Petit Le Mans: Sind tausend Meilen noch realistisch?

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Das Petit Le Mans sucht einen neuen Sieger. Die Titelverteidiger dürfen nicht mehr antreten, da die LMP1-Klasse in der USCC gestrichen wurde. In diesem Jahr sind die DP und LMP2 am Zuge, die aber etwas langsamer unterwegs sind. Kann so überhaupt die volle Rundenzahl absolviert werden?

Zum ersten Mal in der Geschichte findet ein Petit Le Mans ohne einen LMP1 statt. Bisher gewannen folgerichtig den Herbstklassiker stets die schnellsten Prototypen im Sportwagenzirkus. Darunter waren die Audi R8, R10 sowie der Peugeot 908. Die vergangenen beiden Auflagen gewann Rebellion Racing mit ihrem privaten Lola-Toyota.

In der United SportsCar Championship sind aber die großen Boliden ausgeschlossen. Folgerichtig wird es in dieser Saison einen neuen PLM-Sieger geben, der entweder mit einem Daytona-Prototypen oder einem LMP2 unterwegs ist. Beide Fahrzeugkonzepte haben jedoch eines gemein: sie sind im Schnitt langsamer auf der Strecke als die nur in der Langstrecken-WM zugelassenen Autos.

Damit stellt sich nicht nur die Frage, wer das Rennen gewinnt, sondern auch, ob die vorgegebenen eintausend Meilen überhaupt noch erreichbar sind. Die mögliche Distanz in einem Langstreckenrennen hängt immer von mehreren Faktoren ab: dem Grundspeed der Spitzengruppe, der Anzahl der Positionskämpfe, dem reinen Verkehr, dem Wetter sowie vom Safety Car.

Beginnen wir mit der Performance. Zwischen den LMP1 und der aktuellen Top-Klasse der USCC besteht unbestreitbar ein signifikanter Geschwindigkeitsunterschied. Am besten zu belegen ist dies an den Zeiten in der Qualifikation. Dort steht beispielsweise in Sebring für einen Audi R18 eine 1:43,886 Minuten aus dem vergangenen Jahr einer 1:51,917 Minuten einer Corvette DP gegenüber. Ähnlich verhielt es sich in Austin in diesem Jahr, dort war der OAK-Ligier rund neun Sekunden langsamer als der Toyota auf der Poleposition der WEC.

Allerdings relativiert sich solch ein reiner Tempounterschied in einem Rennverlauf. Dies führte schon im vergangenen Jahr auf der Road Atlanta dazu, dass der Level-5-HPD das Rennen nur sechs Runden hinter dem Rebellion-Lola beendete. Die schweizerische Mannschaft hatte nach neun Stunden und 37 Minuten die 1600 Kilometer absolviert, der zweitplatzierte P2 wäre rechnerisch also ebenfalls über die Distanz gekommen.

Viel Verkehr auf vier Kilometern

Doch dies wurde durch einige weitere Faktoren begünstigt. Unter den Prototypen herrschte recht wenig Konkurrenz. Die Rebellen konnten die Verfolger früh abhängen und fast wie im Training ihre Runden ziehen, ebenso Level 5 in der P2-Klasse. Das wird in dieser Saison nicht mehr vorkommen. Es treten elf Prototypen an, die sich auf einem ähnlichen Niveau begegnen und schon einige große Kämpfe in diesem Jahr lieferten. Das beeinträchtigt aber die erreichbare Strecke in negativer Weise.

Anno 2014 sind aber nicht nur mehr Autos der P-Kategorie am Start – das gesamte Grid wird voll sein. Insgesamt sind 54 Autos gemeldet, 20 mehr als 2013. Darunter sind viele Piloten in Teams aus der Grand-Am, die somit das Petit Le Mans nicht kennen. Gleichzeitig gehört die Road Atlanta aber zu den kurzen und schnellen Strecken mit Stellen, an denen nicht ohne Verluste überholt werden kann.

Erinnert man sich an die Klassiker zum Jahresbeginn in Daytona und Sebring wurde dies dort jedoch das eine oder andere Mal versucht und somit kommt die nächste Komponente ins Spiel: Das Safety Car. In Sebring legte selbst das Sicherheitsfahrzeug ein Langstreckenrennen zurück, was dazu führte, dass die 300-Runden-Marke deutlich verfehlt wurde.

Sollte es dazu noch regnen wird das Petit Le Mans zu einem Pokerspiel. Dass ein Wolkenbruch in Georgia ernst genommen werden muss, lehrte uns das Jahr 2009 als nach nicht einmal der Hälfte abgebrochen werden musste. Fazit: Die Tausend Meilen sollten durchaus weiterhin möglich sein, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dafür deutlich geschrumpft. Es ist sogar gut möglich, dass wieder einmal die Zehn-Stunden-Marke erreicht wird.