Langstrecken-WM: ACO beharrt auf kostenpflichtigen Stream

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Die Anhängerschaft der Langstrecken-WM empörte sich vergangenes Wochenende über eine Entscheidung des ACO: Die Übertragung der Rennen im Internet ist künftig kostenpflichtig. Obwohl die Hersteller diese Maßnahme ebenfalls kritisieren, beharren die Le-Mans-Veranstalter auf ihrem Konzept.

Wer hätte solch eine Entwicklung erwartet? Als der ACO am Freitagabend in Silverstone eine denkwürdige Entscheidung publik machte, ging die Anhängerschaft der Langstrecken-WM auf die virtuellen Barrikaden. Der Grund: Die Schauer bewegter Bilder im Internet sollen für diese Angebot künftig Taler löhnen. Eine beträchtliche Anzahl an Fans empörte sich daher über diese Maßnahme und tat ihren Unmut in den sozialen Netzwerken kund.

Das Konzept des Le-Mans-Veranstalters ist angesichts des geringen Bekanntheitsgrades der Langstrecken-WM gleichermaßen gewagt wie naiv. Der ACO bietet seit dem vergangenen Wochenende eine Anwendung für Smartphones und Tabletts an. Besagten Dienst leistet der Automobilklub zwar kostenlos, dieser umfasst aber lediglich Livetiming, Videozusammenfassungen sowie weitere bedingt sinnvolle Optionen.

Für den Livestream werden die Schauer jedoch zur Kasse gebeten. Die Übertragung eines Sechs-Stunden-Rennens kostet 4,99 Euro. Wer die komplette Saison vor dem heimischen Monitor verfolgen möchte, darf gar 19,99 Euro bezahlen – ausgenommen ist allerdings der Höhepunkt in Le Mans. Aufgrund einer Quote im siebenstelligen Bereich im letzten Jahr gibt sich der ACO selbstbewusst und verlangt noch einmal zehn Euro extra. 

Hersteller kritisieren Entscheidung des ACO

Nicht ausschließlich bei den Fans stößt dieser Kurswechsel auf wenig Gegenliebe. Unsere Kollegen von „Motorsport-Total.com“ und „Speedweek“ haben aus Herstellerkreisen erfahren: Audi, Toyota und Porsche negieren diesen Beschluss gleichermaßen. Noch am Sonntag richteten die Konstrukteure eine Protestnote an WM-Geschäftsführer Gérard Neveu, welcher versicherte, die Entscheidung zu überdenken. 

Am Dienstag äußerte sich der ACO schließlich von offizieller Seite und beharrt weiterhin auf eine kostenpflichtige Übertragung. „Falls der Livestream für alle kostenlos wäre, geraten wir in Problemen mit jenen Rundfunkanstalten, welche die Rechte für die Übertragung erworben haben“, argumentiert Neveau. „Solche Beteiligten, wie die Verantwortlichen unserer Fernsehübertragung, würden niemals einen Vertrag unterzeichnen, solange der Inhalt frei über eine Anwendung verfügbar ist.“ 

Zugleich begründet der WM-Chef auch nebulös, warum zusätzliche Kosten für den Klassiker an der Sarthe anfallen. „Die 24 Stunden von Le Mans sind eine ganz andere Veranstaltung“, erläutert Neveu. „Obwohl es Teil der Langstrecken-WM ist, werden die Rechte für dieses Ereignis separat behandelt.“ Derweil beschwichtigt Neveau: Das Livetiming wäre zu Anfang bloß im gebührenpflichtig Paket enthalten, weil die Programmierung fehlerhaft gewesen sei.

Offensichtliche Fehlentscheidung der Veranstalter

Obgleich der ACO den Warnungen der Werksmannschaften zuwider offenbar darauf insistiert, seine Planungen zu verwirklichen, sind die Konsequenzen dieser Fehlentscheidung evident: Einerseits stößt der Organisator seiner treuen Anhängerschaft vor den Kopf, welche die Le-Mans-Serie auch in Abwesenheit der Hersteller verfolgten. Andererseits minimiert der ACO somit die Chancen, die Popularität der Langstrecken-WM zu steigern. 

In den letzten beiden Jahren überschritt die Anzahl der Schauer während der Übertragung eines Sechs-Stunden-Laufes selten die Marke von zehntausend – tendenziell weniger. Das entspricht etwa dem Zuschauerschnitt einer Partie in der 3. Fußball-Liga. Ferner erreicht beispielsweise die VLN-Langstreckenmeisterschaft im deutschsprachigen Raum ein weitaus größeres Publikum, wird aber im Unterschied zur Langstrecken-WM als Breitensportserie ausgeschrieben. 

Angesichts der gegenwärtigen Marschroute, welche ACO und FIA eingeschlagen haben, verhallt die Diskussion, ob die Langstrecken-WM der Formel 1 den Rang als Königsklasse des Motorsports ablaufen kann, im Niemandsland der Sportwagen-Szene …