LMP2 in Le Mans: Kleine Teams, große Namen

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Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass die kleine Prototypen-Kategorie LMP2 beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans ein Garant für beste Unterhaltung ist. Auch diesmal sorgen siebzehn Teams mit Rennwagen von vier Chassis-Herstellern und drei Motorenlieferanten für eine prall gefüllte Klasse.

Gedeckelte Kosten und der Ausschluss von reinen Profi-Fahrer-Teams lassen die LMP2 seit zwei Jahren wachsen und gedeihen. Selbst die Tatsache, dass fünf Teams aus der kleinen Klasse vorzeitig ihre Nennung für den Saisonhöhepunkt zurückzogen, kann den Boom der zweiten LMP-Liga nicht aufhalten. Prominentestes Opfer chronischer Unterfinanzierung wurde schon relativ früh Greg Picketts Muscle-Milk-Truppe, die zunächst die Le-Mans-Nennung zurückzog und später den Rennbetrieb komplett einstellte.

Unter den siebzehn LMP2-Teams, die am kommenden Samstag in die Startaufstellung rollen, einen Favoriten auszumachen ist wie rückwärts einparken mit einem Vierzigtonner. Eine Aufgabe für echte Spezialisten. Fast alle Teams haben starke Profis an Bord, die das Beste aus den Mini-Boliden heraus kitzeln werden. Aber welche Herrenfahrer können da mithalten? Und vor allem: Wie lange?

Drei Teams mit Judd-Motoren

Zudem gibt es in dieser Klasse eine weitere Variable, die es zu berücksichtigen gilt. Mit Dunlop und Michelin treten zwei Reifen-Giganten gegeneinander an. Bei den Antrieben ist Nissan weiterhin die erste Wahl und folgerichtig auch am weitesten verbreitet. Aber Konkurrent Judd rüstet auf. Drei Teams setzen auf einen Antrieb des britischen Rennmotoren-Herstellers.

Aus dem Trio sticht Labre Compétition hervor. Jack Lecontes Equipe zählt zu den erfahrensten überhaupt im Feld und blickt auf einige Klassensiege im GT-Bereich zurück. Am Steuer des Morgan-Chassis wechseln sich der siegerprobte US-Sunnyboy Ricky Taylor, der Le-Mans-erfahrene Piere Ragues und das japanische Ex-Model Keiko Ihara ab. Inwiefern die Lady die ansonsten starke Truppe einbremst, wird sich zeigen.

Im Oreca-03R-Judd von Race Performance wechseln ich der schnelle Franck Mailleux, Jon Lancaster und der aus dem Formel-Sport kommt und Michel Frey ab. Der Schweizer zählt zu den schnelleren Amateuren im Feld, sodass man der Truppe einiges zutrauen kann. Ein Fragezeichen steht aber hinter der Kombination aus Oreca-Chassis und Judd-Motor. Niemand sonst setzt auf diese Kombination.

Dritter im Bunde der Judd-Teams ist Morand Racing. Gary Hirsch und Romain Brandela sind weitgehend unbeschriebene Blätter. Mit dem Österreicher Christian Klien sitzt aber ein Anwärter auf die Klassenpoleposition am Steuer des Morgan-Renners.

Nissan stellt das größte Kontingent

Dreizehn Teams setzen auf den Antrieb von Nissan. Darunter einige, die für den Klassensieg in Frage kommen. Sébastien Loebs Truppe hat es endlich geschafft, den Start an der Sarthe unter Dach und Fach zu bringen. Wenngleich die Rallye-Legende selber nicht ins Steuer des Oreca-Nissan greift, kann sich das Fahrertrio sehen lassen. René Rast feiert seine Premiere im Prototypen und in Le Mans. Aber jede Wette: Der Porsche- und GT-Spezialist wird sich schnell an Fahrzeug und Strecke gewöhnen und ganz vorne bei der Musik sein. Ihm zur Seite stehen Jan Charouz, der schon LMP1-Erfahrung hat und auch der Gentleman im Team, Vincent Capillaire, hat schon Erfahrungen in verschiedenen Prototypen gesammelt.

Als Klassenführende der Weltmeisterschaft reist Roman Rusinovs mit Oak Racing an. Der Russe teilt sich den neuen Ligier-Nissan mit Olivier Pla und Julien Canal. Auch wenn hier die ganz großen Namen fehlen. Pla und Canal werden im Rennen fehlerfrei und konstant ihre Runden drehen. Das war noch nie das schlechteste Rezept, um bei Langstreckenrennen ganz weit nach vorne zu fahren. TDS Racing setzt ebenfalls auf die brandneue Ligier-Nissan-Kombination.

SMP Racing konnte sich den Finnen Mika Salo angeln. Der Ex-Formel-1-Fahrer war zuletzt 2003 in Diensten von Audi in einem Le-Mans-Sportwagen aktiv. Seine beiden russischen Partner Sergey Zlobin und Anton Ladygin bringen in erster Linie das Geld des Sponsors mit. Zlobin hate immerhin schon einmal das Glück, einen Formel-1-Boliden testen zu dürfen. Im zweiten Wagen des Teams bildet der Ex-Peugeot-Mann Nicolas Minassian die Speerspitze. Er teilt sich das Cockpit mit Kirill Ladygin und Maurizio Mediani.

Im Morgan-Nissan von Oak Racing sitzen Martin Brundles Sohn Alex und die beiden Konsolen-Casting-Sieger aus Nissans GT Academy Jann Mardenborough und Mark Shulzhitskiy an der Schaltzentrale. Der Brite Mardenborough wurde von Nissan für ein Jahr in der Britischen Formel-3-Serie untergebracht, um das Fahren mit viel Anpressdruck zu üben. Das Ergebnis war der dritte Rang in in der LMP2 im vergangen Jahr.

Der Teamchef von Jota Sport, Simon Dolan, wird selber im Zytek-Nissan seines Teams Gas geben. Dazu hat er neben Marc Gené, immerhin Gesamtsieger von 2009, den jungen Briten Harry Tincknell an Bord. Der Nachwuchsfahrer steht auf der Liste der Audi-Junioren und soll bei Jota Erfahrung sammeln.

Honda als Außenseiter

Ehemalige Formel-1-Fahrer, ausgewiesene Le-Mans-Experten und sogar Gesamtsieger spicken das Feld der zweiten Liga. All dies können die zwei HPD-Truppen in der Klasse nicht bieten. Dafür aber  einen der drei geschlossenen Renner im LMP2-Feld. Im brandneuen Ligier vom Oak Racing Team Asia treten David Cheng, Ho-Pin Tung und Adderly Fong an. Es gibt Experten, die dem Honda-China-Dreier zumindest gute Außenseiterchancen zutrauen.