Manthey: „Kern der Fusion ist eine solide Nachfolgeregelung“

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Im Interview legen Olaf Manthey und die Raeder-Brüder Martin und Nicolas Details zu ihrer Zusammenarbeit offen. Das fusionierte Gespann erhofft sich von dem Schulterschluss sowohl wirtschaftliche als auch sportliche Vorteile. Ebenso solle eine „solide Nachfolgeregelung“ gestaltet werden.

Die Nachricht erregte Aufsehen in der VLN-Szene: Manthey-Racing und Raeder Automotive proklamierten letzten Dezember, ihre Kräfte fortan zu bündeln. Details der Kooperation sickerten jedoch wenige an die Öffentlichkeit. Erst Anfang des Jahres gab Olaf Manthey einige Einzelheiten zu seinem Rennsportprogramm preis. Nun haben die neuen Eifel-Partner in einer Presseaussendung ein Interview veröffentlicht, in dem Manthey und die Raeder-Brüder sich zu dem Schulterschluss äußern. 

Frage: „Herr Manthey, wie kam der Erstkontakt zwischen Ihnen und den Raeder-Brüdern zustande?“ 

Manthey: „Wir kannten uns natürlich bereits vom Rande der Rennstrecke am Nürburgring. Dass Martin und Nicolas einen guten Job verrichten, blieb mir in den letzten Jahren nicht verborgen. Doch der eigentliche Auslöser war der Sieg von Raeder Motorsport beim Sechs-Stunden-Rennen 2011. Ich war der erste Gratulant am Raeder-Boxenstand, was die Mutter von Martin und Nicki zu einem herzlichen und sehr spontanen Dankesschreiben an mich veranlasst hat, obwohl Herr als auch Frau Raeder gar keine Verbindung zum motorsportlichen Umfeld pflegen. Daraus entstand dann über viele Monate und viele Gespräche hinweg der Gedanke einer intensiveren Zusammenarbeit.“

Frage: „Herr Raeder, wird die Anzahl der Mitarbeiter der Gesellschaft deutlich steigen?“ 

Raeder: „Die neuen Herausforderungen auf internationalem Parkett verlangen natürlich nach einem Ausbau der Personaldecke. Der Rückzug aus Büren bringt es mit sich, dass nicht alle bisherigen Raeder-Mitarbeiter in die Eifel kommen. Daher nehmen wir aktuell diverse Neueinstellungen vor. Nach aktuellem Stand wird die Manthey-Racing GmbH mit 42 Festangestellten in die neue Motorsportsaison starten.“ 

Frage: „Herr Raeder, das heißt, die Manthey-Racing GmbH ist nunmehr an zwei Standorten am Nürburgring vertreten?“ 

Raeder: „Rein formal gesehen, ja. Doch um es gleich klar zu sagen: Eine Vermischung der Aktivitäten mit Porsche-Bezug wird es definitiv nicht geben! Am bekannten Standort der Manthey-Racing GmbH in der Rudolf-Diesel-Straße bleibt es beim eindeutigen Fokus auf Porsche-Fahrzeuge. Die Heimat der Marke Raeder Motorsport mit ihren clubsportlichen Angeboten für Fahrzeuge des Volkswagenkonzerns wird die Gottlieb-Daimler-Straße werden, sobald der in der Entstehung befindliche Neubau bis zum diesjährigen 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring startbereit ist.“ 

Frage: „Herr Raeder, wie sieht die neue Geschäftsführungs- und Gesellschafterstruktur aus?“ 

Manthey: „Diese wird durch Martin und Nicolas Raeder verstärkt, wobei es das Ziel der nächsten Jahre ist, denn die Beteiligung von Olaf Manthey Schritt für Schritt zu reduzieren, sodass ein gesunder und strukturierter Übergang erfolgt.“ 

