Jürgen Alzen: „Es ist an uns, dieser Strecke Respekt zu zollen“

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Jürgen Alzen befasst sich mit dem Unfallhergang beim VLN-Eröffnungslauf. Zwei Faktoren seien hervorzukehren: die hohe Geschwindigkeit und der böige Wind. Dem Fahrer Jann Mardenborough lastet er hingegen keine Schuld an, lehnt Änderungen an der Nürburgring-Nordschleife allerdings ab.

Nach dem Zuschauerunglück beim Auftaktrennen zur VLN-Langstreckenmeisterschaft befasst sich auch Jürgen Alzen mit dem Unfallhergang beim Flugplatz. Der langjährige Kenner der Nürburgring-Nordschleife erachtet zwei Aspekte als zentral: die hohe Geschwindigkeit an besagter Passage und der böige Wind am Veranstaltungstag. Allerdings reduziert der Teamchef die Problematik nicht auf GT3-Sportwagen und negiert Modifikationen der Strecke grundsätzlich.

Allein die Windstärke habe maßgeblich zum Kontrollverlust an der Kuppe beigetragen. „Windgeschwindigkeiten von mehr als fünfzig bis sechzig Kilometer pro Stunde sind meiner Meinung nach völlig ausreichend, um ein etwas zu schnelles Fahrzeug, das unmittelbar nach der Kuppe sowieso aushebt, dieses aerodynamische Aufsteigen zu ermöglichen“, erläutert Alzen auf seiner Internetseite. „Es war bekannter Maßen sehr windig.“

Die Beschaffenheit des Unterboden – geschlossen oder geöffnet – sei in dieser Situation wiederum hingegen unerheblich. „Maßgeblich für die einwirkenden Kräfte sind ausschließlich die zu Verfügung stehende Fläche des Bodens, die Fahrzeuggeschwindigkeit, der Anstellwinkel des Fahrzeuges und die Stärke des Windes“, schildert Alzen, der solch einen Vorfall ebenso bei anderen Fahrzeugen, die ein vergleichbares Tempo erreichen, für möglich hält. Eine genaue Analyse ermögliche jedoch erst die Auswertung des Datenloggers.

Nordschleifen-Lizenz: „Hauptsache, die Kasse klingelt“

Dem Fahrer Jann Mardenborough lastet Alzen dagegen keinerlei Schuld an. „Dass es ausgerechnet Jann Mardenborough passierte, der diesen Drive quasi über seine Qualifizierung bei Playstation bekommen hat, macht vielleicht aufs Erste keinen sehr guten Eindruck, aber er ist mir bisher nie negativ aufgefallen“, betont Alzen, der stattdessen die Fertigkeiten des Nissan-Nachwuchsfahrers herausstellt. „Seine fahrerischen Qualitäten stehen außer Frage.“

Allerdings äußert Alzen massive Kritik am Nordschleifen-Führerschein, der mitnichten seinen Zweck erfülle und solche Zwischenfälle nicht verhindern könne. „Was ich aber gerade durch diesen Vorfall bestätigt sehe, ist die Sinnlosigkeit der Nordschleifen-Lizenz, so wie diese jetzt erteilt wird“, moniert Alzen. „Wenn Fahrer mit langjähriger Erfahrung und einer makellosen Unfallhistorie zur Nachschulung gebeten werden, dann finde ich das nur lächerlich. Hauptsache, die Kasse klingelt.“ 

Und die Konsequenzen der Ereignisse am vergangenen Wochenende? „Auch ich bin nicht fehlerfrei und habe schon einige Abflüge hinter mir“, räumt Alzen ein. „Damit will ich sagen, dass gleich wie viel Rennerfahrung jemand hat, er nie sicher sein kann, dass ihm ‚das Talent nicht ausgeht‘. Schaden kann Erfahrung allerdings nicht. Ich lehne Änderungen an der Strecke sowie Einschränkungen der Fahrzeuge kategorisch ab. Es ist an uns, dieser einzigartigen und schwierigen Strecke den nötigen Respekt zu zollen.“