BMW-Werksfahrer Maxime Martin. Falken Motorsports errang Bronze. Die Analyse.

Abermals hat Audi jedwede Zweifel beseitigt: Die Domäne des Ingolstädter Konstrukteurs bleibt die Langstrecke. Geradezu bravourös hat die Marke mit den vier Ringen den GT3-Generationswechsel vollstreckt. Noch im März erstrahlte der brandneue R8 LMS im Rampenlicht des Genfer Automobilsalons, am vergangenen Wochenende erteilte das W Racing Team dem Kundenmodell schließlich den Ritterschlag: Gesamtsieg beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring.

Und wieder ebneten die althergebrachten Audi-Tugenden den Pfad zum Erfolg bei der Machtprobe auf dem Eifelaner Traditionskurs: Konstanz, Zuverlässigkeit und Stehvermögen im Zusammenspiel mit einer geeigneten Strategie bei unberechenbaren Wetterverhältnissen. Ebendiese Determinanten bestimmten den Ausgang des Endurance-Wettstreits, den Laurens Vanthoor, Edward Sandström, Christopher Mies und Nico Müller letzten Endes zu ihren Gunsten entschieden.

Das Fundament für den Triumph am Ring errichtete die WRT-Werksmannschaft um Vincent Vosse bereits während der nächtlichen Stunden, als ein Gros der Favoriten diversen Zwischenfällen anheimfielen. Das Audi-Gespann beförderte sich dagegen nach anfänglicher Zurückhaltung ans obere Ende des Tableaus. „Es war schwierig und wir hatten uns vorgenommen, unbeschadet durch die Nacht zu kommen. Das ist uns gelungen“, schildert Vanthoor eines der Etappenziele. 

Im Morgengrauen festigte sich sodann eine Konstellation in der Spitzengruppe. De facto war nur noch Marc VDS Racing imstande, der Audi-Abordnung die Spitzenposition zu entwinden. Eine Schlussoffensive der BMW-Kontrahenten scheiterte jedoch. „Das war eine gute Vorstellung. Die Karriere des neuen Audi R8 LMS hätte nicht besser beginnen können“, resümiert Kundensport Leiter Romolo Liebchen. 

Maxime Martin: „Wir werden zurückkommen und einen neuen Anlauf nehmen“

Obwohl sich Audi am Samstagnachmittag vorderhand unterordnete, förderte die Distanz die Qualitäten des Branchenprimus zutage. „Der neue Audi R8 LMS hat gut funktioniert. Es gab nicht das kleinste Problem“, bilanziert Mies. „Das Auto hat super funktioniert, die Boxenstopps waren klasse.“ Gänzlich makellos war der Auftritt allerdings nicht: Bedingt durch einen Defekt an der Tankkanne, vermeldete WRT zwei Brände an der Box. 

Zudem leistete sich Müller am Sonntagvormittag ein Fauxpas, als der Schweizer sich über den Grünstreifen drehte. Durch das Intermezzo büßten die Spitzenreiter allerdings nur einen Bruchteil ihres Vorsprungs ein. Als folgenschwerer entpuppte sich ein anderer Vorgang. „Wir haben in der Nacht durch eine unglückliche Gelbphase drei bis vier Minuten verloren und damit unseren Vorsprung eingebüßt“, berichtet Mies. „Dann mussten wir richtig kämpfen.“ 

Konterpart BMW war wiederum keineswegs zur Kapitulation gewillt. Daher attackierte Marc VDS Racing in der Schlussphase noch einmal. Die simple Vorgehensweise: Tausendsassa Maxime Martin kletterte ins Interieur des bayrischen Sportwagens und begab sich in die Offensive. Die Restzeit genügte jedoch nicht. Beim Zieleinlauf betrug die Differenz zwischen der siegreichen Besatzung und den Verfolgern vierzig Sekunden. 

Folglich mussten Martin, Markus Palttala, Lucas Luhr und Richard Westbrook mit der Silbermedaille vorliebnehmen. Aber die belgische Equipe zeigte Sportsgeist. „Es war wirklich ein enges Rennen“, meint Martin. „Der siegreiche Audi hat ein tolles Rennen gezeigt – und dasselbe gilt auch für uns. Wir waren nah dran am Sieg, aber es sollte nicht sein. So ist es im Rennsport manchmal. Wir werden zurückkommen und einen neuen Anlauf nehmen.“ 

Bas Leinders: „Es ist fantastisch, mit beiden Autos ins Ziel zu kommen“

Obschon BMW seit Anbeginn der GT3-Ära damit weiterhin sieglos beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring bleibt, wertet Marc VDS Racing sein Ergebnis als Erfolg. Denn die Stallgefährten Dirk Adorf, Nick Catsburg, Jörg Müller und Augusto Farfus belegten nach der Poleposition den vierten Platz. „Es ist fantastisch, mit beiden Autos ins Ziel zu kommen – und dann noch auf den Plätzen zwei und vier“, betont Teamchef Bas Leinders. 

