Lotus: LMP2-Prototyp mit Audi-Entlehnungen

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Lotus hat am Wochenende den T128 vorgestellt. Das neue Einsatzgerät des britischen Traditionsherstellers für die Langstrecken-WM ist derart konstruiert, dass es ohne Probleme auf das ab 2014 geltende Reglement abgestimmt werden kann. Optische Entlehnungen nahmen die Ingenieure indes bei Audi.

Am Freitagnachmittag war es soweit. Um kurz vor halb fünf Uhr öffnete sich die Box der Startnummer 31 und der frisch fertiggestellte Lotus T128 begab sich auf seine erste Runde um den Circuit Paul Ricard. Allerdings blieb es zunächst dabei, da wegen eines kleinen Fehlers der Öltank platzte. Am Samstag streikte zunächst die Servolenkung, aber am Samstagnachmittag legte das Team noch einmal einige Runden zurück.

Auffällig ist das vergleichsweise hohe und steile Cockpit mit den großen Glasflächen und dem weit vorne platzierten Fahrer. Diese Punkte sind der Tatsache geschuldet, dass das Monocoque bereits den ab 2014 geltenden Regeln entspricht, um eine teure Neuentwicklung für nur ein Jahr zu vermeiden.

Aerodynamik à la Audi

Schaut man sich die Front an, so fällt sofort die breite flache Nase ins Auge sowie die großflächige Verbindung von Nase zu Kotflügel. Zwar beteuert man, das dieses Design aus eigenen Studien im Computer entstanden seien, das Design legt aber nahe, dass der Audi R18 zumindest Pate für die Ideen stand.

Auch am Heck sind die Entlehnungen unverkennbar. Der zentral in der Verlängerung der Heckfinne befestigte Heckflügel mit Schwanenhalsanbindung und auch die Form der Heckfinne lassen Einflüsse aus Ingolstadt erkennen. Die Heckfinne ist dabei im Vergleich zum bislang verwendeten Lola-Coupé deutlich größer geworden. Auch der Lotus saugt sich seine Luft über dem Cockpit an, aus einem beinahe rechteckigen Lufteinlass, der den Runden Einlass des bisherigen Lola ablöst. Allerdings fällt der Lufteinlass kleiner aus als bei den LMP1-Brüdern.

Ebenfalls an den R18 erinnern die nach vorne gezogenen hinteren Kotflügel, welche auf eine Weise geformt sind, dass möglichst viel Luft zum Heckflügel geleitet wird. Auch die LED-Frontleuchten schmecken ein wenig nach Audi, auch wenn sie beim Lotus nicht ganz so hoch und zweireihig ausgeführt sind. Auf der Oberseite dominieren abseits der vorgeschriebenen Löcher glatte Flächen, was der Suche nach minimalem Luftwiderstand geschuldet ist, welcher unter der Flachen Frontscheibe leiden musste.

Ebenfalls diesem Zeil widersprechen die massiven Diveplanes an der Front des neuen Lotus. Dies ist aber auf die Tatsache zurückzuführen, dass hier das für die Langstrecken-WM genutzte Sprintpaket gezeigt und getestet wurde, und nicht die für Le Mans optimierte Variante mit weniger Luftwiderstand.

Verwirrung beim Motor

Verwirrung herrscht derzeit bei der Motorenfrage. Während immer wieder die Rede davon ist, dass Lotus der nunmehr letzte verbliebene Kunde von Judd sei, spricht die Homepage des Teams von einem 3,6-Liter-Lotus-Motor, was nicht recht zum 4,0-Liter Judd-triebwerk passen will. Auch die Zusammenarbeit mit dem tschechischen Hersteller Praga stellt eine Komponente des Puzzlespiels dar. Vermutlich arbeitet unter der Heckabdeckung weiterhin der Judd-Motor aus der vergangenen Saison, auch wenn dieser sich als Schwachstelle erwiesen hat. Im Zuge des Jahres 2014 und der in Kraft tretenden Reglementsänderungen will dann wohl Praga möglicherweise mit einem LPM1-Motor einsteigen.

Überhaupt dürfte sich die Zusammenarbeit mit Praga als fruchtbar für beide Seiten herausstellen. Immerhin konnte darum der schnelle Tscheche Jan Charouz an Bord geholt werden. Außerdem verfügt Praga neben direktem Zugang zum Slovakiaring auch über Erfahrung im Aufbau von Sportprototypen.

Durchwachsene Testzeiten

Verglichen mit der Konkurrenz kam Lotus an diesem Wochenende auf die wenigsten Testrunden, bedingt durch die späte Fertigstellung und die aufgetretenen Probleme. In den wenigen Runden hinterließ er jedoch einen positiven Ersteindruck und lag etwa zwei Sekunden hinter der Spitze des LMP2-Feldes.

Die Chancen sind also gut, dass wenn in Silverstone auch das zweite Fahrzeug rollt und der Motor mitspielt bald der Anschluss an Oreca und Morgan gefunden wird. Ob der Motor allerdings sechs oder gar 24 Stunden durchhält, darf nach den Erfahrungen aller Judd-Teams im letzten Jahr durchaus bezweifelt werden.