Kenneth Heyer: „Rennen fahren ist die Entspannung pur“

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BRCC, Creventic, VLN und 24-Stunden-Rennen: Kenneth Heyer bewältigte in der zurückliegenden Saison geradezu eine Herkulesaufgabe, die jedoch „Entspannung pur“ für ihn sei. Im Interview resümiert der AMG-Pilot die absolvierten Einsätze und erörtert die Entwicklung der verschiedenen Wettbewerbe.

In diesem Jahr tingelte Kenneth Heyer quer durch Europa, um an verschiedenen Schauplätzen an Langstreckenveranstaltungen teilzunehmen. Sein Mammutprogramm erstreckte sich von der BRCC bis zur VLN. Dennoch sei dies „die Entspannung pur“. Im Interview mit SportsCar-Info resümiert Heyer die vergangene Saison, spricht über seine Verbundenheit zur Marke Mercedes-Benz und erörtert die Entwicklung der unterschiedlichen Wettbewerbe.

SportsCar-Info: BRCC, Creventic-Langstreckenserie, VLN und 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring – Kenneth, Du hast in diesem Jahr ein gleichermaßen umfangreiches wie vielfältiges Programm bewältigt. Welche Ereignisse sind Dir positive in Erinnerung geblieben, welche haben Dir eher missfallen?

Kenneth Heyer: Grundsätzlich war es eine sehr erfolgreiche Saison. Hervorzuheben sind die langjährige Verbindung zu Mercedes, der Zusammenhalt mit den Teams, für die ich schon länger fahre und der Spaßanteil den mir Langstreckenrennen geben. Etwas spezieller war wohl der abermalige Erfolg bei den 24 Stunden von Zolder, da es ein sehr schwieriges Rennen mit ständig wechselndem Wetter und einem starken Konkurrenten war. Es wurde erst dreißig Minuten vor Schluss entschieden. Und auch die darauffolgende Belgium-Racing-Party bleibt eindrücklich in Erinnerung.

Negativ war nur der BRCC-Lauf in Spa, wo uns die Rennleitung mit einer krassen Fehlentscheidung den Sieg genommen hat und somit auch die Meisterschaft dahin war. Man hatte den damals führenden Aston Martin am Safety-Car vorbeigelassen und uns als eigentlich Zweiten aufgefangen. Und so war eine Runde futsch.

SportsCar-Info: In der belgischen GT-Meisterschaft hast Du mit Belgium Racing sämtliche Wertungsläufe bestritten. Letzten Endes gelangen Euch acht Podiumsresultate, der Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Zolder und der Gewinn des Vizetitels. Welche Bilanz ziehst Du angesichts dieser erfolgreichen Saison?

Kenneth Heyer: Ich bin ja etwas fremdgegangen 2014 – aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit des Teams mit Porsche. Patric Derdaele macht für ein privates Team unglaublich viel seitens der Technik und auch bei der Facility. Wir haben sportlich nicht einen Fehler gemacht und hatten trotzdem nie ein Paket auf Augenhöhe der anderen GT3. Und so ist der Vizetitel mit den Möglichkeiten, die wir hatten, ein Erfolg. Die 24 Stunden von Zolder waren einfach ein perfektes Teamwochenende und die Veranstaltung mit seinen Teilnehmern und Zuschauern auch so eine Art Wiedergeburt der guten alten Belcar-Tage. 

SportsCar-Info: Der GT-Sport in Belgien geriet zwischenzeitlich in eine Misere. Nach der schillernden Belcar-Ära geriet die GT3-Nachfolgeserie zunehmend in eine Abwärtsspirale. Mittlerweile verbucht die aktuelle BRCC-Meisterschaft konstante Starterzahlen. Haben sich die Strukturen der belgischen GT-Szene wieder stabilisiert? 

Kenneth Heyer: Ich denke, es liegt zum großen Teil an den zwei bis drei führenden belgischen Teams. Wenn die drei wichtigsten GT3-Teams sich über die Jahre immer internationaler aufstellen, ist das Konstrukt darunter auch betroffen. Auch ein Belgium Racing Team will sich internationaler aufstellen, hat aber sehr verwurzelte Verbindungen zum eigenen nationalen Thema. Dazu kommt die Frage, ob eine nationale Meisterschaft wie die Belgische überhaupt GT3 braucht. 

Der damit zusammenhängende Kostenapparat ist schwer zu decken. Und so ist man den vielen Amateuren, die Autos privat einsetzen, mit einer anderen Klassenstruktur entgegengekommen. Ich denke, ein Cup-Ferrari beziehungsweise Porsche und Tourenwagen wie ein Mercedes-Benz CLA oder BMW 235i wären wesentlich sinnvoller und erfolgreicher auf Dauer in Belgien einzusetzen. 

SportsCar-Info: Anlässlich des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring warst Du wieder für HTP Motorsport (Anm. d. Red.: ehemals Heico Motorsport) im Einsatz. Nach einem Ausfall bei der Vorbereitungsveranstaltung erreichte Eure Mannschaft den siebenten Platz im Gesamtklassement. Seid Ihr damit Euren eigenen Erwartungen gerecht geworden? 