Frage: „Herr Raeder, was sind die Gründe der Fusion?“ 

Raeder: „Neben einer Verbesserung der sportlichen als auch wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit ging es Olaf Manthey vor allem um eine solide Nachfolgeregelung, die einerseits sein Lebenswerk sichert und andererseits die geschaffenen Arbeitsplätze erhält.“ 

Frage: „Herr Manthey, wie ist die neue Gesellschaft aufgebaut?“ 

Manthey: „Zunächst ist festzuhalten, dass die Gesellschaft auch weiterhin unter Manthey-Racing GmbH firmieren wird. Diese GmbH ist das Dach, unter der bisherige Geschäftsbereiche, wie Manthey Motors und Raeder Motorsport weitergeführt werden. Darüber hinaus werden die vormals formal rechtlich eigenständigen Gesellschaften, wie die Manthey-TZN GmbH und die Raeder Automotive GmbH als Geschäftsbereiche weiter existieren.“ 

Frage: „Herr Raeder, welche Vorteile bringt die Fusion aus ihrer Sicht mit sich?“ 

Raeder: „Zunächst werden wir nicht nur einfach größer, sondern stärker! Wir bauen gemeinsam unsere rennsportliche Kompetenz und Infrastruktur aus. Des Weiteren schaffen wir so die Voraussetzungen als Entwicklungspartner im Kfz-Bereich gut aufgestellt zu sein, denn was viele nicht wissen: Raeder Automotive kann auf eine jahrelange Erfahrung im Bereich Prototypenbau und Kleinserien zurückblicken. Spannt man dies mit der in Meuspath befindlichen Zerspannungstechnik zusammen, entstehen neue Möglichkeiten und Perspektiven.“ 

Frage: „Herr Manthey, wie verteilen sich die Mitarbeiter auf die unterschiedlichen Standorte?“ 

Manthey: „Da in Weissach die Entwicklungsingenieure des RSRs sitzen, können wir somit schnell technische Änderungen umsetzen. Momentan sind zwischen vier und acht Manthey-Racing- Mitarbeiter in Weissach und assistieren bei den Fahrzeugaufbauten. An den Rennwochenenden wird das Verhältnis zwischen den Mannen aus Meuspath und Weissach fast ausgeglichen sein.“ 

Frage: „Herr Raeder, wie lässt sich die Firmengeschichte der Raeder Automotive GmbH bis zur Fusion zusammenfassen?“?

Raeder: „Martin und ich haben die Raeder Motorsport GmbH im Jahr 2000 in Mönchengladbach, wo wir aufgewachsen sind und nach wie vor leben, gegründet. Wir waren dann auf unterschiedlichen Wegen im Motorsport unterwegs, bis wir wieder zusammengefunden haben. Bis 2007 entstand ein Team von sieben Festangestellten. Dann erfolgte der Umzug nach Büren in die Nähe von Paderborn, wo wir eine enge Kooperation mit der Firma Heggemann, einem etablierten Entwicklungspartner der Automobilindustrie pflegten. Vor zwei Jahren taten wir uns mit einem unserer Technologiepartner zusammen mit dem Ziel, im Gewerbepark am Nürburgring ein Testcenter zu errichten. Im Laufe des Jahres 2012 gestaltete sich parallel dazu der Kontakt zu Olaf Manthey und gemeinsamen Plänen für die Zukunft immer intensiver und konkreter.“ 

Frage: „Herr Raeder, wird Raeder Motorsport in der VLN 2013 vertreten sein?“

Raeder: „Ja. Auch wenn sich ab 2013 unser Hauptaugenmerk in Richtung Porsche verschiebt, so geben wir das Rennengagement mit Audi nicht völlig auf. Zwar werden wir uns kurzfristig von unserem erfolgreichen R8 LMS trennen, doch wird der den VLN-Fans bekannte Audi TT-RS mit Deegener, Wohlfahrt, Breuer, Kubasik auch in der neuen Saison auf der Langstrecke zu sehen sein. Darüber hinaus bleiben wir unserer Konzentration auf den Kundensport treu, d.h. wir unterstützen zwei weitere TT-RS-Einsätze anderer Teams technisch.“ 

Frage: „Herr Raeder, welches Saisonziel wird in der VLN anvisiert?“ 

Raeder: „Von der SP4T werden wir mit dem TT RS in die SP3T wechseln, aus der auch die aktuellen Meister stammen! Wir rechnen damit, dass sich diese Klasse auch 2013 wieder stark präsentiert. 

