SCI-Technikschule VI: Der Antriebsstrang

In den vergangenen Folgen dieser Serie wurden die Räder als Kraftübertragung zu Straße und der Motor zur Krafterzeugung behandelt. Wie aber kommt die Kraft überhaupt vom Motor zu den Rädern? Hierbei spielen das Getriebe und das sogenannte Differential eine wichtige Rolle.

In den vergangenen Folgen dieser Serie wurden die Räder als Kraftübertragung zu Straße und der Motor zur Krafterzeugung behandelt. Wie aber kommt die Kraft überhaupt vom Motor zu den Rädern? Hierbei spielen das Getriebe und das sogenannte Differential eine wichtige Rolle.

Rennmotoren, insbesondere solche die mit Benzin als Brennstoff laufen, erreichen häufig hohe Drehzahlen. Beim Start, aber auch beim Durchfahren langsamer Kurven, ist die Geschwindigkeit der Räder jedoch relativ gering. Um diesen Spagat zu realisieren, haben Rennfahrzeuge in der Regel Schaltgetriebe eingebaut, um die Drehzahl und das Drehmoment zu übersetzen.

Darüber hinaus gibt es noch das Problem, dass sich in Kurven das kurveninnere und das kurvenäußere Rad unterschiedlich schnell drehen. Was an nicht angetriebenen Achsen kein Problem darstellt, da rechtes und linkes Rad nicht verbunden sind, würde bei angetriebenen Achsen zu Verspannungen des Antriebsstrangs führen. Um dies zu vermeiden wird in der Regel ein Differential eingesetzt, das die Drehzahlunterschiede der Räder weitgehend ausgleicht.

Doch verfolgen wir die Leistung der Reihe nach.

Erste Station: Kupplung

Die Kraft des Motors wird zunächst auf die Kupplung übertragen. Diese hat die Aufgabe, den Motor im Stillstand vom Getriebe zu trennen. Außerdem soll jene Kraft die Drehzahlunterschiede zwischen Getriebe und Motor beim Anfahren ausgleichen.

Eine Rennkupplung unterscheidet sich in einigen Punkten von einer PKW-Kupplung. So sind Rennkupplungen, um den Durchmesser und das Gewicht klein zu halten, ähnlich wie bei Motorrädern oft als Mehrscheiben-Ölbad-Kupplung ausgeführt. Dies bedeutet, dass, anders als bei den meisten Straßenfahrzeugen, nicht nur eine Druck- und eine Anpressplatte zum Einsatz kommen, sondern mehrere sogenannte Kupplungslamellen sowohl auf der Antriebswelle (der Verlängerung der Motorkurbelwelle) als auch auf der Abtriebswelle (also quasi der Getriebeeingangswelle).

Vorteil dieser Konstruktion ist, dass der Durchmesser und damit das Massenträgheitsmoment gering gehalten werden kann. Das Massenträgheitsmoment ist für den Effekt verantwortlich, dass rotierende Systeme im Stillstand beziehungsweise in Bewegung bleiben wollen. Das Ölbad bietet darüber hinaus den Vorteil, dass die bei Drehzahlunterschieden entstehende Wärme über dieses abgeführt werden kann, indem das Öl in einem Kreislauf über einen Kühler geführt wird. Bei einer Trockenkupplung würde die Wärme zunächst in der Druckplatte gespeichert und dann nach und nach abgegeben. Aus diesem Grund sind Druckplatten für Trockenkupplungen meist recht schwere Stahlgussteile. Ein weiterer Grund für die nasse Mehr-Scheiben-Variante.

Nachteil des Ölbades ist allerdings, dass es eine höhere Viskosität aufweist als Luft, was in der Folge dazu führt, dass auch bei geöffneter Kupplung teilweise noch ein sogenanntes Schleppmoment übertragen wird. Dies bedeutet aber letztlich nur, dass der Fahrer gezwungen ist, die Bremse zu betätigen, wenn er am Start oder in der Box steht.

Die Bedienung der Kupplung erfolgt bei Sportwagen in der Regel immer noch durch den Fahrer, entweder klassisch per Pedal oder aber auch wie in der Formel 1 per Handhebel. Um die normalerweise geschlossene Kupplung zu öffnen, gibt es dabei zwei Möglichkeiten. Zum einen einen Seilzugmechanismus, zum anderen ähnlich dem Bremssystem hydraulisch. Um allerdings die hohen Betätigungskräfte, welche aufgrund des hohen zu übertragenden Drehmoments notwendig sind, für den Fahrer gering zu halten, wird heutzutage meist auf ein hydraulisches System gesetzt.