Kenneth Heyer: Wir sind angetreten, um unter die Topdrei zu fahren. Das ist uns aufgrund zweier berechtigter Strafen nicht gelungen. Wir hatten ein Paket, um mehr als Platz sieben zu holen. Grundsätzlich sollte man die Demut vor diesem Rennen aber nicht zu kurz kommen lassen. Und Ankommen ist mal Erfolg Nummer eins, aber ich und auch alle anderen in diesem Projekt hatten und haben mehr vor. Ich war jetzt sehr oft in den Topsieben und ich wäre lieber achtmal ausgefallen und hätte ein Mal gewonnen. Nah dran ist und bleibt nicht gewonnen zu haben. Ist doch klar. 

SportsCar-Info: Ist eine künftige Zusammenarbeit mit HTP Motorsport vorstellbar? 

Kenneth Heyer: Zu HTP Motorsport gibt es eine sehr enge familiäre Verbindung, die schon über vierzig Jahre andauert. Ich werde kommende Saison nur noch Mercedes machen und speziell bei den wichtigsten Langstreckenrennen der Saison gibt es für mich nur zwei bis drei Mercedes-Teams die es gewinnen könnten. Zwangsläufig aufgrund der Kalenderstruktur kann man nicht nur für eines fahren. 

SportsCar-Info: Bei den Creventic-Veranstaltungen startetest Du für Hofor-Racing. Sowohl bei den Zwölf-Stunden-Rennen in Mugello, Zandvoort und Budapest als auch beim 24-Stunden-Wettstreit in Barcelona stand Eure Truppe letztlich auf dem Podium. Dennoch fehlt in diesem Jahr der Siegerpokal im Trophäenschrank. Zieht Ihr dennoch ein positives Fazit?

Kenneth Heyer: Definitiv! Bei Hofor-Racing schätzt sich keiner falsch ein. Mit Michael und Chantal Kroll sowie Roland Eggimann reden wir nicht von absoluten Vollprofis, sondern von Amateuren die den Anspruch haben, sich permanent zu verbessern und Motorsport so professionell wie möglich zu betreiben. Zusammen mit Christiaan gebe ich die fahrerische Richtung vor und die Drei kommen immer näher. 

Wir hätten aber auch mindestens zwei der Zwölf-Stunden-Läufe gewinnen müssen – zum einen Zandvoort mit etlichen unplanmäßigen Boxenstopps und zum anderen Ungarn. Aber auch beim Einsatz der Mercedes-Benz SLS AMG GT3 werden wir besser. Dass wir die 24 Stunden von Barcelona gewinnen und das Jahr darauf Dritter werden und bei allen weiteren auch auf dem Podium landen, ist definitiv, mit dem jetzigen Stand des Paketes, äußerst erfolgreich. 

SportsCar-Info: Die Anzahl der VLN-Mannschaften in der 24-Stunden-Serie steigt seit geraumer Zeit. Bietet das Endurance-Konzept der Creventic-Organisation tatsächlich eine geeignete Alternative zur Langstreckenmeisterschaft auf der Nürburgring-Nordschleife? 

Kenneth Heyer: Man kann es schwer vergleichen. Die Creventic-Läufe sind viel länger als VLN-Rennen und die Nordschleife wiederum so einzigartig. Ich denke, es hängt auch damit zusammen, dass VLN-Teams gerne mal Alternativen durchleuchten und auch die Finanzierung der privaten Teams spielt sicherlich eine Rolle. So kann man die Creventic Rennen mit bis zu fünf Leuten fahren. 

Die Holländer machen aber einen Riesenjob, sind extrem fleißig bei der Akquise der Starter und immer hilfsbereit und zuvorkommend. Man hört den Wünschen der diversen Teams genau zu und ändert Dinge sehr schnell. Auch auf der Vermarktungsseite geht es steil nach oben. Neuer Reifenpartner mit Hankook und der Kalender ist auch sehr ausgeprägt. 

SportsCar-Info: Um ein attraktives Angebot zu ermöglichen, experimentiert Creventic überdies mit dem Rennformat. Daher waren die Zwölf-Stunden-Rennen in Mugello und Zandvoort in zwei Segmente an zwei Veranstaltungstagen untergegliedert. Wie bewertest Du diese Herangehensweise? 

Kenneth Heyer: Für die Teams super, da nach dem erstem Teil freitags Parc-fermé-Bestimmungen gelten. Man stellt die Fahrzeuge wie bei einem Rennabbruch auf Start-und-Ziel auf und Feierabend. Die Teams nutzen die Zeit dann privat. In Zandvoort beispielsweise am Strand. Ist gewöhnungsbedürftig, aber irgendwie fand ich es doch gut. Kam auch in Zandvoort den vielen Amateuren entgegen, da man die Eindrücke des ersten Renntages in Ruhe verarbeiten konnte und sich so nochmal auf den zweiten Rennteil vorbereiten konnte. Das habe ich von mehreren gehört. Ist doch erstaunlich, dass es so wenige herbe Zwischenfälle bei diesen beiden in zwei Teilen aufgeteilten Rennen gab – und das bei so vielen Autos auf der Strecke. 

