Spa-Francorchamps: Audi triumphiert bei der Generalprobe

Obwohl Porsche die Generalprobe in Spa-Francorchamps anfangs dominierte, obsiegte letzten Endes Audi. Der Konstrukteur aus Ingolstadt bewies neuerlich Stehvermögen und taktisches Geschick, wohingegen der Konzernschwester wiederholt Fehler unterliefen. Für Toyota stand das Wochenende unter einem Unstern.

Obwohl Porsche die Generalprobe in Spa-Francorchamps anfangs dominierte, obsiegte letzten Endes Audi. Der Konstrukteur aus Ingolstadt bewies neuerlich Stehvermögen und taktisches Geschick, wohingegen der Konzernschwester wiederholt Fehler unterliefen. Für Toyota stand das Wochenende unter einem Unstern.

Auch in Spa-Francorchamps zeitigte die faktische Porsche-Überlegenheit keinen Erfolg. Letztlich unterlag der Hersteller aus Stuttgart-Zuffenhausen bei der Generalprobe für Le Mans abermals. Stattdessen fügte Audi seiner Konzernschwester eine weitere Niederlage zu. Strategische Finesse begünstigten den Erfolg des Ingolstädter Konstrukteurs gleichermaßen wie Beständigkeit und eine fehlerfreie Vorgehensweise.

Widerpart Porsche war hingegen nicht imstande, seine Vorteile beim zweiten Lauf zur Langstrecken-WM zur Geltung zu bringen, eliminierte sich phasenweise selbst. Im Mittelteil des Sechs-Stunden-Rennens entfachte schließlich ein Zweikampf mit Audi, den Joest Racing mit einem minimalen Vorsprung zu seinen Gunsten entschied. Beim Zieleinlauf betrug der Abstand lediglich dreizehn Sekunden. 

Als Spitzenreiter erblickten André Lotterer, Marcel Fässler und Benoît Tréluyer das schwarz-weiß karierte Tuch, wogegen Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb erneut nur zweite Sieger blieben. „Das gesamte Team beglückwünsche ich zu einer erstklassigen Leistung“, würdigt ein unentwegt grinsender Audi-Motorsportchef Doktor Wolfgang Ullrich das Ergebnis. „Sie haben aus einem Langstreckenrennen einen Sprint gemacht und fehlerfrei gearbeitet.“

Porsche: Interne Kollision, folgenreiches Ausweichmanöver

Zu Anfang ergab sich allerdings eine andere Konstellation. Erwartungsgemäß begab sich Porsche nach der dominanten Qualifikation umgehend in die Offensive, entfloh der Konkurrenz von Audi und Toyota geradezu. Die ersten Minuten glichen einer Demonstration, ehe den Stuttgartern das erste Fauxpas unterlief. LMP1-Novize Nick Tandy kollidierte in der Rechts-links-Kombination Fagnes ausgerechnet mit GTE-Markenkollege Kévin Estre.

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Somit hatte sich bereits eine Besatzung aus dem Führungstrio selbst aus dem Wettstreit um den Tagessieg im Ardenner Wald gekegelt. „Der Unfall mit dem Porsche 911 RSR zu Rennbeginn war ein unglückliches Missverständnis“, schildert Tandy die Situation während der Startphase. „Ich dachte natürlich, er würde mich vorbeilassen – aber er hat offenbar nicht damit gerechnet, dass ich zum Überholen ansetze.“ 

Sodann verkalkulierte sich auch Brendon Hartley in der Bus-Stop-Schikane, woraufhin der Porsche-Werksfahrer den Notausgang wählte. „Am Ende meines ersten Einsatzes haben die Vorderräder beim Anbremsen blockiert“, erklärt Hartley das Missgeschick. Bei diesem Ausweichmanöver gefährdete der Neuseeländer jedoch die Sportwarte, weshalb die Sportkommissare dessen Mannschaft mit einer Fünfzehn-Sekunden-Strafe belegten. 

Lieb: „Richtig eng, aber auch tolles Racing“ 

Folglich verblieben lediglich Dumas, Jani und Lieb als Hoffnungsträger, die ihre Stellung an der vordersten Stelle des Klassements vorderhand festigten. Doch Audi ging daran, mit taktischen Mitteln auf seine Vordermänner aufzuschließen. Mit Erfolg. Ein Doppelstint beförderte die Tabellenführer auf die erste Position, woraufhin – wie schon in Silverstone ein erbitterter Zweikampf entfachte. 

In Konsequenz dessen stand Porsche unter Zugzwang und entschied sich ebenfalls, einen Doppelstint zu wagen. Dieses Unterfangen scheiterte jedoch. Obwohl sich Lieb vorübergehend einen komfortablen Vorsprung verschaffte, eilte Tréluyer alsbald heran. „Wegen des beschränkten Reifenkontingents sind wir einen Doppelstint gefahren, aber das hat mit dem Reifenverschleiß nicht ganz hingehauen“, räumt Lieb ein. 

