Toyota: Gescheiterte Offensive im Rennen

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Die Jagd der Toyota-Schützlinge auf Audi endete jählings. Eine Ungereimtheit am Hybridsystem bedeutete das vorzeitige Aus in Spa-Francorchamps. Dennoch konkurrenzierte das TMG-Ensemble auf Augenhöhe. Zumal ein Vergleich der Le-Mans-Konfigurationen beider Konstrukteure das tatsächliche Kräfteverhältnis beleuchtet.

In Spa-Francorchamps stand eine Frage im Brennpunkt des Interesses: Kann Toyota Branchenprimus Audi Paroli bieten? Vielmehr: Ist Toyota in der Lage, Audi letztlich in Le Mans seine Vormachtstellung abspenstig zu machen? Bei der Generalprobe in den Ardennen brachte die Ingolstädter Delegation den Herausfordern aus Fernost schließlich eine bittere Niederlage bei, doch derlei aussichtslos, wie das Resultat vermuten lässt, ist die Situation des japanischen Rennstalls de facto nicht.

Am Ende erreichten Anthony Davidson, Sébastien Buemi und Stéphane Sarrazin das Ziel im Toyota-Jahreswagen als Vierte. Damit zelebrierte die Audi-Werksmannschaft einen triumphalen Dreifachsieg im Westteil des Rheinischen Schiefergebirges. Nichtsdestotrotz agierte die TMG-Abordnung streckenweise auf Augenhöhe; Alexander Wurz, Nicolas Lapierre und Kazuki Nakajima führten das Sechs-Stunden-Rennen bis zur Halbzeit mithilfe der brandneuen 2013er-Spezifikation souverän an.

Doch die Technik vereitelte eine erfolgreiche Zielankunft im Ardenner Wald. Das Hybridsystem des überarbeiteten TS030-Boliden streikte nach der Hälfte der Renndistanz, weshalb die Bremsen zunehmend überhitzten. Denn das hydraulische Bremssystem und die Ladefunktion des Hybridantrieb erzeugen zu gleichen Teilen Bremswirkung – fällt eine der beiden miteinander verknüpften Komponenten aus, gibt das gesamte Konstrukt seinen Geist auf. 

Damit sah sich die Kölner Einsatztruppe des Toyota-Prototyps bemüßigt, die Startnummer sieben aus dem Rennen zurückzuziehen. „Wir sind noch dabei zu untersuchen, was das Problem verursachte, und unsere Priorität ist es, der Ursache des Schadens auf die Spur zu kommen“, unterstreicht Teampräsident Yoshiaki Kinoshita. Die Frage, inwieweit die Toyota-Schützlinge die Audi-Phalanx hätten sprengen können, kann daher nur hypothetisch beantwortet werden.

Hinkender Vergleich verschiedener Konfigurationen

Gleichermaßen lässt sich die Konstellation in Spa-Francorchamps nur bedingt auf die Gegebenheiten bei den 24 Stunden von Le Mans übertragen. Zumal beide Hersteller beim zweiten Wertungslauf der Langstrecken-WM zweigleisig gefahren sind. „Bedenkt man, dass wir mit der Le-Mans-Ausführung gefahren sind, dann sind wir jetzt wieder voll da“, bemerkt Lapierre nach dem Gefecht. 

Audi erprobte indes lediglich an einem seiner R18-Renner die Langheckvariante, welche die Ingolstädter Ingenieure für den Hochgeschwindigkeitskurs im Département Sarthe optimiert haben. Die Rennfahrzeuge mit den Stammbesatzungen traten dagegen in der Standardkonfiguration an. Toyota setzte wiederum einen Jahreswagen (Bezifferung acht) ein und ein Rennvehikel in der neuen Ausfertigung (Startnummer sieben), welches ebenfalls im Le-Mans-Trimm durch die Ardennen kurvte. 

Eine Gegenüberstellung muss ergo zwischen den Le-Mans-Spezifikation beider Hersteller erfolgen. Dient die durchschnittliche Rundenzeit in der Qualifikation als Vergleichswert, trennten Audi und Toyota rund sieben Zehntel einer Sekunde. Ein absoluter Vergleich des schnellsten Umlaufs im Rennen führt zu einem identischen Ergebnis: sechs Zehntelsekunden fehlte den pazifischen Novizen auf die arrivierten Bayern.

Auftritt im Rennen besser als Leistung in der Qualifikation

Dennoch verzeichnet die Toyota-Truppe die Darbietung am Rennsamstag als Fortschritt. „Ich denke, unser Tempo im Rennen war deutlich besser, als wir das noch nach dem Qualifying hätten erwarten können“, resümiert Nakajima. „Bis das Problem auftrat, sah es sogar recht gut für uns aus, und wir waren ja im direkten Kampf mit den Audis.“ In den Augen des Toyota-Werksfahrers, sei seine erste Schicht „gut“ gewesen, ehe dem Japaner der dichte Verkehr Mühe bereitete. 

Sein Kollege Lapierre pflichtet bei: „Die positive Erkenntnis aus dem heutigen Tag ist, dass das Auto flott war, was ein Fortschritt gegenüber dem Qualifying ist.“ Das eurasische Gespann hegt nun die Ambition, bis Ende Juni die Lücke zu den Kontrahenten von Audi zu schließen. „Wir werden unsere sämtlichen Anstrengungen daran setzen, es in Le Mans besser zu machen“, kündigt Kinoshita an. 

Da Toyotas Offensive im Rennen letztendlich gescheitert ist, entpuppt sich eine abschließende Prognose als schwieriges Unterfangen. Auf dem Circuit de la Sarthe werden die Karten von Neuem gemischt. Bevor es am vorletzten Juniwochenende zum Showdown kommt, treffen die beiden Antagonisten allerdings beim traditionellen Le-Mans-Testtag nochmals aufeinander. Hernach wird sich abzeichnen, wie die Rollen zwischen Favorit und Verfolger verteilt sind.