Spa 24: Audi erringt Hattrick im finalen Zweikampf

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Ein ereignisarmes Fernduell zwischen WRT und Marc VDS Racing gipfelte schlussendlich in einem Herzschlagfinale. Letztlich sicherte René Rast in einem nervenaufreibenden Zweikampf Audi den Sieg bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps – und den dritten Erfolg bei Europas Endurance-Klassikern in diesem Jahr.

Wer Audi am Sonntagmittag bereits als sicheren Sieger der 24 Stunden von Spa-Francorchamps wähnte, der saß einem Irrtum auf. Fraglos ebbten die Ereignisse im Hohen Venn in den Morgenstunden ab, der Wettbewerb nahm einen zunehmenden ereignisarmen Verlauf. Dennoch befanden sich das W Racing Team und Marc VDS Racing nach wie vor in einem Fernduell, dessen Ausgang die favorisierten Mannschaften mühselig offen hielten.

Daher prognostizierten die Statistiker: Die Entscheidung zwischen Audi und BMW falle in einem nervenaufpeitschendem Zweikampf während der Schlussphase. Denn bis dato demonstrierte die WRT-Equipe um Vincent Vosse, zwar auf der Strecke womöglich die Oberhand zu gewinnen, wohingegen die Rivalen um Marc van der Straten die Nachteile ihres BMW-Sportwagen beim Boxenstopp zu kompensieren suchten.

Als noch etwa zwei Stunden auf dem Chronometer verblieben, verdichteten sich die Anzeichen, den Gegner im direkten Duell schlagen zu müssen. Die Protagonisten: René Rast, Laurens Vanthoor und Markus Winkelhock versus Lucas Luhr, Markus Palttala und Dirk Werner. Obendrein wagte Marc VDS Racing eine taktische Finesse und montierte beim letzten Boxenstopp keine neuen Reifen. Folglich musste Werner die finale Schicht mit gebrauchten Pneus verrichten.

Werner: „War schwierig, auf gebrauchten Reifen dagegenzuhalten“ 

Derweil verzichtete die Konkurrenten in der WRT-Box auf einen Fahrerwechsel. Zwar stand Vanthoor bereits Gewehr bei Fuß, ins Cockpit des Ingolstädter Boliden zu klettern, aber Rast verweilt auch für den Endspurt im Interieur. Hinfort schickte sich das GT-Ass an, Spitzenreiter Werner aufzuholen. Sprunghaft verkürzte Rast den Rückstand, wobei er sich absolut am Limit bewegte. Wiederholt sprach die Rennleitung Verwarnungen wegen Verlassen der Strecke aus. 

Am BMW-Kommandostand bereiteten wiederum die abgenutzten Reifen sorgen. „Das Team hat in den letzten eineinhalb Stunden des Rennens noch einmal gepokert und eine tolle Strategie für den Endspurt entwickelt“, beschrieb Werner die diffizile Situation am Lenkrad und wies außerdem auf Elektronikprobleme hin. „Allerdings war es schwierig, auf gebrauchten Reifen und mit den technischen Problemen dagegenzuhalten. Aber ich habe alles probiert, was möglich war.“

Eine Viertelstunde vor dem Fallen der Zielflagge hatte sich Rast schließlich an seinen Widersacher Werner herangepirscht, der fortan in die Defensive gedrängt wurde. Denn Audi-Athlet Rast attackierte resolut – erstmals am Ende der Kemmel-Geraden, aber Werner parierte. Sodann unternahm Rast den Versuch, sich auf dem Weg ins Tal auf der Außenseite der Pouhon-Doppellinks vorbei zu manövrieren – allerdings erfolglos. Rast musste sich in die Auslaufzone retten.

Audi erstreitet dritten 24-Stunden-Erfolg

Indes haderte Werner erkennbar mit den abbauenden Pneus, stellenweise bereitete es dem BMW-Werksfahrer Schwierigkeiten, sein Arbeitsgerät durch die Kurven zu zirkeln. Auf dem Start-Ziel-Abschnitt bugsierte sich Rast schließlich in Schlagdistanz und erstürmte beim Durchqueren der La-Source-Haarnadelkurve die Spitzenposition. Somit waren die Würfel gefallen. „Es war ein sehr emotionaler Moment für mich, als ich die Ziellinke kreuzte, da es ein hartes Rennen“, rapportierte Rast anschließend auf der Pressekonferenz. 

Zugleich erstritt Audi damit seinen dritten Saisonerfolg bei einem 24-Stunden-Rennen in diesem Jahr. Nach den Triumphen in Le Mans und auf dem Nürburgring bezwang die WRT-Delegation also auch die Erzrivalen von Marc VDS Racing. „Das Jubiläumsrennen im neunzigsten Jahr der Veranstaltung war ein absoluter Klassiker, der bis zum Schluss offen war und in die Geschichte eingehen wird“, urteilt Kundensportleiter Romolo Liebchen über die Wettfahrt in den Ardennen. 

Beim Zieleinlauf trennten die Kontrahenten letzten Endes sieben Sekunden. „Wir können mit dem Ergebnis mehr als zufrieden sein. Das Rennen war über die gesamten 24 Stunden total eng“, meint Luhr darum. „Dieser Marathon hätte auch zu unseren Gunsten enden können. Leider hat uns ein technisches Problem ereilt, so dass wir teilweise mit stumpfen Waffen gekämpft haben. Daher haben wir versucht, ein wenig zu taktieren.“

HTP Motorsport muss mit Rang fünf vorliebnehmen

Den Bronzerang erfocht die WRT-Besatzung Christopher Mies, James Nash und Frank Stippler und drapierten somit das Resultat des belgischen Audi-Rennstalls. Das Trio rangierte am zweiten Veranstaltungstag ebenfalls in aussichtsreicher Person, geriet aber ob eine Durchfahrtsstrafe ins Hintertreffen. Edward Sandström, Stéphane Ortelli und Grégory Guilvert sicherten den Markenkollegen von Saintéloc Racing den vierten Rang, womit das Ensemble die BES-Tabellenführung erobert hat. 

Die Titelverteidiger von HTP Motorsport und Mercedes-Benz fuhren dagegen ein unauffälliges Rennen auf dem Traditionskurs im Ardenner Wald. Maximilian Buhk, Maximilian Götz und Jazeman Jaafar mussten schlussendlich mit Rang fünf vorliebnehmen. „Leider hat es mit der Wiederholung des Sieges aus dem Vorjahr nicht geklappt. Aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen war diesmal einfach nicht mehr für uns drin“, bilanziert Kundensportleiter Jochen Bitzer.

Überdies kennzeichnete den Wettstreit auf dem Circuit de Spa-Francorchamps eine tumultuarischen Anfangsphase. Fünfmal verordnete die Rennleitung eine Safety-Car-Phase wegen schwerer Unfälle in den Passagen Radillion und Blanchimont. Zwischenzeitlich unterbrachen die Verantwortlichen das Rennen gar mit der roten Flagge, da ein Hubschrauber an der Unfallstelle landen musste, um Marcus Manhy (Kessel Racing) ins Krankenhaus ins zu fliegen. Gemäß einer offiziellen SRO-Meldung sei der Zustand des Ferrari-Fahrer jedoch stabil, nachdem die Ärzte ihn vorübergehend in ein künstliche Koma versetzt hatten.