SportsCar-Info: Im nächsten Jahr schreibt Creventic seine 24-Stunden-Serie zudem als offizielle FIA-Meisterschaft aus. Was bedeutet dies für Fahrer und Rennställe? 

Kenneth Heyer: Am Ende sind die Langstreckenrennen doch Einzelveranstaltungen. Mir wären zwei bis drei Siege bei den Rennen wichtiger als mit permanenten zweiten bis fünften Plätzen Meister zu werden. 2014 habe ich immer versucht zu gewinnen und immer hundert Prozent gegeben im Auto, da ich den Tagessieg wollte. Wenn dann nach fünf Veranstaltungen tatsächlich eine Meisterschaft winkt, könnte ich mir vorstellen, lieber sicherer Dritter in Ungarn zu werden als mit Risiko um den Tagessieg zu kämpfen. Ist aber generell für mich eher ein schönes Beiwerk. 

SportsCar-Info: Während der zweiten Saisonhälfte hast Du Hofor-Racing bei seinem VLN-Programm unterstützt. Wie waren die ersten Gehversuche mit dem Flügeltürer von Mercedes-Benz auf der Nordschleife, nachdem Hofor-Racing bis dato vorwiegend den Einsatz verschiedener Tourenwagen betreute? 

Kenneth Heyer: Für mich ja nicht wirklich etwas Neues. Auf der Reifenseite, waren wir speziell im Zeittraining nicht ganz auf der Höhe. Das wurde aber aus finanziellen Gründen und noch mehr aus der Tatsache heraus entschieden, dass Michael und Roland noch völlig im Lernprozess sind und wir am Ende nicht um die Podien mitfahren zum jetzigen Standpunkt. Ich selber hatte bei den diversen Starts, wo es immer bis in die Topdrei nach vorne ging vor den Fahrerwechseln ’ne menge Spaß. 

Roland und Michael hatten die Nordschleife nochmal neu zu lernen, da es mit jedem Auto neue Bremspunkte und völlig andere Geschwindigkeiten zu erlernen gibt. Die Wettersituation war auch nicht immer einfach, aber selbst das gehört ja dazu, dass man mit Slicks im Platzregen und mit Regenreifen auf abtrocknender Strecke zurechtkommt. Wie immer war es sehr beeindruckend mit wie viel Realismus und zeitgleich Ehrgeiz an das Thema rangegangen wurde. Also ein sehr positives Fazit. 

SportsCar-Info: Welche Chancen verbucht ein kleiner Rennstall wie Hofor-Racing generell im hochkarätigen Teilnehmerfeld – teilweise mit Werksunterstützung – der VLN-Langstreckenmeisterschaft? 

Kenneth Heyer: Generell muss man sagen, ist es eine Frage des Gesamtpaketes. Natürlich sind Rowe, HTP und Black Falcon auf einem extrem hohen Niveau angekommen. Wie gesagt man schätzt alles realistisch ein bei Hofor-Racing und möchte in Zukunft mit großem Spaßanteil Rennen ohne Fehler beenden. Aus Erfahrung ist klar, wenn man sich aus allem heraushalten kann und ordentlich mitfährt, ist das ein oder andere Topfünf-Ergebnis schon drin. 

SportsCar-Info: Hast Du bereits die Planungen für die kommende Saison konturiert? Stemmst Du ein ähnliches Mammutprogramm? Immerhin: An einem Wochenende im September bist Du frühzeitig aus Barcelona abgereist, um tags darauf in Spa-Francorchamps anzutreten. Verspürst Du gelegentlich wenigstens ein bisschen Stress? 

Kenneth Heyer: Dass mir Langstreckenrennen liegen, ist klar. Und ich denke auch, meine eingeschlagene Richtung. Ich werde also noch mehr Langstreckenrennen bestreiten und alles auf dem Mercedes-Benz SLS AMG GT3. Nur für die 24 Stunden von Zolder muss noch was mit Stern her. Ich fahre die 24-Stunden-Rennen von Spa, auf dem Nürburgring – plus Qualifikationslauf – von Barcelona, Dubai, Paul Ricard und Zolder sowie die Zwölf-Stunden-Rennen in Zandvoort, Mugello, Ungarn, Bathurst und Abu Dhabi. Dazu noch alle VLN-Läufe, bei denen es keine Überschneidung gibt und es laufen Gespräche mit einer Serie. 

Auch mit den 24 Stunden von Daytona sieht es gut aus, obwohl das eventuell noch geopfert werden muss. Der Traum, regelmäßig jede Saison Spa, Nürburgring und Le Mans zu fahren, muss noch warten. Der Zeitaufwand und die Auslegung eines Jahresprogramms wird wahnsinnig durcheinander gebracht mit Le Mans. Ich war nicht mal als Zuschauer vor Ort bis dato. Stress wegen vieler Rennen? Rennen fahren ist die Entspannung pur für mich. Man muss nur gut organisiert sein.