Anfahren mit durchdrehenden Rädern

Die Kupplungen werden im Rennsport immer recht knapp dimensioniert. Es gilt also, trotz Kühlung, ein langes Fahren mit Differenzdrehzahl (wie beim Anfahren) zu unterlassen. Auch aus diesem Grund fahren Sportwagen häufig mit hoher Motordrehzahl und durchdrehenden Hinterrädern an, die beim Anfahren entstehende Wärme entsteht dann nämlich nicht in der Kupplung, sondern am Reifen. Als schwierig erweisen sich in diesem Zusammenhang immer der Start zur Formationsrunde und Boxengassen, welche eine Steigung aufweisen.

Das Getriebe

Im Getriebe wird die meist hohe Motordrehzahl in die meist niedrigere Raddrehzahl umgewandelt. Hierzu kommen Zahnräder zum Einsatz. Der Drehzahlunterschied zwischen zwei Zahnrädern ist dabei immer genau so groß, wie deren Unterschied in der Zähnezahl.

Die Zahnräder wiederum sitzen auf Wellen. Eine übliche Anordnung ist die, dass die Getriebeeingangswelle ein Zahnrad trägt, welches das Drehmoment auf eine Seitenwelle überträgt, auf der dann die Gänge sitzen. Auf der Getriebeausgangswelle sitzen wiederum die jeweils zweiten Zahnradpaare zu den Gängen. Dies führt dazu, dass Eingangs-und Ausgangswelle, obwohl sie nicht direkt miteinander verbunden sind, fluchten und sich in die gleiche Richtung drehen. Eine Besonderheit stellt allerdings der Rückwärtsgang dar, der über eine weiteres Zahnrad und eine kleine Welle eine Drehrichtungsumkehr bewirkt.

Anders als bei PKW-Getrieben, kann bei Rennfahrzeugen der Gang in der Regel nicht frei gewählt werden, sondern es wird ein sogenanntes sequentielles Getriebe verwendet. Das bedeutet, dass die Gänge, aufsteigend wie absteigend nur in ihrer numerischen Reihenfolge geschaltet werden können, ähnlich wie beim Motorrad. Der Vorteil dadurch ist, dass sich der Fahrer kaum verschalten kann.

Betätigt wird das Getriebe in der Regel entweder über einen Schalthebel, oder über Schaltwippen oder gar Knöpfe am Lenkrad. Bei einer Betätigung mittels Schalthebel kommt häufig eine mechanische Übertragung der Betätigung über Seilzüge oder Schaltgestänge zum Einsatz. Bei einer Betätigung mittels Knöpfen oder Wippen hingegen wird meist ein elektronischer Impuls ausgelöst, um entweder einen Pneumatikzylinder oder einen Schaltmotor zu betätigen, welcher das eigentliche Schalten übernimmt.

Vor allem mit der zuletzt beschriebenen Variante wäre auch eine automatisierte Betätigung des Getriebes möglich, das würde bedeuten, dass der Fahrer nicht mehr selbst schalten muss. Dies ist jedoch nach den allermeisten Reglements verboten. Teilweise haben die Fahrzeuge diese Möglichkeit dennoch, um zum Beispiel bei Aerodynamiktests auf der Geraden die Ergebnisse besser reproduzieren zu können. Auch kann so bei unerfahrenen Fahrern der Motor vor einem unbeabsichtigten Überdrehen geschützt werden. Der Einsatz im Rennen bleibt jedoch verboten.

Schalten ohne Kupplung

Geschaltet wird im Rennsport meist ohne Benutzung der Kupplung. Das betätigen des Schalthebels oder der Schaltwippen löst neben einem Impuls an das Getriebe auch einen Befehl an das Motorsteuergerät aus, die Zündung kurz zu unterbrechen. Dabei wird dann das Benzin-Luft-Gemisch unverbrannt wieder aus dem Motor in den heißen Auspuff befördert. Dies löst dann auch in der Folge den „Schaltknall“ beziehungsweise die Flammen aus dem Auspuff aus, welche sich vor allem bei Rennen in oder durch die Nacht vor Kurven gut beobachten lassen.

Vorteil dieser Schaltvariante ist die kürzere Dauer des Schaltvorgangs. Der Nachteil ist erhöhter Kupplungsverschleiß.