Im Tête-à-tête der Kontrahenten kam es gar zum Feindkontakt. Schlussendlich gewann Tréluyer jedoch die Überhand, womit der Routinier den Triumph für Audi davontrug. „Der Kampf mit Ben Tréluyer um die Spitze war klasse“, meint Lieb. „Als er mich bei der Anfahrt von Kurve neun am Heck traf, war das schon richtig eng, aber auch tolles Racing. Wir müssen noch etwas am Reifenmanagement arbeiten, dann schlagen wir zurück.“ 

Tréluyer: „Was für ein Rennen“ 

Auch im Audi-Lager herrschte Begeisterung angesichts der Ereignisse auf dem Traditionskurs im Hohen Venn. „Was für ein Rennen“, jubelte Tréluyer nach dem Duell mit Porsche-Rivale Lieb. „Wie schon in Silverstone war es harte Arbeit bis zum Schluss, aber es hat großen Spaß gemacht und wir freuen uns schon auf Le Mans.“ Doch hat Audi bei der Machtprobe im Département Sarthe tatsächlich die Favoritenstellung inne? 

Die unterste Stufe des Podiums erklommen derweil Hartley, Mark Webber und Timo Bernhard, die nach dem Zwischenfall während der Startphase obendrein beim ersten Fahrerwechsel zusätzlich Zeit verloren. Grund der Verzögerung: Die Mechaniker mussten den Stoßdämpfer austauschen. „Das Ergebnis heute ist nicht ganz, was wir uns erhofft hatten, aber wir haben gekämpft“, bilanziert Webber die zweite WM-Begegnung. 

Auf dem vierten Rang erreichte das Audi-Trio René Rast, Filipe Albuquerque und Marco Bonanomi das Ziel, welche zur Halbzeit einen außerplanmäßigen Boxenhalt einlegen mussten. Anlass: Aufgrund von Vibrationen verlor deren Sportwagen die linke Seitenscheibe. Letztendlich profitierten das Ensemble aber vom Pech der Stallgefährten Lucas di Grassi, Loïc Duval und Oliver Jarvis, der während der finalen Minute ins Kiesbett rutschte und in die Reifenstapel einschlug.

Toyota erkämpft Platz fünf nach katastrophalem Wochenende

Zuvor haderte die Equipe mit der Startnummer acht außerdem mit technischen Gebrechen. Ein Defekt an der Elektronik erforderte zwei Reparaturstopps, um zunächst die Motorhaube, anschließend auch das Steuergerät auszutauschen. „Natürlich ist es schade, dass uns Probleme zurückgeworfen haben“, gesteht Duval. „Aber ich bleibe optimistisch, dass unsere kleine Pechsträhne in Le Mans ein Ende finden wird.“

Und Weltmeister Toyota? Desolat. Zu keinem Zeitpunkt war der Titelverteidiger aus Fernost in der Lage, mit Audi und Porsche zu konkurrieren. Bereits am Donnerstag schwante der TMG-Mannschaft: Das Wochenende in Spa-Francorchamps steht unter einem Unstern. Denn Kazuki Nakajima erlitt bei einem Trainingsunfall eine Rückenwirbelfraktur und muss vorerst aussetzen. Darum bestritten Anthony Davidson und Sébastien Buemi das Rennen allein.

Jedoch erfolglos. Zwar wahrte das Toyota-Doppel zunächst den Kontakt zur Spitzengruppe, bis der Defektteufel wütete. Aufgrund eines Problems mit der Elektronik büßte das japanisch-kölnische Duo zwanzig Minuten ein. Die Stallgefährten Stéphane Sarrazin, Mike Conway und Alexander Wurz beendeten die Wettfahrt wenigsten an fünfter Stelle. „Das war ein schweres Rennen für uns“, resümiert Toshio Sato.

Sato: „Werden unsere technischen Probleme genau analysieren“

Obschon sich Toyota gegenüber der zurückliegenden Saison verbessert habe, genügte dieser Fortschritt nicht, um sich Audi und Porsche zu stellen. „Wie schon in Silverstone haben wir uns auch hier mit den Rundenzeiten, verglichen mit dem Vorjahr, verbessert“, erklärt Sato. „Aber es war nicht genug, um Audi und Porsche, die einen beeindruckenden Job abgeliefert haben, herausfordern zu können.“

In den nächsten Wochen wolle sich Toyota der Analyse widmen, um am längsten Tag des Jahres in Le Mans wieder wettbewerbsfähig zu sein. „Nun werden wir unsere technischen Probleme genau analysieren, ebenso den Grund für unseren Rückstand auf die Konkurrenz“, erläutert Sato die Vorgehensweise und zeigt ungebrochenen Kampfgeist. „Wir werden konzentriert und mit aller Kraft an der Entwicklung unserer Le-Mans-Spezifikation arbeiten.“


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