Auftakt in Silverstone: Dreikampf um die GT-Krone

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In Silverstone startet dieses Wochenende abermals das Langstrecken-Duell zwischen Porsche und Ferrari. Doch Aston Martin rüstet sich, den deutsch-italienischen Gran-Turismo-Experten die Führungsrolle im großen Stile abspenstig zu machen. Welcher Hersteller der GT-Troika krallt sich letztlich den WM-Titel?

Vergangenen Herbst scherzte die Sportwagen-Gemeinde bereits, ACO und FIA neigten zu einer inflationären Vergabe von Meistertiteln. Denn nachdem Stéphane Ratel im letzten Jahr seine GT-Weltmeisterschaft einstellen musste, beanspruchten die Veranstalter der Langstrecken-WM das Prädikat „GT-WM“ für sich. Somit werden fortan neun Wertungen ausgeschrieben. Mittlerweile dementiert jedoch gewiss niemand mehr, ob der fusionierte Wettbewerb beider GTE-Wertungen diesem Terminus gerecht wird.

Wenn am kommenden Wochenende in Silverstone der Startschuss zur zweiten Saison der wiederbelebten Sportwagen-Weltmeisterschaft fällt, greifen schließlich drei Hersteller nach der GT-Krone: Die amtierenden Meister aus dem Hause Ferrari, die Jubilaren von Aston Martin und die Herausforderer aus dem Porsche-Lager. Bekanntlich tätigt der Zuffenhausener Traditionshersteller in diesem Jahr erste Fingerübungen in der Gran-Turismo-Sparte, ehe sich Porsche seinem LMP1-Engagement widmet.

Bestes Pferd im Stall: Ferrari oder Porsche?

Anlässlich seines Werksprogramms im GT-Geschäft hat Porsche einen brandneuen Neunelfer entwickelt: den 911 RSR, der im Rahmen der Einstellfahrten in Le Castellet der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Weissacher Ingenieure orientierten sich bei der Konstruktion des GTE-Elfers ausnahmslos an der Leichtbauweise. Überdies optimierten die Techniker die Aerodynamik gleichermaßen wie das Fahrwerk. 

„Das ganze Team fiebert dem ersten Rennen mit dem 911 RSR entgegen“, räumt Porsche-Motorsport Hartmut Kristen ein. „Die Mannschaft hat in den letzten Monaten extrem hart gearbeitet, um unser neues Auto von Anfang an konkurrenzfähig zu machen.“ Schon beim ersten Kräftemessen mit der Konkurrenz von Ferrari – während der Probefahrten in der Provence – war Porsche schätzungsweise auf Augenhöhe. „Bei den Tests habe ich mich im 911 RSR sehr wohl gefühlt“, resümiert Werksfahrer Timo Bernhard. „Mit diesem Auto haben wir eine gute Chance auf Klassensiege.“ 

AF Corse und Ferrari haben sich indes für die Titelverteidigung gewappnet und begrüßen heuer einen ehemaligen Formel-1-Autler in ihrem Fahrerkader. Der Japaner Kamui Kobayashi verstärkt die Ferrari-Equipe um Amatao Ferrari im Titelkampf. Dabei teilt der Novize sich das Lenkrad mit dem Finnen Toni Vilander. Im Schwesterfahrzeug vertraut das italienische Gespann wiederum auf altbewährtes Personal. Daher teilen sich die Routiniers Gianmaria Bruni und Giancarlo Fisichella die Schichten. Die Ferraristen haben ihren Rennboliden zudem weiterentwickelt, damit die Roten beweisen können, wer das schnellste Pferd im Stall parkt.

Aston Martin als Pferdeflüsterer

Um seinen hundertsten Geburtstag angemessen zu zelebrieren, rückt Aston Martin unterdes mit einem Großaufgebot von vier Vantage-Brummern an – zwei in der Profidivision, zwei weitere in der Amateurliga. Der britische Konstrukteur entpuppte sich bereits in der vergangen Saison als wahrlicher Pferdeflüsterer und kürte sich am Ende des Jahres zum GT-Pro-Vizemeister der Langstrecken-WM. 

Auch im Jubiläumsjahr greift Aston Martin auf einen erprobten Mitarbeiterstab zurück. Eine Fahrerpaarung setzt sich aus Darren Turner und Stefan Mücke zusammen, die in Silverstone außerdem durch Bruno Senna verstärkt wird. Das zweite Trio formiert sich wiederum aus Pedro Lamy sowie den Neuzugängen Frédéric Makowiecki und Paul Dalla Lana. Obendrein stock Aston Martin bei den 24 Stunden von Le Mans auf ein Fahrzeugquintett auf. 

Angesichts der wachsenden Konkurrenz hat Aston Martin seinen Vantage-Boliden ebenfalls über die Wintermonate weiterentwickelt und etliche Testkilometer abgespult. Nichtsdestotrotz sind sich die Verantwortlichem im Hause Aston Martin der Herausforderung bewusst. „Die Langstrecken-WM hat dieses Jahr ein neues Level erreicht“, konstatiert Aston-Martin-Teamchef John Gaw. „Es liegt in allen Klassen eine großartige Nennliste vor, insbesondere in der GT-Kategorie, in welcher ein enormer Wettbewerb herrscht. Das Kräfteverhältnis ist aber zu ausgeglichen, um eine Prognose zu wagen.“ 

Aston Martin fordert GTE-Am-Titelverteidiger Larbre heraus 

Da sich Aston Martin auch in der semiprofessionellen GT-Sparte engagiert, schlüpft der Hersteller aus Gaydon automatisch in die Rolle des Favoriten. Während sich ein Pilotengespann ausschließlich aus skandinavischen Akteuren – Allan Simonsen, Christoffer Nygaard und Kristian Poulsen – zusammenfügt, vertraut Aston Martin im zweiten Boliden auf die Landsmänner Roald Goethe, Stuart Hall und Jamie Campbell-Walter. 

Die Titelverteidiger von Larbre Compétition setzten derweil auf Kontinuität. Das Einsatzfahrzeug bleibt eine Chevrolet Corvette C6 ZR1, welche von Julian Canal, Fernando Rees und Patrick Bornhauser gesteuert wird. AF Corse ist bei den Amateuren ebenfalls mit von der Partie. Im Rennwagen aus Maranello wechseln sich Jack Gerber, Marco Cioci und Matt Griffin ab. Die Markenkollegen von Krohn Racing führen ihr Engagement gleichermaßen fort. Im Cockpit jantieren Tracy Krohn, Niclas Jönsson und Maurizio Mediani. 

Neu im Ferrari-Lager ist 8 Start Motorsport, jüngst gegründet von Vincente Potolicchio, welcher für seine Debütsaison in der Langstrecken-WM Philipp Peter und Rui Águas ins Boot geholt hat. Indessen musste Proton Competition abrüsten, da Porsche die Truppe von Manthey-Racing auserkoren hat, den Werkeinsatz zu betreuen. Darum setzt die süddeutsche Mannschaft lediglich einen Neunelfer mit Christian Ried, Gianluca Roda und Paolo Ruberti am Steuer ein. Flankiert wird das Porsche-Ensemble von den Markenkollegen aus den Reihen von IMSA Performance Matmut: Raymond Narac, Christophe Bourret und Jean-Karl Verney.

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