Gleichwohl räumt die Cheftage eine gewisse Enttäuschung ob der verpassten Siegchance ein. „Meine Mannschaft hat einen großartigen Job gemacht“, setzt Leinders nach. „Auf der anderen Seite sind wir natürlich an die Nordschleife gekommen, um zu gewinnen. Das war unser Ziel. Es war ein toller Fight, leider haben wir ihn verloren.“ Bitter dagegen für die Markenkollegen: Schubert Motorsport erreichte nach zwei Unfällen mit keiner Besatzung das Ziel. 

Dasselbe Schicksal ereilte die zweite Audi-Delegation. Phoenix Racing zwangen gleichermaßen zwei Unfälle, die Kraftprobe am Fuße der Nürburg aufzugeben. Glimpflicher verlief ein Unfall der zweiten WRT-Mannschaft, welche in der Lage war, den Wettbewerb fortzuführen. Letztlich erblickten Pierre Kaffer, Christer Jöns, Nicki Thiim und Vanthoor, der einen Doppeleinsatz stemmte, das schwarz-karierte Tuch als Siebente. 

Und wer ordnete sich an dritter Stelle in der Hierarchie der Hersteller ein? Wider Erwarten gelang dieser Teilerfolg nicht Mercedes-Benz, sondern Porsche. Falken Motorsports verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr nochmals um eine Position und erstritt den Bronzepokal. Eine beständige Darbietung – lediglich eine Berührung mit einem Mistreiter – verhalf Wolf Henzler, Peter Dumbreck, Alexandre Imperatori und Martin Ragginger zu dem Podiumsresultat. 

Black Falcon sichert Platz fünf für Mercedes-Benz

Zuweilen kamen der Truppe in Türkis-Blau sogar die widrigen Bedingungen zupass. „Vor allem in der Nacht war es mit den wechselnden Witterungsbedingungen zum Teil sehr anspruchsvoll“, rapportierte Dumbreck auf der Pressekonferenz. „Wir hatten bei der Reifenwahl aber immer ein glückliches Händchen, und die Falken-Pneus haben die Herausforderungen sehr gut gemeistert. Über die komplette Distanz hatten wir keine großen Probleme – wir haben eigentlich nur die Routinestopps absolviert.“ 

Schlussendlich erzielte Black Falcon das beste Ergebnis für die AMG-Abteilung. Abdulaziz Bin Turki Al Faisal, Hubert Haupt, Yelmer Buurman und Jaap van Lagen komplettierten die besten Fünf, nachdem Fortuna einem Gros der Markenkollegen nicht hold war. „Natürlich haben wir uns etwas mehr erhofft, aber der Renngott war in diesem Jahr nicht auf unserer Seite“, formuliert Kundensportleiter Jochen Bitzer sein Wochenendfazit. 

Die Athleten selbst zeigten sich wiederum vollauf zufrieden mit der Endplatzierung. „Ich hätte gestern nicht gedacht, dass wir es schaffen, ein Topfünf-Ergebnis zu holen“, gesteht van Lagen nach der Wettfahrt ein. „Die Teams an der Spitze waren sehr stark und das Niveau unheimlich hoch. Aber wir haben gezeigt, dass man mit einer konstanten und fehlerfreien Fahrweise nach vorn fahren kann. Unser Auto hat keine Kratzer, es gab keinerlei Probleme.“ 

Folglich waren vier unterschiedliche Fabrikate unter den besten Fünf vertreten. Zumal der Audi-Triumph bloß den Beginn eines neuen Abschnitts markierte. Im Gegensatz zu den Ringträgern startete die Konkurrenz gleichsam mit Auslaufmodellen. Allerdings: Sowohl Porsche als auch BMW präsentierten am vergangenen Freitag ihre künftigen Gefährte für den GT3-Kundensport, wohingegen Mercedes-AMG bereits seine Vorbereitungen auf der Nordschleife intensivierte. Fortsetzung folgt.