Aufbruch einerseits, Kontinuität andererseits: In der bevorstehenden Rennsaison 2014 führt der ACO sein energieeffizientes LMP1-Regelwerk ein. Porsche kehrt zurück nach Le Mans, die USCC startet in ihre Debütsaison. Die SRO-Gruppe folgt wiederum dem Leitsatz „Stabilität ist der Schlüssel“. Ein Ausblick.
In mancher Hinsicht wird die bevorstehende Saison 2014 ein Jahr der Zäsur. Unter anderen Gesichtspunkten wiederum wird es ein Jahr der Kontinuität. Zum einen führt der ACO in der Le-Mans-Spitzenklasse LMP1 ein neues, progressives Reglement ein. Damit unternimmt der Organisator den Versuch, die künftige Direktive im Automobilsport festzulegen: technischer Wettstreit, der auf Energieeffizienz ausgerichtet ist.
In welche Form die Hersteller diese Vorgabe realisieren, stellt der Veranstalter aus dem Westen Frankreichs den Ingenieuren anheim. Die Finesse des ACO: Fortan wird die Benzinmenge pro Runde reglementiert, wodurch die Akteure gezwungen sind, den Treibstoffverbrauch zu minimieren, aber zugleich die Leistung aufrechtzuerhalten. Dabei wählen die Konstrukteure unterschiedliche Herangehensweisen.
Branchenprimus Audi hat sich zugunsten eines V6-TDI-Mittelmotor entschieden, welcher die Hinterachse antreibt. Das Hybridsystem versetzt wiederum die vorderen Räder in Bewegung. Mit Skepsis begegnen Fachkreise bereits dem E-Turbolader, welcher ebenfalls Hitze in Energie verwandelt. Gegenspieler Toyota wahrt dagegen die Geheimhaltung seiner Pläne, weshalb von offizieller Seite bis dato keine Eckdaten kommuniziert wurden.
Großer Andrang bei der USCC-Premiere
Derweil bereitet Porsche nach 16 Jahren Absenz seine Rückkunft an die Sarthe vor, welche in Sportwagen-Kreisen sehnlich erwartet wird. Schließlich schickte sich Konzernschwester Audi während der letzten Dekade an, die Statistik des Le-Mans-Rekordsiegers aus Stuttgart-Zuffenhausen ins Wanken zu bringen. Der Traditionshersteller macht sich beim Duell gegen seinen internen Konkurrenten einen Vier-Zylinder-Benziner mit Direkteinspritzung zunutze.
Jenseits des Atlantiks bestreiten die Verantwortlichen gleichermaßen neue Wege. Die IMSA und der Nascar-Verband haben die ALMS-Meisterschaft und die Grand-Am zu United SportsCar Championship vereint, deren Debütsaison in diesem Jahr stattfindet. Die Resonanz auf den Zusammenschluss ist überwältigend: Summa summarum sind 69 permanente Nennungen eingegangen; für das 24-Stunden-Rennen von Daytona haben die Veranstalter gar achtzig Einschreibungen empfangen.
In vier Divisionen unterteilt, garantieren diese gigantischen Teilnehmerfelder regen Betrieb auf den Strecken – und womöglich auch Durcheinander und Scherereien. Eine Problematik, welcher sich die Regelhüter schon im Vorfeld stellen mussten, war außerdem die Angleichung der Prototypen LMP2 und DP. Jedoch verfehlte die aufgerüstete Aerodynamik ihren Zweck und führte bei ersten Tests zu Unterluft-Abflügen der Daytona-Prototypen. Daraufhin wurden die Diffusoren wieder demontiert und die Reifen verstärkt.
Stéphane Ratel: „Stabilität ist der Schlüssel“
Keinerlei Experimente riskiert dagegen Stéphane Ratel, der hinfort der Maxime „Stabilität ist der Schlüssel“ folgt. Der GT-Hegemon hält am Konzept der BES-Meisterschaft fest – fünf Veranstaltungen auf fünf Traditionsstrecken, welche an den selben Wochenenden wie in der vergangenen Saison ausgetragen werden. Geringfügige Anpassungen hat die SRO-Gruppe allerdings am Rennkalender der GT-Sprintserie – deren Titelpatron nun ebenfalls die Uhrenmanufaktur Blancpain ist – vorgenommen. Anstatt in Navarra startet das Championat in Brands Hatch und an der Algarve.
Ähnlich verfährt der ACO mit der europäischen Le-Mans-Serie: Der Terminkalender umfasst neuerlich fünf Wertungsläufe an denselben Schauplätzen – einzig ein Gastspiel in Estoril ersetzt die Station in Budapest. Überdies geht das Le Mans Endurance Management (LMEM) auf die Wünsche der Rennställe ein und verlängert die Distanz der Rennen auf vier Stunden. Weiterhin konstruiert der ACO einen neuen Unterbau: die LMP3-Klasse, welche sowohl in der ELMS als auch in der asiatischen Meisterschaft eingeführt wird.
Indes eröffnet der ADAC den Rennställen die Möglichkeit, an einer Generalprobe für das 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife teilzunehmen. Die Nouveauté: eine zweitägige Vorbereitungsveranstaltung nebst Sechs-Stunden-Lauf am ersten Aprilwochenende. Einerseits können sich Spitzenmannschaften auf diese Weise für das Top-Dreißig-Zeitfahren qualifizieren; andererseits bietet sich Neulingen die Gelegenheit, bei dieser Trockenübung die Piste bei Dunkelheit kennenzulernen.
Vorbereitungsveranstaltung auf das 24-Stunden-Rennen
Als der ADAC diese Entscheidung publik machte, entfachte postwendend eine kontroverse Debatte um diese Probefahrt unter Wettbewerbsbedingungen. Schließlich sind für die Monate vor dem 24-Stunden-Rennen vier Wertungsläufe der VLN-Langstreckenmeisterschaft anberaumt. Ergo wirkt sich die zusätzliche Veranstaltung aus Kostengründen höchstwahrscheinlich negativ auf die Starterzahlen aus. Ferner stellt das Rennen ein Unfallrisiko dar. Wie viele Mannschaften nehmen diese Option also wahr? Und inwieweit kann dies als Affront gegenüber der VLN aufgefasst werden?
Darüber hinaus hat der ADAC das 24-Stunden-Rennen selbst in den Juni verlegt – auf das Wochenende nach den 24 Stunden von Le Mans. Darum stehen der Sportwagen- und Langstrecken-Szene in den Tagen vor der Sommersonnenwende wahrlich „Endurance-Wochen“ ins Hause. Beim Klassiker an der Sarthe hat sich unterdessen Nissan für die 56. Garage angekündigt, was der ACO an die Bedingung eines anschließenden LMP1-Engagements knüpfte. Das Fahrzeug basiert auf dem DeltaWing, weshalb Don Panoz kurzerhand gegen den japanischen Hersteller klagte.
Auf nationaler Ebene setzt sich der Automobilklub hingegen für die Interessen der Gentlemen-Driver ein. In der deutschen GT-Meisterschaft steht Herrenfahrer daher in Zukunft ein zusätzliches Zeitfahren zur Verfügung. Ferner sammeln Besatzung, welche sich ausschließlich aus Piloten der Klassifizierung „Bronze“ formieren, doppelte Punktzahl in der Amateurwertung. Die provisorische Teilnehmerliste umfasst bereits über zwanzig Meldungen – positive Auspizien für das bevorstehende Rennjahr?
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