Frage: „Herr Manthey, ist es nicht eine besondere Auszeichnung, zum dritten Mal hinter einander die neue Generation des Porsche 911 im Motorsport einzuführen?“ 

Manthey: „Absolut, das ist eine große Ehre für uns, über eine so lange Zeit das Vertrauen von Porsche zu erhalten! Den Anfang machte 1999 der 996 R, mit dem wir in Le Mans die GT-Kategorie gewannen. 2006 waren wir verantwortlich für den Ersteinsatz des 997 GT3 RSR beim 24-Stunden-Rennen in Spa. Nun folgt mit dem 991 GT3 RSR der dritte neue Porsche-GT-Rennwagen, dem Manthey einen erfolgreichen Start ins internationale Renngeschehen sichern soll. Sowohl die Zusammenarbeit an sich, insbesondere aber das Vertrauen, welches Porsche in unsere Fähigkeiten als Team hat, machen mich ohne Frage stolz.“ 

Frage: „Herr Manthey, wird das internationale Motorsport-Engagement nicht zu Lasten der bis dato so erfolgreichen VLN-Einsätze gehen?“ 

Manthey: „Da kann ich alle VLN- und Nürburgring-Fans beruhigen: WEC und Le Mans ersetzen mitnichten unsere Aktivitäten auf der heimischen Nordschleife! Ganz im Gegenteil: Wir bringen insgesamt fünf Neunelfer an den Start in der VLN, unter anderem den Wochenspiegel- und den Pinta-Porsche als auch zwei Cup-Fahrzeuge. Bei allen Läufen, bei denen es nicht zu einer Terminüberschneidung kommt, werde ich vor Ort sein.“ 

Frage: „Herr Manthey, die gelb-grüne Erfolgsgeschichte wird in der Eifel fortgeschrieben?“ 

Manthey: „Das kann ich so bestätigen. Nach einjähriger Pause kehrt der bei den Fans so beliebte grün-gelbe Elfer zurück in die Langstreckenmeisterschaft. Als Fahrer ist für die gesamte Saison Jochen Krumbach bestätigt. Er erhält dabei über die Saison hinweg wechselnde Unterstützung von Porsche Werksfahrern.“ 

Frage: „Herr Manthey, welche Chancen rechnen Sie sich aus?“ 

Manthey: „Da es für die GT3-Fahrzeuge mittlerweile jährliche Updates gibt und wir noch nicht wissen, wie es mit der Balance of Performance weitergehen wird, wage ich zum jetzigen Zeitpunkt keine Prognose. Doch unverändert gilt: Das Fahrerpaket spielt auf der Nordschleife mit die entscheidende Rolle.“ 

Frage: „Herr Manthey, wie sieht Ihr persönlicher Fahrplan für in den kommenden Jahren aus?“ 

Manthey: „Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, kürzer zu treten. Doch angesichts der Fusion und den neuen motorsportlichen Herausforderungen werde ich dieses Vorhaben wohl auf 2014 verschieben müssen. Ab dann sollte mein Tagespensum Schritt für Schritt auf ‚normale‘ acht Stunden reduziert werden. Am Ende liegt das Gros der Verantwortung für die Unternehmensführung auf den Schultern der Raeder-Brüder, denn schließlich ist der Kern unserer Fusion die Gestaltung einer soliden Nachfolgeregelung.“