Die Anzahl der Gänge variiert je nach Reglement und wie viel Drehmoment zu übertragen ist. So sind zum Beispiel in Le Mans bislang nur sechs Vorwärtsgänge erlaubt. Generell ist im Sportwagenbereich aber immer auch ein Rückwärtsgang vorgeschrieben, damit sich Fahrzeuge aus eigener Kraft befreien können.

Bei Monocoque-Fahrzeugen kommt vor allem dem Getriebegehäuse noch eine wichtige Zusatzaufgabe zu. Dieses trägt meist auch die Befestigungspunkte für die Fahrwerksanbindung sowie die Dämpfer und Stabilisatoren für die Hinterachse. Dies führt zu sehr hohen mechanischen Belastungen auf dem Gehäuse. Dabei darf es sich kaum verziehen, da ja die Getriebewellen im inneren immer zu ihren Lagersitzen fluchten müssen, um Schäden am Gehäuse und den Lagern zu vermeiden.

Das Differential

Die letzte Station des Drehmoments im Fahrzeug ist das Differential. Dieses hat die Aufgabe, die Kraft auf die beiden Hinterräder zu verteilen und Drehzahlunterschiede zwischen den Rädern bis zu einem gewissen Grad auszugleichen. Hierzu kommt meist eine System aus mehreren Zahnrädern zum Einsatz.

Fährt das Fahrzeug nun geradeaus, so wird die Kraft direkt vom Getriebe auf das Außenrad des Differentials übertragen und beide angetriebenen Räder des Fahrzeugs drehen sich mit der gleichen Geschwindigkeit. Bei Kurvenfahrt hingegen rollen zusätzlich noch weitere, kleinere Räder im Inneren des Differentials aufeinander ab. Dies führt zu einer Anpassung der Drehzahl der beiden Antriebsräder an ihren Kurvenradius.

Nachteilig beim eben beschriebenen offenen Differential ist aber, dass die Kraft dabei nicht gelenkt wird. Dreht nun ein Rad durch, so wird es die volle Kraft bekommen, da das Differential alles bis hin zu einem stehenden und einem drehenden Rad zulässt. Um diese Situation zu vermeiden und damit die Traktion zu verbessern, gibt es Systeme, welche mittels Reibung oder einer Kupplung den Drehzahlunterschied auf ein gewisses Maß begrenzen können. Nachteilig dabei ist hingegen, dass dies wiederum zu durchdrehenden Rädern führen kann. Nämlich dann, wenn nun ein Rad gezwungen wird, eine höhere Drehzahl zu fahren, als es eigentlich müsste oder mehr Moment zu übertragen, als es eigentlich könnte.

Über Tripodenwellen zu den Rädern

Vom Differential gehen dann schlussendlich meist zwei Tripodenwellen ab, welche das Drehmoment auf die Antriebsräder übertragen. Bei diesem System, wie es auch im PKW-Bereich üblich ist, wird der wegen der federnden Räder notwendige Längenausgleich an den beiden Enden der Welle vollzogen, indem auf die Welle an jeder Seite drei Kugeln befestigt werden, welche dann in einer mit dem Differential beziehungsweise dem Rad verbundenen Hülse laufen, welche ein Innenprofil aus drei Kreisen aufweist.

Gegenüber den früher üblichen Gelenkwellen (Kardanwellen) weist dieses System zwar einen kleineren möglichen Anstellwinkel der Welle auf, aber anders als bei einer Gelenkwelle wird das Drehmoment hier gleichmäßig übertragen und nicht durch ein Abwechselndes lösen und Verspannen überlagert. Dies senkt den Verschleiß und verbessert das Ansprechen.

Schauplatz für Hochleistungswerkstoffe

Der Wirkungsgrad dieses Antriebsstrangs ist dabei erstaunlich hoch. So kommen fast 90 Prozent der vom Motor erzeugten Antriebsleistung bei den Rädern an. Bei 600 PS in einem Le-Mans-Prototyp ist das eine ganze Menge. Die Kräfte, die dabei wirken, sind enorm. Schaut man sich die Teile an, stellt man fest, dass zum Beispiel eine Antriebswelle zwar dick, aber meist recht leicht ist.

Der Trick besteht darin, eine großes Rohr zu bauen, welches dann aus Carbon oder Titan gefertigt werden kann. Durch den großen Durchmesser kann die Welle nun wesentlich mehr Kraft aushalten, als eine kleine Stahlwelle, obwohl sie meist leichter ist. Allerings wurden entsprechende Entwicklungen hin und wieder verboten, weil die Werkstoffe zu exotisch waren.

 


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